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Kurdistan: Ein Jahr danach: Dem Frieden eine Chance!

Internationale Initiative
Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan
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15.02.2000

An die Redaktionen In- und Ausland / Türkei / Kurdistan/ Mittlerer Osten

Pressemitteilung

Ein Jahr danach: Dem Frieden eine Chance!

Heute vor einem Jahr wurde der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan aus der
griechischen Botschaft in Nairobi / Kenia entführt und in die Türkei
verschleppt - im offensichtlichen Zusammenwirken verschiedener
Geheimdienste und unter der eingestandenen Führung der amerikanischen
CIA. Grundlage hierfür war der Entschluss, die kurdische
Befreiungsbewegung entscheidend zu schwächen und handlungsunfähig zu
machen.
In diesem Jahr erlebte die Türkei, aber auch die kurdische
Befreiungsbewegung beachtliche Veränderungen. Das von A. Öcalan während
seines Prozesses vorgeschlagene Modell einer politischen Lösung der
kurdischen Frage Rahmen einer Demokratischen Republik, löste in der
Türkei eine breite Diskussion über eine längst überfällige
Demokratisierung aus. Schon mehrmals machte die kurdische Seite mit
mehreren Waffenstillständen ihre Berreitschaft für einen politischen
Lösungsweg deutlich. Zwei Friedensdelegationen bekräftigten nochmals die
Ernsthaftigkeit der Friedensbemühungen seitens der PKK. Wie den
offiziellen Verlautbahrungen der Organisation bezüglich ihres erst
kürzlich abgehaltenen ausserordentlichen 7. Parteikongresses zu
entnehmen ist, wurde die vorab bekanntgegebene Einstellung des
bewaffneten Kampfes offiziell bestätigt. Weiterhin deutet die
Ankündigung eines ausgearbeiteten Friedensplanes und der Beschluss, von
nun ab den Kampf mit ausschließlich politischen Mitteln zu führen, eine
Fortsetzung des eingeschlagenen Kurses an.
Angeregt durch diese Schritte hat die türkische Politik, ausgehend von
der denkbar ungünstigsten Machtkonstellation, erste Schritte in Richtung
auf eine Demokratisierung unternommen. Anfang Dezember vorigen Jahres
wurde der Türkei der Kandidatenstatus für die EU-Mitgliedschaft
zuerkannt, was weitere öffentliche Diskussionen um einen demokratischen
Umbau nach sich zog. Am 12. Januar beschlossen die Führer der
Regierungsparteien, die Hinrichtung A. Öcalans bis zur Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte auszusetzen. Präsident
Demirel und Ministerpräsident Ecevit deuteten an, dass sich die Türkei
dem Urteil beugen würde. Dies hat wiederum zu ernsthaften Verstimmungen
zwischen Nutzniessern des Krieges und Befürworter einer auf Stabilität
ausgerichteten Politik des demokratischen Wandels geführt.
Seit dem 18. Januar gehen türkische Ordnungskräfte gegen die
faschistische Konterguerilla Hisbollah vor und haben mittlerweile über
tausend Verdächtige verhaftet und fast hundert Leichen von zu Tode
gefolterten großenteils kurdischen Menschen gefunden. Ministerpräsident
Ecevit räumte jetzt ein, „dass die Hisbollah den Staat infiltriert haben
könnte“ - obwohl in der Vergangenheit immer wieder verschiedenste
Menschenrechtsorganisationen auf die Verquickung von staatlichen Stellen
und der Hisbollah hingewiesen haben. Auch wenn diese Entwicklung positiv
zu bewerten ist, so sind diese Schritte für einen tiefgreifenden
demokratischen Wandel nicht ausreichend. Ermutigt durch die
Friedensbemühungen der kurdischen Seite, dürfte die bisher nur begrenzt
geführte Diskussion um grundlegende Verfassungsänderungen mehr an
Auftrieb erfahren.
Nachdrücklich muss festgestellt werden: keiner dieser Schritte wäre ohne
die kurdische Friedensinitiative, ohne die hochgradige Motivation,
Organisiertheit und Disziplin der kurdischen Bevölkerung in der Türkei
und Diaspora möglich gewesen. Doch wird diese Tatsache weder vom
türkischen Staat noch von der deutschen Regierung ausreichend gewürdigt.
Noch immer wird versucht, die PKK aus einem möglichen
Demokratisierungsprozess auszugrenzen. Nach wie vor ist man in
vertrauter Zweisamkeit bestrebt, ihren Einfluss zurückzudrängen, sie und
ihr Umfeld auch weiterhin zu illegalisieren und zu kriminalisieren. Das
eingeleitete Panzergeschäft in Deutschland beweist: trotz rot-grüner
Regierung geht es noch immer um Profit und Vormacht, nicht um
Menschenrechte und demokratische Selbstbestimmung. Doch auch die
internationale Staatengemeinschaft muss sich an den demokratischen
Maßstäben messen lassen, die sie gegenüber anderen einfordert. Die
Geschichte zeigt, dass immer nur ein gerechter Frieden ein dauerhafter
sein kann. Ein Frieden wird jedoch immer zwischen Gegnern geschlossen.
Deshalb kann es eine wirkliche Lösung der kurdischen Frage in der Türkei
nur mit, nicht ohne die PKK geben. Die kurdische Seite hat gezeigt, dass
sie zu einem konstruktiven Handeln und demokratischen Wandel fähig ist.
Es liegt nun an der Türkei und der internationalen Staatengemeinschaft,
eine gleichfalls konstruktive Haltung einzunehmen, um dem sich
abzeichnenden Friedensprozess in der Türkei eine reale Chance zu geben.
Gerade weil der Fall Öcalan in dieser Hinsicht eine Schlüsselfunktion
einnimmt, ist die entgültige Aufhebung des Todesurteils gegenüber
Abdullah Öcalan unerlässlich.
Wir rufen alle fortschrittlichen und am Frieden interessierten
Organisationen, wie Institutionen auf, alles zu unternehmen, damit aus
der momentanen Deeskalation im türkisch-kurdischen Konflikt ein
dauerhafter Frieden erwächst.

„Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan und der Türkei“

 

20.02.2000
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