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Potsdam: Zensur und Strafverfahren in Potsdam

Veröffentlichung von  potsdam@rote-hilfe.de
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Zensur in Potsdam

Mitte Februar kündigte das Innenministerium des Landes Brandenburg an, dass
demnächst die Orte, die videoüberwacht werden sollen, bekanntgegeben werden.
Natürlich wurde nicht verpasst, schon mal vorbeugend die Kritiker dieser
Massnahme zu kriminalisieren.
Am 27. Februar 2001 bekam ein Potsdamer Genosse, der Mitglied im "Bündnis
gegen das Polizeigesetz" ist, Post von der Staatsschutzabteilung der
Kriminalpolizei. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass er zum nächsten Tag zur
Beschuldigtenvernehmung und erkennungsdienstli-chen Behandlung in einem
Ermittlungsverfahren wegen Amtsanmassung (§ 132 StGB) vorge-laden ist. (Eine
Amtsanmassung begeht, "wer sich unbefugt mit der Ausübung eines
öffentli-chen Amtes befasst oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft
öffentlichen Amtes vor-genommen werden darf.") Auf Nachfrage stellte sich
heraus, dass es um ein Plakat des Bünd-nisses geht, welches im Vorjahr
landesweit verklebt wurde. Im Vorfeld der im vorigen Jahr beschlossenen
weiteren Befugniserweiterungen für die Polizei durch das Landespolizeigesetz
(u.a. Todesschuss, Aufenthaltsverbot, Videoüberwachung) hatte das Bündnis
u.a. gelbe A2-Plakate mit der Aufschrift: Achtung! Dieser Platz wird noch
nicht videoüberwacht. Leinen Sie ihr Kind an. Sorgen Sie für eine
angemessene Bewaffnung. Führen Sie möglichst wenig Bar-geld mit sich.
Straftaten können hier nicht ausgeschlossen werden. Betreten auf eigene
Ge-fahr. Wir wollen, dass Sie sicher leben! Ihr Jörg Schönbohm. ViSdP:
Bündnis gegen das Polizeigesetz,c/o Lindenstrasse 53, 14467 Potsdam. in
Umlauf gebracht. Wer nicht beschränkt oder bösartig bzw. beides ist, muss
erkennen, dass es sich bei dem Plakat um Satire handelt, die schon aufgrund
der Meinungs- und Kunstfreiheit erlaubt ist.
Bereits im vorigen Jahr wurde derselbe Genosse wegen Sachbeschädigung durch
dieselben Plakate angezeigt. Allerdings war klar, dass man von der
Urheberschaft nicht auf das Kleben der Plakate auf unerlaubte Flächen
schliessen kann. Das Verfahren wurde eingestellt.
Da die Warnung vor nicht vorhandener Bespitzelung wohl keine Handlung ist,
die nur einem Amtsträger zusteht, ist auch der neuerliche Vorwurf der
Amtsanmassung völlig absurd. Die Aktion des Staatsschutzes ist zusätzlich
deshalb fragwürdig, weil keinerlei Ladungsfrist ein-gehalten wurde, nicht
erkennbar ist, wie mit der ED-Behandlung die Aufklärung der angebli-chen
Straftat bewerkstelligt werden soll und weil vom Beschuldigten bereits
früher erken-nungsdienstliche Unterlagen angefertigt wurden. Da hier alles
nach Schikane und Einschüch-terung riecht, wird der Genosse eine Anzeige
wegen "Verfolgung Unschuldiger" stellen.


 

15.03.2001
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