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Europe: Neuer Delegationsaufruf


IKM (Komitee gegen Isolationshaft)
Kreuzweg 12, 20099 Hamburg
tel-fax: 0049 40 280 53 625
tel-fax in Belgien: 02/230.08.66
197, rue Belliard bte 8, 1040, Bruxelles

Aufruf zur Teilnahme an einer internationalen Delegation

Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe FreundInnen
Wie Ihr vermutlich bereits teilweise aus der Presse erfahren konntet,
wurde
in der Türkei der Todesfasten-Widerstand von mehr als 800 politischen
Gefangenen am 61. Tag in zeitlicher Abstimmung in 20 Gefängnissen
brutal
angegriffen.

Hungerstreiks sind in den Gefängnissen der Türkei zur jahrzehntelangen
Tradition geworden, zumal diesen zur Erlangung ihrer Rechte keine
anderen
Mittel zur Verfügung stehen. Menschenrechtsberichten diverser
international
anerkannter Organisationen zufolge wurden bisher Dutzende von
Gefangenen bei
willkürlichen Angriffen von Sondereinsatzkräften gezielt getötet,
verloren
zahlreiche schwerverletzte oder an diversen Krankheiten leidende
Gefangene
aufgrund der Verweigerung ärztlicher Behandlung ihr Leben oder sind
infolge
von Hungerstreiks, die bis zu 69 und 75 Tage andauerten, bis daß die
Regierung ihre Forderungen anerkannte, gestorben.

Die miserablen Verhältnisse in den türkischen Gefängnissen wurden
oftmals
von europäischen Institutionen gerügt. Die Lebenssicherheit der
Gefangenen
ist nicht gewährleistet, und sie werden bei jeder Fahrt zum Gericht oder zum
Krankenhaus von Soldaten mißhandelt. Dies ging sogar soweit, daß
zuletzt
mehrere Gefangene aus Protest ihre Teilnahme an Gerichtsverhandlungen
und
die Behandlung im Krankenhaus ganz verweigerten.

Die Hauptforderung des jüngsten Hungerstreiks in den türkischen
Gefängnissen
ist die Abschaffung der Hochsicherheitsgefängnisse des Typ F, welche
mit
Isolationszellen versehen wurden und jeglichen sozialen Kontakt der
Gefangenen aufheben sollen. 249 der knapp 900 hungerstreikenden
Gefangenen
begaben sich in ein Todesfasten, was bedeutet, daß sie ihre Aktion bis
zur
Erfüllung der Forderungen von seiten der Regierung fortsetzen werden.

Am 19. Dezember 2000 hat der Staat in der Türkei eine tödliche
Operation
gegen die seit 61 Tagen im Hungerstreik befindlichen Gefangenen
gestartet.
Diese dauert seit nunmehr 4 Tagen an und mindestens 30 Gefangene wurden
dabei bereits grausam ermordet. Die Gefangenen wurden bei dem Angriff
mit
Brandbomben regelrecht verbrannt und durch Schußwaffen ermordet. Neben
den
Dutzenden Toten wurden hunderte Gefangene schwer verletzt. Trotz allem
setzen sie ihr seit 66 Tagen andauerndes Todesfasten entschlossen fort.
Bisher wurden hunderte Gefangene, die meisten darunter schwer verletzt,
in
die F-Typ Zellen der Gefängnisse Sincan, Edirne und Kocaeli
verschleppt.
Weitere hunderte Gefangene befinden sich in verschiedenen
Krankenhäusern der
Türkei und wehren sich mit letzter Kraft gegen eine versuchte
Zwangsernährung.

Bisher haben sich mehrere internationale Delegationen, bestehend aus
Parlamentsabgeordneten, JournalistInnen, etc. in die Türkei begeben, um
die
Vorfälle mit eigenen Augen mitverfolgen zu können und ihre Empörung
gegen
den rücksichtslosen Eingriff zum Ausdruck zu bringen.

Auf Ansuchen von Menschenrechtsgruppen und den Angehörigen der
Gefangenen in
der Türkei, werden in den kommenden Tagen weitere Delegationen aus
Europa
mobilisiert. Einer der Organisatoren ist das IKM - Komitee gegen
Isolationshaft - in Deutschland, welches sich seit Monaten gegen die
geplante Einführung der F-Typ Zellen einsetzt und Solidaritätsarbeit zu
den
Gefangenen betreibt.
In Belgien wurde zusammen mit dem demokratischen Zusammenschluß
People?s
Rights Watch (PRW), der AnwältInnen, ÄrztInnen und StudentInnen zu
seinen
Mitgliedern zählt, mobilisiert.
Ab heute Sonntag, den 24. Dezember werden sich ein belgischer Arzt, und
ab
Dienstag zwei Parlamentsabgeordnete der Grünen Partei und der
Volksunion,
zwei RechtsanwältInnen und eine weitere Ärztin in die Türkei begeben,
um die
Situation der Gefangenen vor Ort zu untersuchen. Am gleichen Tag wird
eine
griechische Delegation, bestehend aus ÄrztInnen, AnwältInnen und
Gewerkschaftsfunktionären, sowie ein Rechtsanwalt aus den Niederlanden
mit
dem selben Zweck in die Türkei reisen.

Wir rufen alle sensiblen Menschen und Organisationen auf, die
Delegation
durch ihre Teilnahme zu verbreitern und sich für die Hunderten, in
akuter
Lebensgefahr schwebenden Gefangenen einzusetzen.

Sandra Bakutz
für das IKM

 

24.12.2000
Komitee gegen Isolationshaft   [Aktuelles zum Thema: Int. Solidarität]  [Schwerpunkt: Kampf gegen die F-Typ Gefängnisse in der Türkei]  Zurück zur Übersicht

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