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Büren: Flucht ist kein Verbrechen

Flucht ist kein Verbrechen
Demonstration in Büren gegen Abschiebeknast. Polizeichaos und
Verhaftungen
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Am Sonntag, den 21.5. fand im westfälischen Büren eine Demonstration unter
dem Motto »Flucht ist kein Verbrechen« gegen die größte
Abschiebehaftanstalt in Deutschland statt. Mehr als 500 Gegner der
bundesdeutschen Abschiebepraxis zogen zur JVA, in der über 600
Flüchtlinge einsitzen, und gedachten zunächst Rachid Sbaai, der dort
am 30. August vorigen Jahres ums Leben gekommen war. Der Marokkaner
hatte Feuer in seiner Zelle gelegt und war an den Folgen einer
Rauchvergiftung gestorben. Es folgten Grußworte in verschiedenen
Sprachen an die Gefangenen sowie Berichte über die miserablen
Haftbedingungen in Büren.

In Autos ging es dann zurück von der abseits der Stadt im Wald
gelegenen Haftanstalt zum Bürener Bahnhof. Auf einer Kundgebung wurden
die Probleme illegalisierter Flüchtlinge, die geplante Abschiebung von
über tausend Prostituierten aus Frankfurt/Main sowie die Rolle der
Fluggesellschaft Lufthansa thematisiert. Obwohl die anschließende
Demonstration absolut friedlich verlief, kam es zu wiederholten
Übergriffen durch die Polizei und auch zu Provokationen von rechten
Jugendlichen aus Büren.

Chaos gab es bei der Polizei. Zur Verwunderung der Demoleitung war die
Leitung des Einsatzes von Paderborn nach Bielefeld übergeben worden.
Die Polizeikräfte aus Bielefeld waren überfordert, kannten zum Teil
nicht einmal die abgesprochene Route und mußten auf Kartenmaterial der
Demonstranten zurückgreifen. Entgegen der Absprachen fanden im Vorfeld
der Demonstration massive Kontrollen statt. Zur Identitätsprüfung
wurden fünf Demonstranten ohne Personalausweis festgenommen und über
vier Stunden im Paderborner Polizeipräsidium festgehalten.

Zwischendurch war offenbar die Kommunikation der Polizei
zusammengebrochen. So mußte die Demonstration einmal stoppen, weil
sich die Fahrzeuge der Polizei gegenseitig den Weg versperrten. Ein
behelmter Einsatzzug der Polizei in Kampfmontur hatte offenbar keinen
Einsatzbefehl und stand unvermittelt vor dem Demozug. Auf leitende
Beamte, die den Zug zum Weitergehen aufforderten, reagierten die
Polizisten nicht, da offenbar die Befehlsstrukturen nicht mehr
stimmten. Während der Abschlußkundgebung auf dem Marktplatz ertönte
plötzlich Musik aus dem Lautsprecherwagen der Polizei. Die Polizisten
im Wagen konnten ihre Anlage nicht bedienen.

Trotz solcher Showeinlagen gab die Polizei nicht nur Grund zum Lachen:
Ohne ersichtlichen Grund ging ein Greiftrupp in den Demozug und
verhaftete eine Person. Dabei wurde eine Demonstrantin durch einen
Schlagstockeinsatz verletzt. Aufgrund der vielen Einsatzfehler der
Polizei war die Atmosphäre sehr gespannt, größere Auseinandersetzungen
waren zu befürchten. Um die Situation zu beruhigen, wurde ein
Redebeitrag von der Demoleitung abgesagt und die Demonstration
abgebrochen.

Frank Gockel

 

29.05.2000
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Antirassismus]  Zurück zur Übersicht

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