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Düsseldorf: 28. Oktober 2000: Demonstration "Stoppt den Nazi-Terror! - Den Nazi-Aufmarsch verhindern!" in Düsseldorf

Ausgerechnet mit der Forderung nach "Meinungsfreiheit" wollen die neonazistischen "Freien Kameradschaften", am 28. Oktober 2000 in Düsseldorf eine bundesweite Demonstration durchführen. Diese unter dem peinlichen Motto "Meinungsfreiheit auch für Nationalisten - Argumente statt Verbote" stehende Demonstration ist der erste ernsthafte Versuch von Nazis nach 1945, auch in Düsseldorf wieder auf die Straße zu gehen. Die Neonazis wollen sich um 12:00 Uhr auf dem Rheinufer-Parkplatz an der Oberkasseler Brücke sammeln, um dann durch Alt- und Innenstadt zum Innenministerium zu ziehen. Ort, Zeit und Demoroute können sich aber noch kurzfristig aufgrund von polizeilichen und gerichtlichen Auflagen ändern. Von den Neonazis ist angekündigt worden, eventuelle Verbote der Demonstration durch die Polizei nicht zu akzeptieren und nötigenfalls durch sämtliche gerichtliche Instanzen zu gehen. Durch den Düsseldorfer Polizeipräsidenten ist aber ohnehin bereits erklärt worden, dass ein Verbot als wirkungslos eingeschätzt wird. Von dieser Seite ist mit einer Verhinderung der dreisten neonazistischen Provokation also keinesfalls zu rechnen.

Angemeldet wurde die Demonstration durch Reinhard Vielmal, dem Vorsitzenden des NPD-Kreisverbandes in Neuss. Vor Ort liegt die Vorbereitung in den Händen der "Kameradschaft Düsseldorf" um Sven Skoda, Jörg Wagner und Marco Schirmer. Von dieser Gruppe wird auch das "Nationale Infotelefon Rheinland" betrieben, das seit 1994 die Neonaziszene in der BRD mit Informationen versorgt. Aus ihrer Gesinnung hat die "Kameradschaft" nie einen Hehl gemacht. So wird dazu aufgerufen, "Grundsätzen der nationalsozialistischen Revolution" zu leben, der Tod von Ignatz Bubis bejubelt und Jüdinnen und Juden als "Deutschlands größte Feinde" bezeichnet.
Das Echo, das der Anschlag auf Juden und Jüdinnen am S-Bahnhof Wehrhahn und das Attentat auf die Synagoge in Düsseldorf durch die Politik und die Medien erfahren haben, veranlasst die Neonazis keineswegs, zurückhaltender zu agieren. Im Gegenteil zeigen die Mordanschläge auf Flüchtlingsheime in Wuppertal und Oberhausen sowie zahlreiche Angriffe in den letzten Wochen, daß die Neonazi-Szene sich durch die Düsseldorfer Anschläge eher bestärkt sieht. Nicht zufällig mobilisieren die Neonazis bundesweit zu ihrem geplanten Aufmarsch in Düsseldorf, weshalb mit bis zu 1000 TeilnehmerInnen gerechnet werden muß. Denn gerade wegen der hier verübten Anschläge wird dem Aufmarsch in Düsseldorf durch das militant neonazistische Spektrum der "Freien Kameradschaften" ein sehr hoher Symbolgehalt beigemessen, da sie nicht zu unrecht meinen, auf diese Weise unausgesprochen ihren Antisemitismus auf die Straße tragen zu können. Dies gilt es mit allen gebotenen Mitteln zu Verhindern !

Nazis morden der Staat schiebt ab - das ist das gleiche Rassistenpack!

Seit den antisemitischen Anschlägen in Düsseldorf bestimmt das Thema Rechtsextremismus die Berichterstattung der Medien. Was linke Gruppen und nicht zuletzt die Antifa seit Jahren thematisieren, ist plötzlich allgegenwärtig: Über neonazistische Morde, Attentate und Überfalle wird täglich berichtet. Konsequent unterschlagen werden aber die Zusammenhänge zwischen staatlicher rassistischer Politik, neuem deutschen Nationalbewußtsein, dumpfen Alltagsrassismus und der neonazistischen Bewegung. Der rassistische Konsens der Gesellschaft scheint unabhängig, gar im Widerspruch zu den Auffassungen der herrschenden Politik und ihrer Umsetzung durch staatliche und gesellschaftliche Institutionen zu existieren. Obwohl gerade diese Institutionen die öffentliche Meinung und gesellschaftliche Selbstwahrnehmung maßgeblich prägen: Es waren bekanntlich keine Neonazis, die Anfang der neunziger Jahre die sogenannte Asyldebatte auf die Tagesordnung setzten und damit eine Stimmung entstehen ließen, die in den Pogromen von Rostock-Lichtenhagen einen vorläufigen Höhepunkt fanden.
Im Anschluß an das Pogrom wurde die faktische Abschaffung des Asylrechts durchgesetzt, wodurch der Eindruck entstehen mußte, daß mit solchen Aktionen von Neonazis Druck ausgeübt und politische Erfolge erzielt werden könnten. Bis heute müssen Menschen ohne deutschen Paß, die Opfer von rassistischen Angriffen geworden sind und deshalb ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbständig bestreiten können mit einer Abschiebung rechnen. Das Klima, welches durch die Entrechtung und Gängelung von Flüchtlingen, durch ihre massenhafte Abschiebung in Hunger und Elend, Folter und Tod geschaffen wird, bildet den Nährboden, auf dem der Neonazismus gedeiht. Obwohl aktuell mehr MigrantInnen aus der Bundesrepublik ausreisen als einreisen, sind zwei Drittel aller Bundesbürgerinnen laut Emnid der Auffassung, daß zu viele "Ausländer" in Deutschland leben - deutlich mehr als noch vor der Verabschiedung des "Asylkompromisses" im Bundestag.

Standort Deutschland

Nachdem in den letzten zehn Jahren über 120 Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrer politischen Überzeugungen, ihrer sexuellen Orientierung oder weil sie arm und obdachlos waren durch Neonazis ermordet wurden, sieht die Politik seit den Düsseldorfer Anschlägen nun aber plötzlich Handlungsbedarf. Ursächlich hierfür ist vielmehr die gleiche Verwertungslogik, die Anfang der neunziger Jahre mit der Behauptung, die Flüchtlinge bedrohten den "Wirtschaftsstandort Deutschland", die rasssistische Flüchtlingspolitik begründete.

Die augenblickliche Konjunkturlage läßt einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften erkennen, der die Anwerbung von MigrantInnen, wie etwa indischen Computer-Spezialisten, dringend erforderlich macht. Die Spitzen der Unternehmerverbände überschlagen sich daher in der Forderung nach einem Kurswechsel in der Einwanderungspolitik. Die rassistische Aufstachelung der Deutschen Bevölkerung erweist sich nun als Hindernis für die Bedürfnisse des Kapitals, da sie der Anwerbung der benötigten Spezialisten im Wege steht. Das Kopfblatt des Kapitals, das "Handelsblatt", bringt das politische Ziel auf folgende Kurzformel: "Wir brauchen mehr Leute, die uns nutzen und weniger Leute, die uns ausnutzen." (Handelsblatt, 17. Oktober 2000). Entscheidendes Kriterium für den Umgang mit Nichtdeutschen bleibt ihre Verwertbarkeit.
Ausgerechnet mit der Forderung nach "Meinungsfreiheit" wollen die neonazistischen "Freien Kameradschaften", am 28. Oktober 2000 in Düsseldorf eine bundesweite Demonstration durchführen. Diese unter dem peinlichen Motto "Meinungsfreiheit auch für Nationalisten - Argumente statt Verbote" stehende Demonstration ist der erste ernsthafte Versuch von Nazis nach 1945, auch in Düsseldorf wieder auf die Straße zu gehen. Die Neonazis wollen sich um 12:00 Uhr auf dem Rheinufer-Parkplatz an der Oberkasseler Brücke sammeln, um dann durch Alt- und Innenstadt zum Innenministerium zu ziehen. Ort, Zeit und Demoroute können sich aber noch kurzfristig aufgrund von polizeilichen und gerichtlichen Auflagen ändern. Von den Neonazis ist angekündigt worden, eventuelle Verbote der Demonstration durch die Polizei nicht zu akzeptieren und nötigenfalls durch sämtliche gerichtliche Instanzen zu gehen. Durch den Düsseldorfer Polizeipräsidenten ist aber ohnehin bereits erklärt worden, dass ein Verbot als wirkungslos eingeschätzt wird. Von dieser Seite ist mit einer Verhinderung der dreisten neonazistischen Provokation also keinesfalls zu rechnen.

Mit dem Polizeistaat gegen Faschisten?

Die Politik des Staates will lediglich die Gewalt der selbsternannten Vollstrecker des rassistischen Mainstreams eindämmen. Die Ursachen der Gewalt bleiben hingegen unangetastet.

Die bürgerliche Öffentlichkeit, die sich zumindest teilweise aus ernstgemeinter humanistischer Überzeugung gegen den Nazi-Terror mobilisieren läßt, wird dabei aber nicht nur als politische Manövriermasse zur Wiederherstellung des staatlichen Gewaltmonopols in der Ausländerpolitik mißbraucht. Sie wird darüber hinaus für die Durchsetzung schon länger vorbereiteter polizeistaatlicher Ziele, wie verstärkte Videoüberwachung an Bahnhöfen, den breiteren Einsatz paramilitärischer Einheiten des Bundesgrenzschutzes, die Ausweitung des Datenerfassung bei "Straftätern" und weitere Einschränkungen des Demonstrationsrechtes, benutzt. Nicht nur, daß damit die Faschisten wiederum Teilziele ihrer politischen Ideologie realisiert hätten, Zensur, Überwachung und Verbote sind darüber hinaus denkbar ungeeignet, rechtes Denken und rechte Politikvorstellungen zurückzudrängen. Es geht uns nicht darum, die NPD gegen ein Verbot zu verteidigen, aber daß das Problem der Faschisten damit nicht in den Griff zu bekommen ist, haben mehrere wirkungslose Parteiverbote in den neunziger Jahren bereits bewiesen. Die NPD existiert, weil es Faschisten gibt und nicht umgekehrt.

Mit uns in eine neue Zeit!

Der Kampf gegen Faschisten muß gleichzeitig die Grundlagen ihrer Ideologie im Verwertungsdenken, Standortnationalismus, in der Ausgrenzungspolitik und in der Gewalt der Verhältnisse angreifen. Der Vorstellung des starken Staates und der reibungslosen Verwertung gilt es, eine Utopie der Emanzipation und der sozialistischen Gesellschaft entgegenzusetzen.

Ein bürgerlicher Staat kann weder Rassismus noch Faschismus wirkungsvoll bekämpfen, sondern bringt beide selbst mit hervor. Sich gegen Nazis als Erscheinung der bürgerlichen Gesellschaft zu richten, ist nur im Widerstand gegen diesen Staat möglich. Nur der Kampf gegen die Wurzeln, aus denen die braune Brut erwächst, bietet eine tatsächliche Perspektive auf Befreiung - nicht nur von den Nazis. Die Aufgabe vor die uns ein in diesem Sinne ernstgemeinter Antifaschismus stellt, ist die Entwicklung konkreter Formen radikaler Gesellschaftskritik - nichts anderes also als revolutionärer Widerstand.

Stellen wir uns den Nazis entgegen!

Wir können und werden uns nicht darauf verlassen, daß der Naziaufmarsch am 28. Oktober 2000 von Polizei und Gerichten verboten wird. Wir rufen all diejenigen, die den Nazis nicht die Straße überlassen wollen und bereit sind, sich ihnen entgegenzustellen, dazu auf, mit uns gemeinsam den Aufmarsch zu verhindern. Gemeinsam können wir es schaffen!

Demonstration
9:30 Uhr Grabbeplatz (Kunstsammlung)
Düsseldorf-Altstadt

Antifa-KOK
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25.10.2000
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