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Hamburg: Verfahren gegen Isaac Velazco

*Der Verdacht blieb weich*
Das Strafverfahren gegen Isaac Velazco wurde eingestellt, das ?Maulkorbverfahren? steht
vor dem Abschluss

Kaum war abzusehen, dass Staatspräsident Fujimori die sich zuspitzende Regierungskrise in
Peru nicht überstehen würde, kam hierzulande Bewegung in den Fall Isaac Velazco: Die
Bundesanwaltschaft bequemte sich am 28. September, das Ermittlungsverfahren gegen ihn und
seine Frau Ada Beraún endlich einzustellen. Mehr als zweieinhalb Jahre lang hatte die
Karlsruher Behörde am angeblichen Verdacht festgehalten, der Europasprecher der
peruanischen Túpac-Amaru-Bewegung MRTA und die Menschenrechtsaktivistin hätten mit ihrer
Öffentlichkeitsarbeit schwere Straftaten begangen. So warfen die Bundesanwälte den beiden
?Geiselnahme und bewaffneten Menschenraub? vor, weil sie zur Jahreswende 1996/97 die
MRTA-Besetzung der japanischen Botschafterresidenz in Lima ?propagandistisch unterstützt?
hätten. Zudem sei zu prüfen, ob sie nicht in telefonischem Kontakt zu den BesetzerInnen
gestanden und die Aktion zuvor mitgeplant hätten.
In ihrer Einstellungsverfügung, die die Bundesanwaltschaft übrigens weder den
Beschuldigten noch ihrem Anwalt zuschickte und von der diese erst über das Hamburger
Verwaltungsgericht erfuhren, erklärt die Karlsruher Behörde lapidar, ihr ?Verdacht? habe
sich nicht ?erhärten lassen?. Die in einer neunstündigen Hausdurchsuchung im Mai 98
beschlagnahmten Arbeitsmaterialien, darunter alle handschriftlichen Notizen, will das BKA
am 17. Januar zurückgeben. Alle anwaltlichen Aufforderungen der vergangenen zweieinhalb
Jahre, die Sachen wieder rauszurücken, waren ebenso unbeantwortet geblieben wie die
Anträge auf Akteneinsicht.

Auch das das zweite Velazco-Verfahren steht jetzt vor seinem Abschluss: Velazcos Klage
gegen den so genannten Maulkorberlass. Wenige Monate nach der durch ein Massaker der
Militärs beendeten Residenzbesetzung hatte die Hamburger Innenbehörde einen Bescheid
erlassen, der dem Guerillasprecher jede Äußerung verbot, die im Zusammenhang mit der MRTA
?die Anwendung von Gewalt befürwortet, rechtfertigt oder ankündigt?. Dieser Verfügung
vorausgegangen war eine Intervention des peruanischen Botschafters in Bonn, der ein
gänzliches Redeverbot für Velazco forderte. Da hatten die Bundesbehörden gerade einen
Auslieferungsantrag Perus abgelehnt: Ein peruanisches Militärgericht hatte Isaac Velazco
in einer Schnellverhandlung unmittelbar nach Erstürmung der japanischen
Botschafterresidenz wegen ?Vaterlandsverrats? verurteilt. Gänzlich die kalte Schulter
wollte man den Peruanern in Bonn offenbar aber auch nicht zeigen, und so wies Manfred
Kanther das Land Hamburg auf Beschluss des Bundeskabinetts an, Velazco zum Schweigen zu
bringen.
In der Hansestadt begnügte man sich daraufhin mit Dienst nach Vorschrift: Der
Maulkorberlass wurde auf Grundlage des Ausländerrechts erlassen, ohne dass Sofortvollzug
verfügt wurde. So konnte mit einem Widerspruch verhindert werden, dass der Bescheid
rechtskräftig wurde.
Erst nachdem die Bundesanwaltschaft ihr Strafverfahren einstellte, kam es im
Redeverbotsverfahren wieder zu nennenswerten Aktivitäten: Am 10. Januar fand jetzt vor dem

Verwaltungsgericht die mündliche Verhandlung statt. Die Vertreterin der beklagten
Hansestadt zeigte wenig Motivation, das Redeverbot unbedingt durchzusetzen. Immerhin ließ
sie durchblicken, welches allgemeine Interesse sie an einem politischen Betätigungsverbot
auf Basis des Ausländerrechts sieht: ?Das ist für uns ein neues Feld.?
Auch wenn das nicht ganz richtig ist - schließlich gab es unter anderem schon beim
Schahbesuch 1967 einen ähnlichen Erlass: Das für den 24. Januar angekündigte Urteil könnte

Bedeutung über den Fall Isaac Velazco hinaus haben.

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14.01.2001
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