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Potsdam: Britischer Journalist von Nazis angegriffen und von Polizei misshandelt

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Potsdam, 27.08.2000


Pressemitteilung der Opferperspektive

Britischer Journalist in Rathenow von Skinhead angegriffen und von
Polizei misshandelt

Der britische Journalist chinesischer Herkunft Justin Jin, der sich
für eine Fotoreportage über Rassismus in Rathenow aufhielt, wurde am
späten Freitagabend auf der Straße von einem rechtsextremen Skinhead
angegriffen. Herr Jin war unterwegs mit drei afrikanischen
Asylbewerbern, darunter zwei Sprecher der Rathenower Flüchtlinge, die
im Frühjahr mit einem Memorandum ihre Verlegung aus Brandenburg
gefordert hatten, da der Staat für ihre Sicherheit nicht garantieren
könne. Von dem Skinhead wurden sie mit den Worten ?Was macht ihr hier,
ihr Scheißneger, das ist mein Privatgelände? angepöbelt. Einer der
Afrikaner widersprach, worauf der Skinhead ihn am Hemd packte und mit
einem Pflasterstein bedrohte. Als Herr Jin die Szene fotografieren
wollte, wandte sich die Aggression des Skinheads gegen ihn und er
wurde mit der Faust ins Gesicht geschlagen.

Die herbeigerufene Polizei ließ jedoch jeden Respekt gegenüber den
Angegriffenen vermissen. Eine Beamtin unterhielt sich kurz mit dem
Skinhead und kam dann zu ihrer Kollegin, die, ohne den Fotoreporter
anzuhören, mit Gewalt versuchte, ihm die Kamera zu entreißen.
Währenddessen stellten sich zwei weitere Skinheads hinter die beiden
Polizistinnen und verhöhnten Herrn Jin. Eine Beamtin verdrehte Herrn
Jin die Arme auf dem Rücken und zerrte ihn in den Streifenwagen. Mit
Gewalt hinderte sie ihn daran, über Handy einen Anwalt anzurufen. Erst
auf der Wache bemerkten sie, dass sie es mit einem Journalisten zu tun
hatten, worauf ihr Verhalten freundlicher wurde. Nach stundenlangem
Warten wurde Herr Jin und die Zeugen aus der Wache entlassen.

Herr Jin ist über das unglaublich rüde Verhalten der deutschen Polizei
sehr empört und will sich mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde an den
Polizeipräsidenten wenden. Er sagt, dass er in Brandenburg zwar
rassistische Skinheads erwartet habe, aber nicht eine Polizei, die
sich mit rechtsextremen Tätern verbrüdert und die Opfer misshandelt.
Sein Vertrauen in die deutsche Polizei ist stark erschüttert.

Gerade in der gegenwärtigen Debatte über Rechtsextremismus, in der
viel die Rede ist von härterem polizeilichem Vorgehen gegen rechte
Gewalttäter, darf nach Ansicht des Vereins Opferperspektive die
Tatsache rassistischer Tendenzen in der Polizei nicht unter den Tisch
fallen. Erforderlich ist eine grundlegende Änderung des polizeilichen
Verhaltens gegenüber Opfern rassistischer Gewalt, aber auch eine
Änderung der allgemeinen Polizei-Praxis gegenüber Ausländern. Der
Opferperspektive sind viele Fälle bekannt, in denen die Polizei
rassistische Feindbilder praktisch umsetzt, die Klischees über
kriminelle Ausländer.

 

27.08.2000
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