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Dortmund: Kampf statt Paragraphengefummel: hotlines und free gegen ISI

Kampf statt Paragraphengefummel!
hotlines und free gegen ISI

Was ist passiert?
Seit Ende April versucht die Firma ISI Marketing die
Veröffentlichung eines Flugblatts des
hotlines-Kollektivs gegen die Arbeitsbedingungen in
den ISI-Call Centern in Bochum, Essen und Düsseldorf
zu verhindern. Da sie die hotlines-Leute nicht kennt -
also auch nicht rausschmeissen oder sonstwie
"bestrafen" kann - geht ISI mit einstweiligen
Verfügungen gegen den Provider free vor, auf dessen
Servern das Flugblatt veröffentlicht wurde. Im
einzelnen geht es um die Worte "miese Bude" und
"Scheissjob" sowie "Erpressung Vertrag gegen
Abo-Schnitt", was darauf Bezug nimmt, dass neue
ArbeiterInnen bei ISI eine Woche ohne Lohn schuften
müssen und dann nur übernommen werden, wenn sie am
Telefon genug Abos verkaufen.
Am 12. Juni hat das Landgericht Bochum nun den Antrag
auf einstweilige Verfügung gegen free wegen der
"Erpressung" abgelehnt. Ein erster Erfolg für free.
ISI hat Berufung angekündigt. [1]
Die hotlines-Website ist mittlerweile zu einem anderen
Provider "im Ausland" umgezogen
[ http://www.motkraft.net/prol-position]. Dabei ging es
vor allem darum, Druck von free zu nehmen, da weitere
Anträge auf einstweilige Verfügungen wahrscheinlich
sind und free das vor allem finanziell nicht tragen
kann.[2] Aber diese ?Emigration? ist sicher keine
generelle Lösung!

Nicht nur sagen, machen!
Mit dem Angriff über einstweilige Verfügungen gegen
den Provider free verlagert ISI die Auseinandersetzung
auf eine juristische Ebene. Free muss sich vor Gericht
verteidigen, um sich damit die Möglichkeit offen zu
halten, unzensiert Beiträge linker Gruppen über ihre
Server veröffentlichen zu lassen. Mittlerweile haben
einige Medien darüber berichtet und gewerkschaftlichen
Gruppen Stellung für free bezogen [3]. Tenor ist meist
die Verteidigung der "Meinungsfreiheit". [4]
Für uns geht es nicht einfach darum, "sagen" zu
dürfen, dass ein Job ein "Scheissjob" ist. Es geht um
den Kampf gegen die gesellschaftlichen Bedingungen,
die uns zwingen, unser Leben der Arbeit zu opfern.
Kein Gericht der Welt wird uns dazu das ?Recht? geben:
Ausbeutung ist legal!
Wenn die Gewerkschaften auf der einen Seite auf dem
Recht der ?Meinungsfreiheit? rumreiten, akzeptieren
sie auf der anderen Seite, dass sich die
Auseinandersetzungen mit den Unternehmern innerhalb
des rechtlichen Rahmens bewegen müssen (Streiks nur
nach Urabstimmung, kein Streik während der
Friedenspflicht, Verbot von "politischen" Streiks...).
Bei spontanen Aktionen von ArbeiterInnen ist die
Gewerkschaft oft die erste Instanz, die versucht diese
"illegalen" Aktionen zu verhindern oder wenigstens zu
kontrollieren. So legen sie uns doch wieder Fesseln
an!

Kämpfen, wo die Ausbeutung stattfindet!
Auch wenn Gerichte an den Paragraphen rumfummeln, um
festzulegen, ob "Scheissjob" eine Beleidigung oder
geschäftsschädigend ist, oder ob ein wilder Streik
gegen Gesetze verstösst, der Kampf für ein besseres
Leben wird auf einer anderen Ebene stattfinden. Wir
müssen ihn dort organisieren, wo wir arbeiten, lernen
oder wohnen.
Diese Kämpfe werden auch durchsetzen müssen, dass
Berichte darüber frei zirkulieren können - ob das
Auseinandersetzungen in Call Centern sind, im
öffentlichen Dienst, in den Fabriken... Wir erleben
gerade eine Häufung von kleinen und größeren Streiks
und Aktionen (hier von BusfahrerInnen in Frankfurt,
Call Center-ArbeiterInnen in Berlin, im
Einzelhandel... Aber auch in anderen Ländern:
BahnarbeiterInnen in den Niederlanden, viele Aktionen
in Britannien...) Überall geht es um die
Lebensbedingungen, Arbeitsstress, miese Löhne usw.
Bei der Sache mit ISI sind in der ganzen Diskussion
über "Meinungsfreiheit" die Bedingungen für die
ArbeiterInnen dort in den Hintergrund gerückt. Aber um
die geht es hier!
Die ISI-ArbeiterInnen selbst haben es in der Hand sie
zu verbessern. Wenn sie sich wehren, werden wir sie -
wie ArbeiterInnen in anderen Läden und Bereichen -
unterstützen!

einige hotlines

Anmerkungen
[1] Siehe dazu unter anderem die Erklärung von free:
 http://www.free.de/free/erklaerung2.html
[2] Wir müssen Provider wie free unterstützen, damit
sie nicht im Zusammenspiel von Firmen wie ISI und der
Justiz zerrieben werden. Spendenkonten:
Wissenschaftsladen e .V, Kontonr.: 414 860 466,
Postbank Dortmund, BLZ: 440 100 46, Stichwort:
Meinungsfreiheit. Oder: Freie Arbeiterinnen und
Arbeiter Union, Kontonr: 96 152 201, Postbank Hamburg,
BLZ: 200 100 20, Stichwort: FREE
[3] U.a. unter
 http://www.mek-software.de/erklaerung.html
[4] Siehe dazu auch die Berichte auf heise
 http://www.heise.de/newsticker/data/dwi-12.06.01-003/
 http://www.heise.de/newsticker/data/dwi-11.06.01-001/

Weitere Infos zu Bedingungen in Call Centern u.a.m.:
 http://www.motkraft.net/prol-position/
 http://www.labournet.de/branchen/dienstleistung/cc/
 http://www.callcenteroffensive.de/
 http://www.fau.org/

 

19.06.2001
David Brand   [Aktuelles zum Thema: Soziale Kämpfe]  Zurück zur Übersicht

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