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Hamburg: Weg mit der Schill - Partei


Weg mit der Schill - Partei

Dezember 2000. - Ronald Schills "Partei rechtsstaatlicher Offensive" - die
PRO - ist ein erneuter
Versuch, eine Gruppierung zwischen dem rechten Rand der CDU und dem offenen
Neonazismus zu
etablieren. Vorangegange Formationen dieser Art sind mehr oder weniger
fehlgeschlagen: die REPs sind
zerstritten und erhalten kaum noch Wählerzuspruch, der "Bund Freier Bürger"
löst sich auf, weil er
pleite ist, die "Konservative Aktion" tritt schon lange nich mehr in
Erscheinung.

Jedesmal sollte eine Partei gebildet werden, die zentrale faschistische
Inhalte
vertritt - Sozialdarwinismus, völkischer Nationalismus und Rassismus -,
dabei aber noch soviel
Reputation behält, daß sie für bürgerliche Kreise wählbar bleibt. Das ist in
schöner Regelmäßigkeit
gescheitert -wegen interner Machtkämpfe, aber auch weil es Antifaschistinnen
immer wieder
aufzudecken gelang, daß es sich um Sammelbecken des rechten Rands handelte.
Die Schill-Partei wird
von Faschisten begeistert begrüßt. So lobt die Rechtspostille "Junge
Freiheit" den "deutschen
Haider*` überschwenglich, die PRO sei eine wählbare Alternative".
Die PRO-Veranstaltungen weisen typische Merkmale rechter Sammlungsparteien
auf. Einerseits ist man
sehr darum bemüht, keine Kritik an der Parteiführung aufkommen zu lassen.
Auf einer
Wahlveranstaltung in Bergedorf wurde ein Kritiker, der es gewagt hatte,
Fragen zu~ Konzept zu stellen,
aus dem Saal geschmissen und verprügelt. Andererseits gibt man sich einen
bürgerlich-biederen
Anstrich und versucht zu verhindern, daß die verklausuliert vorgetragenen
Positionen auf den Punkt
gebracht werden - deshalb werden die Mitglieder von Journalisten
abgeschirmt, da sie das wirklich
Gemeinte ausplappern könnten - wie auf dem Gründungsparteitag vor 2 Wochen,
als ein Delegierter
sich versprach und als Parteinamen vorschlug: "Partei rechtsradikaler
Offensive".
In dem Wissen, daß man als offen faschistische Partei kaum eine Chance haben
wird, ist das
Parteiprogramm vage gehalten. Dennoch kommt das typische Inventar rechter
Politik vor (so daß jeder,
der es will, schon versteht, was gemeint ist), wird aber kaum einmal näher
ausgeführt, damit der PRO
ihre Rechtsaußenpolitik schwerer nachzuweisen ist. Trotzdem lassen sich
einige Eckpfeiler jeder
rechtspopulistischen Programmatik herausfiltern: Schills Programm richtet
sich durchgehend gegen alle
die, die "ganz unten" in dieser Gesellschaft stehen. Positiv bezieht sich
Schill auf den einstigen
"Obrigkeitsstaat" und steht konsequenterweise auf Seiten der Gutverdiener.
Verklammert wird das Ganze durch das Schüren der Angst vor Kriminalität. Nur
so gelingt es, um die
PRO sowohl Arbeiter und Arbeitsiose als auch auf der anderen Seite der
gesellschaftlichen Hierarchien
ansässige Manager, Unternehmer und mindestens einen Richter zu sammeln.
Bei näherem Hinsehen entpuppen sich die Vorschläge zur
Kriminalitätsbekämpfung als das Verlangen
nach Friedhofsruhe und bedingungsloser Unterordnung: Die Angriffe richten
sich gegen die Armen und
nicht gegen die Armut; gegen die Drogenabhängigen und nicht gegen die
unmenschlichen Umstände
des Drogenkonsums; gegen straffällige Jugendliche und nicht gegen die
sozialen Ursachen von
Kriminalität. Um sein Programm der Unterordnung, Ausgrenzung und Verfolgung
plausibel zu machen,
schürt Schill die Angst vor Kriminalität und steigert sie ins Irreale, wenn
er sagt:
"Wir leben, und das meine ich nicht polemisch, in Hamburg heute wie in
Palermo oder im Chicago der
20er Jahre."
Straftaten werden ausschließlich Gewaltmaßnahmen als Allheilmittel
entgegengehalten. Das geht bis zu
absurden Heilsversprechungen wie der, schon ein einziges "geschlossenes
Jugendheim" würde die
Verbrechensrate Jugendlicher "sofort auf einen Bruchteil sinken lassen", und
bereits nach 100 Tagen als
Innensenator werde er, Schill, die Kriminalitätsrate halbiert haben.
Neben dem Thema "Verbrechensbekämpfung" handelt das Programm noch einige
andere Punkte in
erstaunlicher Kürze ab. Man beabsichtigt, Minderheiten bei der politischen
Willensbildung
auszugrenzen; andere als die üblichen Lebensformen (genannt wird das Wohnen
in Bauwagen) müssen
verschwinden.
Und, wenig überraschend: Die PRO ist rassistisch! Man ist gegen das
Asylrecht in seiner jetzigen Form,
man hält jede Kritik an nachgewiesener Polizeigewalt und -diskriminierung
gegen Nichtdeutsche für
eine "Schmutzkampagne". Schill behauptet, Kriminalität liege in der
Mentalität der Ausländer,
Kosovo-Albaner seien schießwütig. Er bemüht sich, den sowieso bestehenden
staatlichen Rassismus
noch zu verschärfen, und trägt dazu bei, die deutsche Bevölkerung gegen die
ohne deutschen Paß
aufzuwiegeln.

Zur Wirtschaftspolitik äußert sich die PRO kaum, eine Prämisse ist aber
unübersehbar: Die Reichen
sollen bestimmen, in welche Richtung sich Gesellschaft und Wirtschaft
entwickeln. Die Armen sollen
ihren Mund halten und nicht stören. Für Langzeitarbeitslose und
Sozialhilfeempfänger ist Zwangsarbeit
vorgesehen, den Unternehmen soll demgegenüber die Gewerbesteuer erlassen
werden.
Um Schill als Führerfigur soll eine neue Rechtspartei aufgebaut werden. Das
Kriminalitätsgeschwätz ist
dabei der Kitt, der den Laden zusammenhält. Die PRO ist wie ihre Vorgänger
eine rassistische und
sozialdarwinistische Sammlungsbewegung. Kein Wunder also, daß Schill in der
extremen Rechten
Zuspruch erhält. Und Grund genug, diese Neupartei aufs Schärfste zu
bekämpfen.


Wenig Neues von der Schill - Partei

März 2001. - Weil sich die Programmatik der Schill-Partei mit Ausnahme der
Kriminalitätsbekämpfung
noch nicht zugespitzt hatte und sie weitgehend Einpunktpartei geblieben war,
konzentrierte sich
antifaschistische Kritik mehr oder weniger allgemein auf die "Generallinie"
und versuchte Kontakte zu
ausgewiesenen Rechtsextremisten nachzuweisen (5. LB 1/01). Seitdem ist ein
wenig Zeit ins Land
gegangen, und hier sollen die eher mageren Ergebnisse der Beobachtung von
Schills Treiben präsentiert
werden.
Es ergeben sich zahlreiche Anhaltspunkte dafür, daß die Partei, die sich
jetzt "Schill" nennt, eine
Führerpartei ist und zwar nicht nur aufgrund der herausragenden Stellung
ihres Vorsitzenden:
- Auf dem 1. Parteitag am 26.11.00 in Wilhelmsburg schlug die
Marketing-Leiterin der Partei, Peggy
Rasch, vor, den Vorstand von 5 auf 7 Mitglieder zu vergrößern, da, wenn
Schill, seine damalige Freundin
Katrin Freund und Mario Mettbach sich einig sind, was der Regelfall sei, sie
immer die Mehrheit haben.
Dieser Vorschlag wurde auf einen späteren Parteitag verwiesen, die
Insubordination aber Anfang Januar
geahndet: Unter dem Vorwand, die Bezirksvorsitzenden der Partei müßten in
den Vorstand, wurden
Rasch und andere ausgebootet. Auf dem Februar- Parteitag wurde der
dissidente Vorschlag dann
endgültig zu den Akten gelegt.
- Widerspruch gegen Vorschläge des Vorstands werden mit Drohungen
beantwortet. Auf dem 3.
Parteitag am 17.18.2.01 im Cafe Seeterassen griff ein Wolfgang West die
Kandidatin Freund an, sie
habe ihren Hauptwohnsitz nicht in Hamburg. Schill schildert selbst, wie er
West in einem
6-Augen-Gespräch (plus Bodyguard) zurechtwies (laut Mopo, 19.2.): "Ich hab`
ihn gefragt, ob das sein
mußte.
Ein gut gemeinter Ratschlag an ihn, damit er hier nicht in Ungnade fällt."
- Aber auch Verschwörungstheorien mit leicht psychopathischem Touch führten
zur Abkanzelung von
Aktivisten. Auf dem 2. Parteitag am 28.1.01 in Langenhorn wurden Rasch und
Björn Neumann (ein
junger Politstreber aus der CDU) zum Verlassen von Veranstaltung und Partei
aufgefordert. Der
eigentümliche Hintergrund: Die beiden hätten sich mit Franz-Joseph Underberg
getroffen (der
ausgeschlossen worden ist, weil er in Waffengeschäfte verwickelt war), um
gegen Schill zu konspirieren.
Im Auftrag von Bolko Hoffmann (ein Millionär, dem die Partei "Pro DM"
gehört) habe man versucht,
die PRO zu schwächen. Hoffmann habe die StattPartei übernehmen, Jürgen Hunke
ab- und dafür Schill als deren Galeonsfigur einsetzen wollen. Schill:
"Verrat, unverzeihlich und
komplottartig."

Programmatisch hat sich hingegen nicht viel getan, einzig die
Wirtschaftspolitik wurde auf eine an
Unternehmensinteressen orientierte Politik hin profiliert. Man propagiert
nunmehr - die intensive
Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen, von Existenzgründungen und
der Neuansiedlung von
Betrieben,
- die Bekämpfung der Schwarzarbeit,
- die Senkung der Lohnnebenkosten, d.h. die Absicherung der
Arbeitnehmerlnnen soll verstärkt ihre
eigene Sache sein, nicht mehr die der Unternehmen,
- die Absenkung der Mehrwertsteuer für Handwerksbetriebe auf 7 %.
Dies wurde auf einer Klausurtagung der Parteiführung Anfang Januar
beschlossen, d.h. hierzu wurde
die Mitgliedschaft nicht befragt; sie wird das Programm irgendwann lediglich
abzunicken haben.

Auf dem Parteitag Mitte Februar wurden unterdes die für die Zukunft
erwarteten Pfründe vergeben, man
kürte die Spitzenkandidaten für die Bürgerschaftswahl: 1. Schill, 2.
Mettbach
(Ex-CDU, Ex-Statt), 3. Norbert Frühauf (Ex-CDU, Schwerpunkt:
Mittelstandsförderung), 4. Freund
(Bildungspolitik), 5. Dirk Nockemann (Ex-SPD, "Arbeitskreis Ausländerrecht"
der Partei), 6. Manfred
Silberbach (Ex-SPD, Ex-Statt). Ferner wurden weitere 44 Kandidaten für die
folgenden Plätze gewählt.
Ein Mitglied (laut MoPo vom 27.2.): "Für einige Namen auf der Liste muss man
sich wirklich schämen.
Keiner will Schill schaden, aber einigen geht es nur darum, einmal in der
Bürgerschaft zu sitzen."
Trotz weiterhin fehlender umfassender Programmatik und trotz fehlender
innerparteilicher Demokratie,
trotz ständigen internen Querelen, die stets zur Abhalfterung einstiger
"bewährter Kräfte" führt, und trotz
einer Kandidaten liste, auf der offenkundige Politkarrieristen überwiegen,
sind die Wählerlnnen
begeistert. Nachdem von Beust (CDU) angekündigt hatte, gegebenenfalls mit
Schill & Co. in Hamburg
eine Koalition eingehen zu wollen, ist an die Ächtung der Partei als
außerhalb des "Konsenses der
Demokraten" angesiedelt gar nicht mehr zu denken. Ergebnis: die Umfrage -
Ergebnisse schnellen hoch;
laut Hamburger Abendblatt stand Schill Anfang Februar bei rund 9 %.
Das läßt vermuten, man braucht derzeit nur einen Kartoffelsack,
rauszuhängen, "Schill"
draufzuschreiben, und der "Lautsprecher des organisierten Ressentiments" (A.
Speit in jungle world)
würde gewählt.
Wenn Ungemach droht, dann viel eher aus den eigenen Reihen. Ein nicht
genanntes Mitglied hat die
Kanididatenkür beim Landeswahlamt angefocht. Grund: Laut Satzung ist man
erst nach sechs Monaten
Probezeit stimmberechtigtes Mitglied. An den Abstimmungen am 17. und 18.
Februar hätten sich jedoch
zahlreiche Mitglieder beteiligt, die noch nicht wahlberechtigt waren. Mal
sehen, was dabei herauskommt!

Quelle: Hamburger Abendblatt


Durchleuchtet: Das Schill-Programm
Vor allem zu den Themen innere Sicherheit und Justiz stellt die neu
gegründete Partei PRO
Forderungen auf. Viele halten einer Überprüfung nicht stand. Eine Analyse
von Peter Ulrich Meyer.

Mit radikalen Forderungen vor allem im Bereich innere Sicherheit, Justiz und
Ausländerpolitik sorgt
Amtsrichter Ronald Schill für Furore. Das Abendblatt hat mit Hilfe von
Experten die wichtigsten Punkte
des vorläufigen Programms von Schills Partei Rechtsstaatlicher Offensive
(PRO) unter die Lupe
genommen. Halten die Tatsachen-Behauptungen der Überprüfung stand? Sie tun
es häufig nicht. Sind
Schills Lösungsvorschläge umsetzbar? In vielen Fällen müssen Bundesgesetze
geändert werden, was
Mehrheiten auf Bundesebene voraussetzen würde.
* ". . . immer stärker ausufernde Kriminalität . . ." Eine so nicht
zulässige Verallgemeinerung: Die
Gesamtzahl der Straftaten ist seit 1989 nur leicht gestiegen: von
269 987 auf 281 214 im vergangenen
Jahr (Höchststand 1992 mit 306 643 Taten). Unter Rot-Grün nimmt die
Kriminalitätsbelastung, anders
als Schill suggeriert, bislang leicht ab: 297 534 (1997) und 283 842 Taten
(1998). Die
Aufklärungsquote ist seit 1989 von 35,5 auf 47,18 Prozent gestiegen.
* "Auflösung des +Kartells` strafunwilliger Jugendrichter durch Aufhebung .
. . der Rechtsverordnung,
die Bezirksjugendgerichte vorsieht" Die Rechtsverordnung sieht die
Einrichtung von Jugendgerichten
beim Amtsgericht Mitte vor, die für die gesamte Stadt zuständig sind. Eine
Auflösung dieser
Rechtsverordnung durch den Senat würde aber keinesfalls dazu führen, wie im
Wahlprogramm nahe
gelegt, dass es keine Jugendrichter mehr gibt. Eine Spezialzuständigkeit von
Richtern für Jugend-Delikte
ist nach ? 37 Jugendgerichtsgesetz in jedem Fall nötig. Laut Schill würde
die Aufhebung der
Bezirksjugendgerichte "sofort eine spürbare Senkung des Kriminalitätsdrucks
zur Folge" haben, weil
wieder härtere Strafen ausgesprochen würden - unbewiesene Behauptung.
* "Abschiebung von ausländischen Jugendlichen, die hier schwere Straftaten
begehen (Ausländeranteil
in der Jugendhaftanstalt Hahnöfersand liegt bei über 80 Prozent)" Die
Prozentzahl ist weit überhöht:
Der Anteil ausländischer Jugendlicher liegt bei 46 Prozent, in der
Jugend-Untersuchungs-Haftanstalt bei
50 Prozent. Die gültige Regelung sieht Abschiebungen vor, wenn eine
Freiheitsstrafe von mindestens
zwei Jahren ausgesprochen wird. Praxis-Problem: ausländische Jugendliche,
die in Deutschland geboren
und aufgewachsen sind. Schill will Abschiebungen unabhängig vom Strafmaß.
Jede Änderung des
Ausländergesetzes sieht eine Bundestags-Mehrheit voraus.
* "Weit mehr als 12 000 Menschen sind schwerstabhängig." Laut Mitteilung des
Senats zur Drogen-
und Suchtpolitik vom März 1999 wird die Zahl von harten Drogen Abhängiger
"auf 7000 bis
8000 Personen geschätzt". Schon für die Behauptung, es gebe 10 000 Junkies,
könne "kaum je eine
seriöse Ableitung" angegeben werden. Was Schill unterschlägt: Von 1989 bis
1998 sank die Zahl der
polizeilich erstmals erfassten Konsumenten von 1256 auf 404. Der
Gesamtbestand der registrierten
Junkies sank im gleichen Zeitraum ebenfalls: von 3493 über 4885 (1992) auf
2179.
* "Bündelung der Verfahren gegen Straßendealer, die jeweils nur mit kleinen
Mengen Drogen
aufgegriffen werden, damit eine Strafverfolgung wegen des
Verbrechens-Tatbestandes +Handel mit
Drogen` ermöglicht wird." Hier hinkt Schill der Zeit hinterher: Seit
Frühjahr 1999 gelten zwei
Verfügungen der Innen- und Justizbehörde, nach denen genau das möglich und
gewünscht ist.
* "Einsatz von Brechmitteln zur Erlangung heruntergeschluckter Drogen als
Beweismittel" In Hamburg
wird dieses Verfahren nicht angewandt, weil es als unverhältnismäßig gilt,
verfassungsrechtlich
problematisch ist und gesundheitliche Risiken birgt. Aber: Intern wird das
Thema bei Polizei und Justiz
kontrovers diskutiert. Manch einer wünscht sich den Einsatz von Brechmitteln
zur Abschreckung. In
Hamburg genügt andererseits die Zeugenaussage etwa eines Polizeibeamten, der
einen Schluckvorgang
beobachtet hat.
* "Sofortige Räumung von Roter Flora, Bauwagen und sonstiger rechtsfreier
Räume" Eine sofortige
Räumung ist rechtlich nicht begründbar - nicht zuletzt, weil die "Rote
Flora" schon seit zehn Jahren
existiert. Ausnahme: Räumung nach dem Polizei-Gesetz, wenn massive
Straftaten aus dem Haus heraus
verübt werden. Dass ein genereller juristischer Hebel zur Räumung fehlt,
müsste auch dem Juristen
Schill zu denken geben.
* "Aufstockung auf mindestens 10 000 Polizeibeamte" Zurzeit arbeiten
7930 Schutz-, Kriminal- und
Wasserschutz-Polizisten in Hamburg. Eine Aufstockung um rund 2000 Beamte
würde 140 Millionen
Mark jährlich kosten (70 000 Mark pro Kopf). Schill sagt aber nicht, wo
diese große Zahl von Polizisten
herkommen soll, einmal abgesehen davon, dass die Ausbildung zwei bis drei
Jahre dauert. Realistischer
wird die Forderung nach rund 500 Stellen, wenn die 1450 vorhandenen
Verwaltungsbeamten mitgezählt
werden.
* "Einschränkung der ausufernden Gnadenpraxis" Laut Schill werden
"ausgeurteilte Freiheitsstrafen . . .
von der Justizbehörde massenweise und routinemäßig kassiert". Davon kann
keine Rede sein:
Tatsächlich geht es nur um Ersatz-Freiheitsstrafen, die verhängt werden,
wenn ein Verurteilter eine
Geldstrafe nicht bezahlen kann. Zur Dimension: Von 3000 Gefangenen in
Hamburg sitzen 150 eine
Ersatzfreiheitsstrafe ab. Von ihnen wird ein Drittel nach Verbüßung der
Hälfte oder von zwei Dritteln
der Zeit begnadigt.
* "Zwingende Ausweisung und Abschiebung bei Verurteilung zu Freiheitsstrafen
von mindestens einem
Jahr" Zurzeit kann bei Strafen ab drei Jahren abgeschoben werden, bis
1997 mussten es fünf Jahre sein.
Auch eine weitere Verschärfung würde das zentrale Problem nicht beseitigen:
In eine Reihe von Ländern
kann nicht abgeschoben werden, zum Beispiel wegen Bürgerkriegen.
Bundestagsmehrheit erforderlich.
* "40 Prozent der Sozialhilfe in Hamburg werden für Zuwanderer ausgegeben,
d. h. jährlich fast eine
Milliarde Mark." Tatsächlich sind es knapp 30 Prozent: 620 Millionen von
2,1 Milliarden Mark
Sozialhilfe werden für Zuwanderer und andere Ausländer ausgegeben. Enthalten
mit einem Drittel: die
Gruppe der Menschen, die nach Europäischem Fürsorgeabkommen Sozialhilfe
erhalten, z. B.
EU-Bürger.
* "Durchsetzung von ? 46 Nr. 6 des Ausländergesetzes, demzufolge
Sozialhilfebezug ein
Ausweisungsgrund ist."EU-Bürger können nicht ausgewiesen werden (s.o.) und
die große Gruppe von
Asylbewerbern auch nicht, so dass der Anwendungsbereich stark reduziert ist.
* Bundesratsinitiativen zur Abschaffung der verfassungsrechtlichen
Absicherung des Asylrechts und
der Rechtsweggarantie im Asylverfahren - der wohl weit reichendste
Vorschlag. Voraussetzung wäre
eine Grundgesetz-Änderung (Art. 16 und 19), für die eine
Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag
erforderlich ist.

 

04.07.2001
AGR/R   [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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