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Analyse von Nazi Worch

Betreff: Einblick: Analyse v. Demoverboten von Neonazi Christian
> Worch/->21.10.Nazi-Aufmarsch in Dortmund
>
> Info: Christian Worch ist Rechtsanwalt und einer der fuehrenden
> Neonazis. (Er lebt in Hamburg.)
> Er hat den Neonazi-Aufmarsch am Samstag, 21.10. 2000 (geplant fuer 14
> Uhr) in Dortmund angemeldet, der sich gegen die "Diskriminierung" der
> Rechten und die "Hysterie" der Medien richtet. Die Demo wurde vom
> Dortmunder Polizeipraesidenten verboten, aber Worch legte Klage ein.
> Das
> Oberverwaltungsgericht in Gelsenkirchen wird in der kommenden Woche
> ueber die Zulassung des Aufmarsches entscheiden. Es muss damit
> gerechnet
> werden, dass das Verbot aufgehoben wird und dass der Aufmarsch doch
> stattfindet.
>
> Am 21.10. finden nun mehrere Aktivitaeten gegen den Neonazi-Aufmarsch
> statt, fuer die breit mobilisiert werden muss... Eine Grosskundgebung
> um
> 11 Uhr auf dem Hansaplatz mit RednerInnen: u.a. Ministerpaesident
> Wolfgang Clement, OB Langemeyer, dem Kreisvorsitzenden des DGB, junge
> AuslaenderInnen, einem Vertreter des Buendnisses Dortmund gegen
> Rechts...
> Ausserdem Aktivitaeten der Antifa (unter dem Motto "Wir stellen uns
> quer!") und des Buendnisses Dortmund gegen Rechts. Um 10 Uhr sammeln
> sich bereits die demokratischen Kraefte an der Reinoldikirche und
> bewegen sich zum Hansaplatz, also zum Platz der Grosskundgebung.
>
> Zum Einblick in die Argumentationen und Strategien der Neonazis nun
> folgender Text
> (gefunden auf der Neonazi-Homepage ( http://www.Die-Kommenden.net) von
> Christian Worch.
>
>
********************************************************************************
>
> Über Demo-Verbote
> Analyse und Perspektive: (von Christian Worch, Hamburger Neonazi)
>
> Begriffsbestimmung:
>
> Wir reden hier nicht über das Verbot, das durch gerichtlichen Beschluß
> „außer Vollzug gesetzt" wird, womit die
> Demo dann stattfinden darf. Wir reden über das Verbot, das Bestand
> behält und vollzogen werden kann, mit dem
> Ergebnis, daß es entweder keine Demo gibt oder aber irgendeine viel
> kleinere und viel stressigere als die, die
> eigentlich hätte sein sollen.
>
> Analyse – die Situation: Das letzte Jahr hat uns ein paar Demo-Verbote
> beschert.
>
> Grundsätzlich ist natürlich jedes Verbot lästig. Besonders lästig ist
> aber ein Verbot, das eine größer angelegte
> Demo betrifft. Die Organisationskosten, die dann „in den Sand gesetzt"
> sind, sind höher. Die Zahl der Menschen,
> die frustriert sind, ist größer. Und so weiter rund so fort. Also
> ergibt
> sich: Das Verbot einer Demo, an der
> erwartungsgemäß tausend Leute teilgenommen hätten, ist zehnmal so
> schädlich wie das Verbot einer Demo, bei
> der wir nur mit hundert Teilnehmern hätten rechnen können.Die großen
> Demo-Verbote des letzten Jahres waren:
>
> - Bremen, 1. Mai, mit vermutlich viertausend oder mehr Teilnehmern.
>
> - Hamburg, im Juni, mit vermutlich tausendfünfhundert Teilnehmern.
>
> - Göttingen, 6. November, mit vermutlich tausend bis tausendfünfhundert
> Teilnehmern.
>
> - Braunschweig, 4. Dezember, mit vermutlich an tausend Teilnehmern.
>
>
>
> Also vier Demos mit zusammen vielleicht achttausend Leuten, was
> natürlich eine ganze Menge ist.
>
> Bei den Verbotsbegründungen der Behörden (und der Gerichte!) hat sich
> eine neue Methode herauskristallisiert.
> Früher beruhten Verbote hauptsächlich auf angeblichen Straftaten, die
> von unserer Seite aus zu erwarten waren.
> Das war natürlich nicht haltbar. Die „neue Generation" der Verbote
> führt
> das teilweise mit auf. Aber sie
> argumentieren immer häufiger auch mit dem „Polizeilichen Notstand". Die
> Demo im Juni in Hamburg
> beispielsweise wurde nur und ausschließlich mit „Notstand" begründet,
> nicht mit von unserer Seite zu
> erwartenden Straftaten. Bei den Verboten in Bremen, Göttingen und
> Braunschweig spielte der „Notstand"
> ebenfalls eine gewichtige Rolle, wenn auch nicht immer die alleinige.
>
> Damit kristallisiert sich folgendes heraus:
>
> Je größer eine Demo von uns angelegt und geplant ist, desto mehr
> mobilisieren die Linken. – Da wir viel mehr
> Aktionen machen als früher, bekommen sie für kleinere Aktionen ihre
> Leute teilweise kaum noch auf die Straße.
> Oder nur so wenige, daß die Polizei sie problemlos in den Griff
> bekommen
> kann. Bei größeren Demos ist der
> Erfolgsdruck der Linken größer, also mobilisieren sie stärker und
> dürfen
> auch mit mehr (gewaltbereiten) Leuten
> rechnen, also ist die Sache für die Polizei schwieriger zu „handeln",
> wie man neudeutsch sagt.
>
> 3. Perspektive – was zu tun wäre:Wir haben zwei Möglichkeiten, hierauf
> strategisch zu reagieren.
>
> Möglichkeit eins ist, daß wir uns diesem systematischen Druck in
> gewissem Sinne beugen. Viele kleine Demos
> statt einiger großer Demos. Dann passiert es uns allerdings immer
> öfter,
> daß wir selbst nicht imstande wären,
> unsere Aktionen zu schützen, wenn es die Polizei nicht gäbe. Das ist
> nicht so dramatisch, weil wir im Regelfall
> (mehr oder minder!) mit der polizeilichen Unterstützung rechnen dürfen.
> Aber es gibt der Antifa Auftrieb, wenn sie
> sich überlegen fühlen darf. Stehen wir mit tausend Mann auf der Straße
> und sie mit ein paar hundert, wissen sie
> genau, daß die Polizei eher sie vor uns als und vor ihnen schützt. Dann
> können sie aus größerer Entfernung ein
> paar Steine werfen, wir können nicht an sie heran, weil die
> Polizeiketten uns abblocken, und die Polizei greift sich
> die Störer oder greift sie sich auch nicht, wie sie gerade drauf sind.
> So was gefällt den Linken. Trotzdem sind
> etliche von ihnen Realisten. Denn wenn es zu einer offenen
> Konfrontation
> ohne diese unfreiwilligen „Schiris in
> grün" käme, wäre klar, daß ein paar hundert von ihnen gegen tausend von
> uns null Chance hätten. Die wären
> schneller verjagt, als ein gläubiger Katholik ein „Ave Maria" beten
> könnte.Wenn aber hundert von uns gegen ein
> paar hundert von denen stehen, sieht es schon anders aus. Dann hätten
> sie – wäre nicht die Polizei oder würde
> diese ihrem Auftrag nicht nachkommen, womit man ja auch immer mal
> rechnen muß – eine echte Chance,
> unsere Demo gründlich auseinanderzunehmen und im schlimmsten Falle uns
> in alle Winde zu zerstreuen und
> niederzuknüppeln. Allein das Wissen um diese hypothetische Möglichkeit
> spielt für das linke, das
> antifaschistische Bewußtsein eine ungeheure Rolle. (Antifa heißt
> Angriff, ist noch immer ihre Parole. Auch wenn
> ihre Angriffe schwächer werden und manchmal sogar lächerlich
> wirken.)Indem wir uns also auf dieses Spiel
> einlassen, bewirken wir ungewollt und indirekt bei der Antifa
> Erfolgserlebnisse. Damit fördern wir ihre
> Mobilisierung, bauen sie auf und riskieren, daß ihre Störversuche oder
> konkreten Störungen immer massiver
> werden.
>
> Außerdem müssen wir natürlich die Wirkung berücksichtigen, die eine
> Demo
> auf unsere eigenen Leute hat. Den
> „Vollblutaktivisten" macht es nicht viel aus, auch mal mit einem
> kleinen
> Haufen auf der Straße zu stehen. Manche
> schätzen sogar das geradezu „familiäre" Gefühl, daß man da beinahe
> jeden
> einzelnen von den vielleicht hundert
> Frauen und Männern kennt. Was bei einer Demo mit tausend oder
> fünftausend Leuten natürlich nicht der Fall ist.
> Da fühlt man sich als anonymes Rad in einer riesigen Maschine, da
> verliert man sich in der Menge. – Der
> „Vollblutaktivist" weiß auch, daß in der Öffentlichkeit ein paar kleine
> Demos genausoviel bewirken wie eine große.
> Zehnmal hundert Menschen auf der Straße summieren sich unter dem Strich
> auch zu tausend.Nun ist aber nicht
> jeder, den wir mobilisieren können, ein „Vollblutaktivist". Es hat auch
> nicht jeder die Zeit und das Geld für häufige
> Demo-Teilnahme,. Viele, sehr viele können oder wollen sich das nicht
> einmal im Monat leisten oder sogar alle
> zwei Wochen, sondern vielleicht einmal im Vierteljahr, einmal im halben
> Jahr... – Oder sie wollen aus beruflichen
> oder sonstigen Gründen gern den Schutz der Anonymität einer großen
> Masse, wollen nur ein Punkt in der Menge
> sein und nicht ein Gesicht, das Chef oder Nachbarn oder sonstwer
> plötzlich in der Zeitung oder im Fernsehen
> sehen...Auf größere Mobilisierung zu verzichten, ist also nicht nur ein
> politischer Stillstand, es ist schlimmer
> noch, es ist ein Rückschritt. Es demotiviert schon vorhandene
> personelle
> Quellen und hindert uns an der
> Erschließung neuer Quellen.
>
> Möglichkeit eins ist also zu verwerfen. – Was nicht heißt, daß wir nur
> noch große Demos machen sollten und auf
> die kleineren gänzlich verzichten sollten. Sie sind durchaus nützlich
> zur Ergänzung. Als Angebot an die
> Aktivisten. Und um auch kurzfristig zu aktuellen Themen Stellung nehmen
> zu können, so wie es beispielsweise
> zweimal kurz hintereinander in Hamburg geschehen ist. (Mit den
> Veranstaltungen vom 27. November sowie vom 8.
> Januar.) Aber wir müssen beides haben, wir müssen die kleineren
> Aktionen
> vor Ort oder auf regionaler Ebene
> haben, und auch die größer angelegten, die sozusagen politisch
> prestigeträchtigen.
>
> Also Möglichkeit zwei:
>
> Der Rechtskampf muß intensiviert werden.
>
> Es reicht nicht mehr aus, die Verbote nur auf dem Eilwege vor Gericht
> anzufechten und dann die Hände in den
> Schoß zu legen und zu warten, ob das VG oder das OVG gnädigerweise ein
> Verbot außer Vollzug setzen oder
> ärgerlicherweise bestätigen. Eine juristische Offensive muß her. Eine
> Grundsatzentscheidung, die über alle
> OVG-Bezirke hinausreicht. Also ein Eilbeschluß des
> Bundesverfassungsgerichts.
>
> Das geht nicht von heut auf morgen. Das BVerfG drückt sich vor solchen
> Entscheidungen, wenn es kann. Und
> dann ist keine Entscheidung im konkreten Fall für uns eine negative
> Entscheidung. Denn wir sind es ja, die etwas
> vom Gericht wollen, nicht umgekehrt.
>
> Indes funktioniert diese Vogel-Strauß-Politik des höchsten deutschen
> Gerichts nicht immer. Wenn der das
> Verfahren führende Anwalt rechtzeitig die Einrichtung eines Notdienstes
> beantragt und wenn solche Fälle in
> vergleichbarer Form sich immer häufiger wiederholen, hat das BVerfG
> schlußendlich keine andere Möglichkeit, als
> mal eine Entscheidung zu erlassen.
>
> Wir haben dies im Jahre 1998 im Fall der beiden Tangerhütte-Verbote
> erlebt. Bei „Tangerhütte I" hat das BVerfG
> nicht entschieden. Dann wurde für zwei Wochen später die selbe Demo
> unter den selben Umständen noch mal
> angemeldet. Da gab es dann eine Entscheidung. Diese Entscheidung hatte
> noch keine grundsätzliche
> Bedeutung. Sie hatte verschiedene Vorbehalte. Aber sie war ein erster
> Schritt. Sie war sozusagen ausbaufähig.In
> der vorliegenden Situation muß ein Grundsatzbeschluß her, wo die
> Grenzen
> des überstrapazierten „Polizeilichen
> Notstandes" sind.Aus praktischen Erwägungen können Freie Kräfte diesen
> Beschluß schlecht erzwingen.
> Erstens genießen Freie Kräfte nicht das Parteienprivileg, das natürlich
> für die Durchsetzung des
> Demonstrationsrechts sehr hilfreich ist. Und zweitens sind Freie Kräfte
> nicht organisiert, haben keine Kasse, aus
> der heraus ein Rechtskampf zu bestreiten wäre. Die örtlichen
> Kleingruppen haben nicht die Mittel, die dafür
> anfallenden Kosten zu übernehmen. Und die Bildung eines zentralen
> Rechtskampffonds dürfte angesichts der
> ohnehin hohen finanziellen Belastungen der Aktivisten schwierig bis
> unmöglich sein.
>
> Diese Hindernisse gelten natürlich nicht für eine Partei wie die NPD.
> Sie hat den Status, und sie hat eine Kasse.
>
> Zur Zeit scheint es, als würde die NPD eher ein wenig zögerlich an
> diese
> Sache herangehen. Der Parteianwalt Dr.
> Eisenecker wurde damit zitiert: Wenn das schiefgeht, dann sind wir
> schlimmer dran als vorher. – Ich sehe nicht,
> warum es schiefgehen sollte. Und selbst wenn, dann wären wir
> mittelfristig in jedem Fall schlechter dran, wenn wir
> uns von dem freiwilligen oder unfreiwilligen Bündnis aus Antifa und
> Verbotsbehörde so in die Defensive zwingen
> ließen, als wenn wir die öffentliche Frage nach der Rechtsstaatlichkeit
> der BRD stellen und das
> Verfassungsgericht zu einer Antwort zwingen.Merkwürdigerweise sieht es
> ja fast so aus: Je mehr die NPD ihren
> Parteiapparat ausbaut, desto lieber scheint sie sich mit ihren eigenen
> Interna zu befassen. – Deshalb muß sie
> nötigenfalls „zum Jagen getragen" werden. Wenn nötig dadurch, daß
> sowohl
> von innen als auch von außen immer
> wieder die Frage aufgeworfen wird, wie lange man sich so etwas noch
> gefallen lassen will oder wann man endlich
> mal alle, in dem Fall: wirklich alle Rechtsmittel dagegen
> ausschöpft.Hamburg, im Januar 2ooo
>
> - Christian Worch -
>
>
>
> Anlage 1
> Abschrift des
> Bundesverfassungsgerichts-Beschlusses in der
> Sache "Tangerhütte II" vom 25. Juli 1998
>
> --

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Nur Unerwachsene, Schwächlinge und Feiglinge sind stolz darauf, einer
Nation anzugehören. Wer selbst gehen kann, braucht kein Vaterland.
(Wiglaf Droste)
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09.10.2000
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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