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Türkei: Todesfasten am 234. Tag

Hamburg, den 10.06.2001

Todesfasten am 234. Tag

Seit dem 20. Oktober 2000 haben bisher 54 Gefangene und Angehörige bei
dem Todesfastenwiderstand ihr Leben verloren und weitere 50 Gefangene
wurden infolge einer Zwangsernährung und bewußt falschem medizinischen
Eingriff zu lebenden Toten verwandelt.
Sie agieren nun wie kleine Kinder, erinnern sich nicht mehr an ihre
eigene Vergangenheit, erkennen nicht mal ihre Familie, behalten auch
neue Informationen nicht mehr im Gedächtnis und Personen mit weissen
Kitteln sind böse Menschen für sie.

* Ayhan Koc... befindet sich im Staatskrankenhaus von Edirne. Er ist
zwangsernährt worden. Kann nicht auf den Füssen stehen, meint er
wäre 15 Jahre alt und das er noch zur Schule geht.
* Esma Aslanbogan... Kurz bevor sie zwangsbehandelt wurde, hat sie in
den Korridoren des Krankenhauses laut: "ich möchte keine
Zwangsbehandlung" geschrien. jetzt erinnert sie sich an nichts
mehr.
* Celal Gezer... totales Gedächtnisverlust, kann sich nur noch an dem
Zeitpunkt erinnern, wo er zwangsernährt wurde. „Die Personen, die
weisse Kittel tragen sind böse Menschen, ich gehe nicht zu
ihnen...“
* Ilhan Demirel... ebenfalls ein lebender Toter.
* Mehmet Zincir... obwohl seine Familie nicht in Istanbul lebt, fragt
er seinen Vater, ob er noch in der selben Wohnung in Istanbul lebt.
* Yeliz Türkmen... schlägt ihr Kopf gegen die Wände und will es nicht
wahr haben, dass sie sich an nichts mehr erinnern kann. Obwohl ihr
mehrere Male erzählt wurde, dass ihr Bruder im Todesfasten gefallen
ist, vergisst sie es am nächsten Tag wieder.
* Ufuk Yeniocak... ebenfalls Gedächtnisverlust. Kann nicht sprechen.
* Serkan Aydogan... sagt zu seinem Vater „Mutter“ und zu seiner
Mutter „Vater“. Seit mehreren Wochen trägt er die gleiche Kleidung.
* Yalcin Özbek... ist der 45. unter den lebenden Toten.
* Özkan Güzel... erkennt niemanden. Schaut minutenlang ins Leere,
steht auf und geht aus der Besuchskabine ohne etwas zu sagen.
* Erkan Erdem... ist wie ein 5-jähriges Kind... Nachdem er sich
gewaschen hat, läuft er nackt in der Zelle rum.
* Atilla Selcuk... gedächtnisverlust... Folterspuren auf dem
Rücken...  Die Soldaten geben sich als seine Freunde aus und
zwingen ihn dazu, mit der Hand das Zeichen der faschistischen MHP
zu machen.
* Murat Acar... kann sich an den Vortag nicht erinnern.
* Erdal Arikan... gedächtnisverlust. Seine Freunde in der Zelle
versuchen ihn an seine Vergangenheit zu erinnern..
* ....

Und die Gefangenen verkünden ein weiteres mal: ”Entweder wir verlassen
die F-Typ Zellen lebend oder man wird unsere Leichen hinaustragen.”
Der türkische Staat hat weder mit Massaker, noch mit der Zwangsernährung
nicht geschafft den Widerstand der Gefangenen und die der Angehörigen zu
brechen. Die Gefangenen, die für haftunfähig erklärt und freigelassen
wurden setzen draussen ihren Todesfasten fort. Drei weitere Angehörige
haben draussen und eine 4. und 5. Todesfastengruppe hat sich in den
Gefängnissen an dem Todesfasten angeschlossen.
Die F-Typ Isolationsgefängnisse zielen auf die physische und politische
Vernichtung der revolutionären Gefangenen. Der Tod ist für die
Gefangenen nicht mehr von Bedeutung. Zu sterben bedeutet für sie, den
Kampf gegen den Faschismus und dem Imperialismus aufzugeben. Die
Gefangenen wehren sich gegen das, was der Imperialismus versucht ihnen
zu rauben. Durch Vereinzelung, der Zerschlagung der
Gefangenen-Kollektive und der Vernichtung des revolutionären
Gedankenguts soll der revolutionäre Kampf ausgemerzt werden. Gegen diese
Politik des Imperialismus leisten die Gefangenen seit 234 ein
Widerstand, welches schon jetzt von grosser historischer Bedetung ist.

Sturheit bringt den Tod!
Wir vom IKM (Komitee gegen Isolationshaft) schliessen uns den
Forderungen der Gefangenen an, denn der Kampf der Gefangenen ist ein
Kampf für Rechte und Freiheiten.
Wir fordern alle für die Menschenwürde einstehenden Menschen in Europa
auf, Druck auf den türkischen Justizminister, auf die Regierungen ihrer
Länder und die EU auszuüben, damit wir den Tod aus dem Weg schaffen.

Sendet Protest faxe und Emails mit dieser Forderung an folgende
Adressen:

Joschka Fischer
 poststelle@auswaertiges-amt.de
Fax: 01888- 173402

Bundeskanzleramt
 bundeskanzler@bundeskanzler.de
Fax. 030 - 40002357

amnesty international
Telefon: +49 (0)228 / 9 83 73-0, Telefax: +49 (0)228 / 63 00 36, E-Mail:
 info@amnesty.de

Protestfaxe und e-mail in die Türkei:
Staatspräsident: 0090-312 427 13 30
Ministerpräsident:0090-312 417 04 76
Justizministerium:0090-312 417 39 54, E-mail:   hsturk@adalet.gov.tr
Generaldirektor der Haftanstalten:0090-312 414 63 01, E-mail:
 ertosun@adalet.gov.tr

Kopie des Protestschreibens an:
Komitee gegen Isolatiýnshaft:  noisolation@ninebyte.de
 

Komitee gegen Isolationshaft

 

10.06.2001
Komitee gegen Isolationshaft   [Aktuelles zum Thema: Türkei/Kurdistan]  [Schwerpunkt: Kampf gegen die F-Typ Gefängnisse in der Türkei]  Zurück zur Übersicht

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