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Türkei: Neuer Angriff auf Gefangene?

25.12.00, Binyil

Neue Operation steht bevor
Trotz Militär Operation 2018 Personen im Todesfasten und Hungerstreik

Die Minister Türk mitteilte sind nach der "Rückkehr zum
Leben"-Operation, die das Ziel hatte, Todesfasten und Hungerstreik zu
beenden, nach wie vor insgesamt 2018 Gefangene im Todesfasten und
Hungerstreik. Bei einer gestrigen Pressekonferenz teilte Türk mit,
dass die Verlegungen in F-Typ-Gefängnisse nach der Operation
unvermeidlich gewesen seien und bisher nach Edirne 327, nach Kocaeli
337 und nach Sincan 341 Gefangene, davon 5 ins Krankenhaus, verlegt
wurden. Von diesen befinden sich nach Türk 98 im Todesfasten und 532
im Hungerstreik. 375 Personen würden sich nicht an den Aktionen
beteiligen. In 47 weiteren Gefängnisse befinden sich 1656 Personen im
unbefristeten Hungerstreik, 9 im Hungerstreik im Wechsel.
Einschliesslich der sich im F-Typ befindenden Gefangenen seien 353
Personen im Todesfsten. Auf die Frage eines Journalisten, ob
angesichts der andauernden Aktionen von einem Erfolg der Operation
gesprochen werden könne, antwortete Türk: "Das Ziel der Operation
bestand darin, Menschenleben zu retten, die Gefangenen vor dem Druck
der Organisationen zu schützen und die Anführer dieser Organisationen
unter Kontrolle zu bekommen. Bis jetzt ist ein Teil dieser Ziele
verwirklicht worden. Jedoch setzen einige Gefangene, die vor dem Druck
der Organisationen gerettet wurden, die Aktionen fort, weil sie den
Fanatismus verinnerlicht haben. Deshalb wiederhole ich den Aufruf, die
Aktionen zu beenden. Falls sich der Zustand verschlimmert, werden wir
als Justizministerium unseren Anteil an einer notwendigen Intervention
erledigen."


25.12.00, Radikal


TIHV: Acht Gefangene verschwunden

Nach Aussage des Vorsitzenden der Türkischen Menschenrechtsstiftung
(TIHV), Yavuz Önen, sind nach der Operation im Gefängnis Bayrampasa
acht Gefangene verschwunden und einige Gefangene ohne vorheriger
Feststellung ihrer Identität in Gräbern für Alleinstehende vergraben
worden. Wie Önen gestern auf einer Pressekonferenz erklärte, hat sich
herausgestellt, dass die Namen von fünf Gefangenen, die bei der
Operation in Bayrampasa getötet wurden und autopsiert wurden, sich auf
der Liste der Oberstaatsanwaltschaft Eyüp für in F-Typ-Gefängnisse
Verlegte befinden. Önen führte weiterhin aus, dass acht Gefangene
verschwunden seien, sie befänden sich weder auf der offiziellen Liste
über Verlegungen des Gefängnisstaatsanwaltes von Bayrampasa noch in
Krankenhäusern. (...)


25.12.00, Yeni Gündem


TIHV fordert unabhängigen Untersuchungsausschuss

Der Vorsitzende der Türkischen Menschenrechtsstiftung (TIHV), Yavuz
Önen, forderte gestern auf einer Presskonferenz die Bildung eines
unabhängigen Untersuchungsausschusses aus Gerichtsmedizinern und
Anwälten zur Aufklärung der blutigen Operationen in den Gefängnissen,
insbesondere in Bayrampasa, um verschiedenen Aussagen nachzugehen,
nach denen chemische Waffen eingesetzt wurden und ausserrechtliche
Vollstreckungen stattgefunden haben. Önen führte weiterhin aus, dass
die Gemeinschaftsoperation von Innen-, Justiz- und
Gesundheitsministerium zur "Rettung von Leben" sich in eine
Gewaltaktion gegen die gesamte Gesellschaft gewandelt habe. Er
erinnerte daran, dass einige Leichen ohne vorher identifiziert zu
werden, in anonymen Gräbern begraben wurden und dass Anwälte keinen
Zugang zu den Autopsien hatten. Dieser Zustand belege, dass ein
Massaker stattgefunden habe. (...)

"Frohe Feiertage" für Ecevit

Eine Gruppe von Angehörigen von Gefangenen in Izmit hat
Ministerpräsident Ecevit per Fax zum Ramazan Feiertag
"beglückwünscht". Der Faxtext, der mit "Angehörige von Gefangenen,
deren Schreie Sie hören konnten" unterzeichnet wurde, beinhaltet
folgende Sätze: "Als Führer dieses Landes können Sie sich nicht
angesichts der Tode von Menschen, die Sie in der Hand hatten, hinter
Sätzen verstecken wie "Wir haben die Terroristennester ausgerottet,
die Macht des Staates ist deutlich geworden" und Sie können sich nicht
vor der Verantwortung für die grausamen Tode retten. Während im F-Typ
das Menschendrama andauert und jeden Moment neue Tode erwartet werden,
wünschen wir Ihnen 'Frohe Feiertage'."

In Van wurde gegen die Angriffe mit einer Verdunkelungsaktion
protestiert. Bei dieser von der Demokratischen Volksinitiative
organisierten Aktion wurden unter grosser Beteiligung alle Lichter ab
21 Uhr für zehn Minuten gelöscht. Die gleiche Aktion fand auch in
Adana und Mersin statt. (...)

HADEP-Bürgermeister des Amtes enthoben

Der HADEP-Bürgermeister von Semdinli, Ferman Özer, ist vom
Innenministerium aus seinem Amt genommen worden. Augrund von Aussagen
ist gegen ihn ein Verfahren vor dem Staatssicherheitsgericht (DGM) Van
wegen "Unterstützung" eröffnet worden. Der stellvertretende
HADEP-Vorsitzende Geylani wertete die Amtsenthebung des
Bürgermeisters, der mit den Stimmen des Volkes gewählt wurde, als
"willkürlich, politisch und ausserrechtlich". Es sei deutlich, "dass
in diesem Land eine Mentalität existiert, die gegen gesellschaftlichen
Frieden und Demokratisierung ist." Schon vorher waren die
Bürgermeister von Agri und Lice ihrer Ämter enthoben worden.

HADEP protestiert gegen Angriffe

Istanbul. In einer Pressekonferenz in Gaziosmanpasa, an der sich
ungefähr 1000 Menschen beteiligten, hat die HADEP Istanbul das
F-Typ-Massaker sowie die Angriffe der PUK auf die PKK im Süden
verurteilt. Wie der Istanbuler HADEP-Vorsitzende Dogan Erbas erklärte,
sei mit Beendigung der bewaffneten Auseindersetzungen eine Atmosphäre
von Frieden geschaffen worden. "Allerdings fahren Kriegsprofiteure und
Banden mit ihren Schauspielen fort, um die Bemühungen um Frieden,
Geschwisterlichkeit und demokratische Einheit ins Leere laufen zu
lassen." Erbas wertete "das F-Typ-Massaker als ein Teil dieses
widerlichen Schauspiels" und fuhr fort: "Wir verurteilen das Massaker
als einen schweren Schlag gegen die einseitigen Bemühungen um Frieden
und Geschwisterlichkeit." Bezugnehmend auf die Verlegung von 5000
Soldaten und einer Vielzahl von Panzern der türkischen Armee in den
Süden, sagte Erbas: "Die Durchführung einer solchen Operation, bevor
die Wunden der früheren Kampfhandlungen überhaupt verheilt sind, zeugt
von einem Angriff nicht nur gegen Kurden, sondern gegen alle
demokratischen Kräfte in der Türkei." (...)

Karayilan: Türkei hat sich überhaupt nicht verändert

Murat Karayilan, Mitglied des Präsidialrates der PKK, nahm gestern per
Telefon an der Sendung "Rews" bei Medya-TV teil. Er führte aus, dass
der Einmarsch der türkischen Armee in den Süden kein
aussergewöhnliches Ereignis sei und es einen internationalen Plan
gebe. Die Vorbereitungen für den Plan seien schon vor langer Zeit
getroffen worden. Mit diesem Plan werde der internationale Komplott
fortgesetzt. Als Beweis dafür gelte die Tatsache, dass keine
internationale Macht auf das Vorhandensein der türkischen Armee in dem
Gebiet reagiere. Das Ziel des Planes sei die Demoralisierung der
kurdischen Nationalbewegung, und zu diesem Zwecke vor allem die
Vernichtung der PKK. Weiter sagte Karayilan: "PKK bedeutet für das
Volk Moral. Die Schwächung der PKK kommt der Demoralisierung der
kurdischen Bewegung gleich. Wenn die PKK aus der Gegend verschwindet,
gibt es noch PUK und KDP. Die Türkei möchte (...) im Soran Gebiet
einen Korridor eröffnen. KDP wird dagegen angehen, und dieses Mal
werden KDP und PUK aufeinander gehetzt und die Vernichtung der
kurdischen Bewegungen gesichert werden." (...) Karayilan, der während
des Gesprächs wiederholt auf die Ernsthaftigkeit der Lage hinwies,
sagte weiter: "Es handelt sich um eine neue Periode, die Schritt für
Schritt deutlich wird. Wenn der Krieg diesmal beginnt, wird er nicht
wieder zu stoppen sein, er wird umfassend sein. Wenn in den kommenden
drei bis vier Tagen keine Lösung gefunden wird, kommt niemand mehr am
Krieg vorbei." Die Angriffe des Staates auf die Gefängnisse in der
Türkei wertete Karayilan als einen Ausdruck der Ausweglosigkeit. Die
inneren Widersprüche in der Türkei seien sehr gross und würden in
verschiedenen Formen zum Ausdruck kommen. (...) Karayilan erklärte, er
habe erwartet, dass die Probleme in der Türkei gelöst werden würden,
das grösste Hindernis einer Lösung sei jedoch die alte Mentalität.
"Bei dem Grad, den die Türkei erreicht hatte, hätten die letzten
Entwicklungen nicht passieren dürfen. (...) Es ist deutlich geworden,
dass die Türkei sich überhaupt nicht verändert hat." Als grösstes
Problem der Türkei wertete Karayilan die Demokratisierung. Die
Regierung sei weit entfernt davon, diese zu verwirklichen und die
demokratischen Kräfte nach wie vor in schwacher Position. (...)

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26.12.2000
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