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Nischni Novgorod: Russischer Verweigerer zu 6 Monaten verurteilt

Verurteilt um seines Gewissens willen

Am 21 März 2001 wurde Ilja Baryschnikov aus Vyksy, einer Stadt in der Nähe von Nischni Novgorod vom Stadtgericht nach Artikel 328, Absatz 1 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation wegen Wehrdienstverweigerung zu 6 Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Die Strafe muß er in einer Strafkolonie abbüßen.

Das Nischni Novgoroder Gebietsgericht hat am 27. April 2001 Iljas Berufung gegen das Urteil des Wykser Stadtgerichtes abgewiesen, und somit wurde das Urteil rechtskräftig. Ilja Baryschnikov wurden noch im Gerichtssaal Handschellen angelegt, und er wurde abgeführt. Was für ein Verbrechen hat dieser junge Mann begangen? Worin besteht seine Schuld? Iljas Schuld besteht nur darin, das er seinem Land dienen wollte - aber nicht mit der Waffe in der Hand.

Ilja Baryschnikov, Jahrgang 82, ist Dreher im Metallwerk der Stadt. Seine Ausbildung als Elektromonteur hat er mit Auszeichnung abgeschlossen. Die Zeit seiner Einberufung zum Militärdienst rückte heran. Um nicht eingezogen zu werden wandte er sich mit der Bitte, ihm die Möglichkeit der Durchführung eines Alternativen Zivildienstes einzuräumen, an das Kriegskommissariat, die zuständige Einberufungsbehörde. In seinem Lebenslauf betonte er, das der Dienst mit der Waffe gegen seine Moralische Überzeugung verstößt. 1993 wurde in der neuen russischen Verfassung das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen oder aus religiöser Überzeugung (Artikel 59, Absatz 3) verankert. Allerdings ist bis zum heutigen Tag kein ausführendes Gesetz in Kraft. Es gibt also auch keine Möglichkeit für Wehrdienstverweigerer einen Zivildienst abzuleisten. Der größte Teil der zum Wehrdienst verpflichteten jungen Männer ist entweder unzureichend über ihr Recht auf Wehrdienstverweigerung und Zivildienst informiert, oder traut sich nicht zu, seine Rechte einzuklagen. Einige wenige tun dies allerdings. Verschiedene Bürgerrechtsgruppen stehen ihnen in diesem Anliegen zur Seite. Und in vielen Fällen bekommen sie vor Gericht auch recht. Selbst das Verfassungsgericht hat entschieden, dass das Recht den Wehrdienst zu Gunsten eines Zivildienstes zu verweigern auch dann besteht, wenn noch kein Ausführendes Gesetz verabschiedet worden ist.

Leider entscheiden Gerichte auch gegen die Verfassung und einschlägige Urteile. Vor allem dann, wenn der Wehrdienstverweigerer ohne Unterstätzung von erfahrenen Anwälten und Menschenrechtsgruppen sein Recht einklagt. So wahr es auch im Fall Iljas. Am 16 Oktober erschien Ilja zur regulären Vorladung bei der Einberufungskommission. Er wollte sein schriftliches Gesuch um die Ableistung des Zivildienstes einreichen. Doch man nahm es mit der Begründung nicht an, dass die Kommission nicht vollständig sei. So wandte er sich am nächsten Tag an den Vertreter der Einberufungskommission in der Stadtverwaltung. Dort wurde sein Gesuch angenommen. Einer erneuten Vorladung im November folgte er nicht, weil noch keine Antwort auf sein Gesuch eingegangen war. Am 10. Dezember 2000 erhielt Ilja dann die Ablehnung seines Gesuches. Anfang Februar 2001 wurde Ilja von der städtischen Staatsanwaltschaft vorgeladen. Dort teilte man ihm mit, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen Wehrdienstverweigerung eingeleitet wurde. Ilja Baryschnikov sitzt hinter Gittern, obwohl er nichts getan hat, außer dem, dass er sein recht auf einen Dienst ohne Waffe einforderte. Sein Vater hat sich mit der Bitte um Hilfe an die Nischni Novgoroder Friedensgruppe gewandt.

Wir wenden uns an Sie mit der Bitte, sich der Kampagne zur Verteidigung Ilja Baryschnikovs anzuschließen. Denn er muss vollkommen freigesprochen werden.

Kontaktadresse: Viktor Gurskov,
Mitglied des Rates der "Friedensgruppe Nischni Novgorod"
603000 Rußland,
Nischni Novgorod,
Postfach 455
+7(8312)-36-76-05 ä/ä
Email:  gursky@vineyard.nnov.ru

 

09.07.2001
Osteuropa AG   [Aktuelles zum Thema: Antimilitarismus]  Zurück zur Übersicht

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