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Wuppertal: Kommt zum Prozess gegen Antifaschisten am 6./10.11.

Kriminalisierung eines Wuppertaler Antifaschisten

Kommt zum Berufungsverfahren gegen Martin am 6./10. November nach Bonn!

Am 02.09.1999 wurde Martin aus Wuppertal nach drei Verhandlungstagen vor
dem Bonner
Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, ausgesetzt auf
eine dreijährige
Bewährungsfrist, sowie zu 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.
Angeklagt wurde Martin
aufgrund des Vorwurfs des schweren Landfriedensbruchs, sowie der
gefährlichen Körperverletzung.
Konkret wird er beschuldigt, während der Gegendemonstration bezüglich
des NPD-Aufmarsches in
Bonn am 24.10.1998 einen Polizeibeamten durch einen Flaschenwurf schwer
verletzt zu haben. Im
Prozess war einziger Belastungszeuge ein Polizeibeamter der Bochumer
Bereitschaftspolizei, der
behauptete, Martin als Täter identifiziert zu haben. Als
Identifikationsmerkmale nannte er
Kapuzenpulli, Sonnenbrille und eine ?hervorstechende Nase", also eine
sehr wage Beschreibung, die
auf einen Großteil der DemonstrationsteilnehmerInnen hätte zutreffen
können, wobei Martin eine
markant ?hervorstechende Nase" vermissen lässt. Diesem ?Beweis"
hinsichtlich Martins
vermeintlicher Täterschaft konnte ein lückenloses Alibi entgegengesetzt
werden. So wurde durch die
Aussage von drei ZeugInnen nachgewiesen, dass sich Martin zur besagten
Zeit - als der
Flaschenwurf erfolgte - an einer ganz anderen Stelle aufhielt. Dort
kümmerte er sich um eine durch
die Polizei schwer verletzte Freundin, was nicht zuletzt durch das
Einsatzprotokoll des
Rettungswagens erwiesen werden konnte. Trotz der eindeutig entlastenden
Beweislage berief sich
Richter Bröder auf das Konstrukt von Polizei und Staatsanwaltschaft und
verurteilte Martin. Ein
Verurteilungswille war schnell zu erkennen. So wurden beispielsweise
Beweisanträge zur Sichtung
vonentlastendem Polizeivideomaterials und zur Vernehmung weiterer
Polizeibeamten seitens des
Richters abgelehnt, obwohl sogar der Staatsanwalt keine Einwände dagegen
hatte.

Eine Aburteilung soll aber nicht nur im juristischen Sinne erfolgen.
Nach dem Prozess kam es zu
gezielter Stimmungsmache: im Zwischenbericht ´99 des
NRW-Verfassungsschutzes wurde vom
Prozess gegen Martin berichtet und im Zusammenhang auf die vermeintliche
Gefährlichkeit von
antifaschistischen Aktivitäten hingewiesen. Hier zeigt sich deutlich,
dass versucht wird, jegliche Art
von antifaschisti-schem Widerstand zu kriminalisieren und abzuurteilen.
Während es alltäglich zu
Übergriffen, Überfällen und sogar zu Morden seitens der Nazis kommt
(seit der Wiedervereinigung
wurden weit mehr als 100 Menschen ermordet), sie immer häufiger mit von
der Polizei geschützten
Großaufmärschen Präsenz auf den Straßen demonstrieren und sich nicht
zuletzt auf den Rassismus
aus der gesellschaftlichen Mitte berufen können, wird Martin von einer
Haftstrafe bedroht. Aber
antifaschistischer Widerstand ist und bleibt notwendig. Und zwar nicht
erst dann, wenn die
Bundesregierung durch die neuesten Untaten der Nazis das Ansehen und die
Wirtschaft
Deutschlands gefährdet sieht. In diesem Zusammenhang werden in einer
wahrscheinlich kurzfristigen
Debatte Forderungen nach einem starken Staat geäußert, wie z.B.
NPD-Verbot und allgemeine
Gesetzesverschärfungen. Dabei sind noch Anfang der 90er Jahre die
pogromartigen Ausschreitungen
des faschistischen Mobs zur Untermauerung für die (bis heute
fortdauernde) rassistische Hetze und
die faktische Abschaffung des Asylrechts seitens des politischen
Establishments herangezogen
worden und belegen die Heuchelei der aktuellen Bemühungen gegen rechts.

Das nun anstehende zweitinstanzliche Verfahren findet statt, weil sowohl
die Verteidigung Martins,
die Freispruch fordert, als auch Staatsanwalt König Berufung gegen das
Urteil eingelegt hatten;
letzterer um seine Forderung nach Verhängung von zwei Jahren Haft ohne
Bewährung (!) geltend zu
machen.


Die Prozesstermine:
Montag, 6.11.00 um 9.00 Uhr und am
Freitag, 10.11.00 um 11.00 Uhr vor dem
Landgericht Bonn, Wilhelmstr.21, Raum 13B

Spenden zur Unterstützung des Angeklagten werden dringend benötigt:
Konto: Rechtshilfegruppe Wuppertal, Konto-Nr.: 922492, BLZ 33050000,
Stichwort: Prozess
Bonn, Kontakt: Rechtshilfegruppe Wuppertal, c/o Infoladen,
Brunnenstr.41, 42105 Wuppertal, email: rhg@gmx.li

 

26.10.2000
Rechtshilfegruppe Wuppertal   [Aktuelles zum Thema: Repression]  Zurück zur Übersicht

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