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Repression gegen Gefangene in der JVA Butzbach

Wie die türkischsprachige Tageszeitung Özgür Politika am 21. März berichtete, war es in der hessischen Justizvollzugsanstalt (JVA) Butzbach zu Protesten von kurdischen und türkischen Gefangenen gekommen. Sie wollten mit Arbeitsniederlegung und einem unbefristeten Hungerstreik die Öffentlichkeit auf die unerträglichen Haftbedingungen aufmerksam machen: „Unsere Geduld angesichts der unmenschlichen, hasserfüllten, rachsüchtigen Haltung der Gefängnisleitung ist erschöpft“, heisst es u.a. in einer gemeinsamen Erklärung. Weiter äußerten sie, dass versucht werde, die Menschen in diesem Gefängnis psychisch zu zerstören. Die Gefangenen forderten u.a. eine Verminderung der Anzahl von Zelleninsassen, die Beendigung der Praxis, sich nach jedem Besuch nackt ausziehen zu müssen, eine Abschaffung der Briefzensur, keine Abschiebung ohne Einwilligung des Gefangenen und ein Ende des rassistischen und faschistischen Gedankenguts in der JVA.
Zur Überprüfung der Haftsituation riefen die Gefangenen zur Gründung einer Untersuchungskommission von regierungsunabhängigen Organisationen der Zivilgesellschaft auf.

Die Anstaltsleitung reagierte auf die Protestaktion mit verschärfter Repression und Willkür, nachdem die Gespräche mit den Verantwortlichen des Gefängnisses offenbar zu keinem Ergebnis geführt hatten. Ein Teil der Gefangenen wurde nach Beginn des Hungerstreiks sofort in andere Haftanstalten verlegt und nach eigenen Aussagen auf dem Transport misshandelt. Andere wurden innerhalb der JVA verlegt und in Isolationshaft genommen. Desweiteren wurde gegen sie eine Einkaufs- und Freizeitsperre verhängt. Armin Golzem, Vorsitzender der Vereinigung hessischer Strafverteidiger und Rechtsanwalt mehrerer Gefangener in Butzbach, stellte fest, dass mit dem Regierungswechsel in Hessen und der Neubesetzung der Gefängnisleitung eine Verschärfung der Verhältnisse in der JVA Butzbach spürbar sei. Dies treffe insbesondere die ausländischen Gefangenen. So würden „Ausländer“ von Straflockerungen wie Freigang praktisch ausgeschlossen und offener Vollzug grundsätzlich verweigert. Hinzu komme, dass die Anstalt überbelegt sei und durch das Anbringen von Fliegengittern an den Fenstern verhindert werde, dass Licht und Luft in die Zellen gelangen. Außerdem verzögere die JVA Butzbach fortwährend unter fadenscheinigen Begründungen die Umsetzung gerichtlich angeordneter Straflockerungen.
Desweiteren wirft Armin Golzem den Verantwortlichen vor, Gefangene unter Druck zu setzen und sie aufgrund falscher Angaben zu zwingen, ihrer Abschiebung zuzustimmen. „Dieses Strafsystem ist mehr Wegsperren denn Resozialisierung,“ kritisiert Golzem.

Der Pressesprecher des hessischen Justizministeriums bestritt auf Nachfragen von AZADI, dass es Protestaktionen von Gefangenen in der JVA Butzbach gegeben habe.

AZADI unterstützt die Forderungen der Gefangenen, auch wenn deren Proteste im Keim erstickt wurden. Der Umgang mit Gefangenen ist ein Gradmesser für den Zustand eines Staates, der sich demokratisch nennt.

 

04.04.2001
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