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bundesweit: Unsere Daten? Könnt ihr raten!

HU-Presseerklärung ('01/04):

Sind die Männer alle Verbrecher?
HU tritt für das informationelle Selbstbestimmungsrecht ein
--
Berlin, den 05.02.2001, Freigabe sofort

"Die Männer sind alle Verbrecher!" Diesen Schlagertext aus den 20er
Jahren haben sich offenbar einige konservative Politiker zu Herzen
genommen, die den Vorschlag einer umfassenden Verbrecher-Datei mit den
"Genetischen Fingerabdrücken" aller bundesdeutschen Männer zur
Diskussion gestellt haben. Die HUMANISTISCHE UNION (HU) weist diesen
verfassungswidrigen Vorstoß mit allem Nachdruck zurück. Datenschutz sei
– so Deutschlands größte und älteste Bürgerrechtsorganisation – eine
absolute Farce, wenn die intimsten Daten aller Bürger – ihre genetischen
Persönlichkeitsmerkmale – beim Staat systematisch und umfassend
gesammelt würden.

Entsetzt ist die HU darüber, dass Bayerns Innenminister Günther
Beckstein (CSU) die Ermordung der zwölfjährigen Ulrike B. mißbraucht
hat, um seine Law-and-Order-Phantasien zu propagieren. Ein Minister, der
den Wesensgehalt des Grundgesetzes, den Schutz der Bevölkerung vor einem
übermächtigen Staat und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht
berücksichtigt, stellt nach Auffassung der Bürgerrechtler eine Gefahr
für das Rechtssystem dar und ist als Innenminister untragbar.

Im Rechtssystem gilt die grundsätzliche Unschuldsvermutung, die
unbescholtene Bürger vor Übergriffen der Strafverfolgungsbehörden
schützen soll. Die HU kritisiert den Vorschlag einer Datenbank mit den
"Genetischen Fingerabdrücken" aller Männer nicht nur als
unverhältnismäßige Überreaktion, sondern als inakzeptable
Stigmatisierung aller männlichen Bürger. Damit würden Männer allein
aufgrund ihres Geschlechts zu potentiellen Verbrechern erklärt und –
ohne jegliche persönliche Belastung – wie Verbrecher behandelt.

Auch der Vorschlag des Wiesbadener Kriminologen Eck, eine genetische
Reihenuntersuchung der Männer im Bezirk Eberswalde durchzuführen, wirft
dieselben rechtlichen Probleme auf. Selbst "freiwillige" Untersuchungen
geraten im Umfeld von Straftaten zu einer Pflichtveranstaltung, bei der
jeder, der seine Teilnahme verweigert, unweigerlich unter Mordverdacht
gerät.

Wenn staatliche Stellen über derart intime Informationen zu den Bürgern
verfügen, sind diese nach Auffassung der HU vor einem unberechtigten
Zugriff und mißbräuchlicher Verwendung nicht sicher. Allein schon der
Vorschlag einer uneingeschränkten Erfassung aller männlichen Bürger
belege den schier unersättlichen Datenhunger mancher
Polizei-Protagonisten.

Schutz vor Verbrechen könne diese Datenflut indes nicht bieten. Vielmehr
sei fraglich, ob mit ihrer Hilfe nach einem Verbrechen der Täter
tatsächlich überführt werden kann. Die HU spricht sich deswegen auch
gegen das Ende 1997 erlassene DNA-Identitätsfeststellungsgesetz aus,
wonach vorbestrafte Sexualstraftäter zur Abgabe ih-res „Genetischen
Fingerabdrucks“ gezwungen werden können. Nach Auffassung der HU hat sich
auch diese Regelung nicht bewährt.

Allein die Kosten einer zigmillionenfachen Erhebung und Speicherung
genetischer Daten stehen nach Ansicht der HU in keinem Verhältnis zu
einem von den Befürwortern dieser Regelung erhofften Nutzen. Die
deutsche Geschichte lehrt, dass Polizeistaatsmaßnahmen nicht nur zu
Einschüchterungen und Einschränkungen demokratischer Freiheiten führen,
sondern letztlich zu menschenverachtenden Strukturen.

Der Schutz von Freiheitsrechten muß – so die HUMANISTISCHE UNION –
unbedingt Vorrang haben vor den Interessen der Strafverfolgungsbehörden.
Außerdem fordert die Bürgerrechtsorganisation einen Schutz der
Bevölkerung vor populistischen Stammtischparolen wildgewordener
Wahlkämpfer.

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Für Rückfragen:
Franz-Josef Hanke (HU-Pressesprecher)
Tel. 06421/ 6 66 16
e-mail:  hanke@medienlinks.de

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13.03.2001
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