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Italien: Ermittlungen gegen AnarchokologistInnen

10. Dezember 1998: Zwei Nestlé Kekse mit Rattengift werden an
Nachrichtenagenturen in Bologna und Florenz verschickt. Es wird behauptet,
daß noch mehr von diesen Keksen in Supermärkten vergiftet worden sind. Die
Kekse werden daraufhin aus den Regalen der Geschäfte genommen, und dies
nicht nur in den beiden genannten Städten, sondern in ganz Italien und sogar
im italienisch sprechenden Teil der Schweiz. Nestlé verliert dadurch 50
Millionen DM. Natürlich war kein einziger anderer Keks vergiftet worden. Die
Aktion zielt darauf ab den Multikonzern Nestlé wegen seiner Wirtschafts- und
Menschenrechtspolitik anzugreifen.

16. Dezember 1998: Die Polizei behauptet auf den Spuren jener A.L.F. Gruppe
(Animal Liberation Front) zu sein, welche die zwei Kekse angeblich
verschickt haben soll, und behauptet, daß es sich um die gleiche Gruppe
handele, welche bereits im Mai 1998 6 LKWs der Firma Nestlé ausgebrannt
hatte. Am 16. Dezember 1998 unternimmt die Polizei Hausdurchsuchungen in
ganz Italien, um eben mehr über die A.L.F. herauszufinden, die
"Organisation", die Verbindungen zwischen verschiedenen Gruppen und so
weiter. Sie haben die Häuser und Wohnungen jener Leute durchsucht, welche
die Zeitschriften "animals" und "terra selvaggia" (beides
anarcho-ökologische Publikationen) herausgeben, und eben auch jener
AktistInnen, welche in Vergangenheit bereits für ähnliche Aktionen verhaftet
worden waren. Die Ermittlungen wurden getrennt vorgenommen von der Polizei
aus Bologna und Florenz. Die einzige Spur, die sie hatten, war eine
Identifikation durch einen Postbeamten in Florenz, welcher behauptete, daß
jener Mann, welcher das Päckchen mit den Keksen verschickt hatte, zwischen
25 und 30 Jahren alt sei, von kleiner Statur, und eine Brille, einen Schal
und eine Mütze getragen hätte. Der Postarbeiter in Bologna erinnerte sich
lediglich daran, daß es ein 30 jähriger Mann gewesen sei, welcher einen
peruvianischen Hut getragen habe.
Jene Person gegen welche nun ermittelt wurde, war ein Mann Anfangs der 20er.
Nur die Tatsache, daß er innerhalb der anarcho-ökologischen Szene aktiv war
und, daß er eben nicht sehr groß ist, machten ihn zum Verdächtigen. Aber die
Polizei war sich ziemlich sicher, daß er diese Aktion nicht alleine hatte
durchführen können. So kam es zu erneuten Hausdurchsuchungen in Florenz,
Bologna, Pisa, Livorno, Parma, Rimini und Udine.

17. Dezember 1998: Der Verdächtige aus Florenz mußte sich zur
Anti-Terrorismus Brigade der Polizei begeben, zwecks einer Gegenüberstellung
mit dem Postbeamten. Da dieser den Mann aber nicht als jene identifizieren
konnte, der auch das Päckchen aufgegeben hatte, verliert die Polizei hiermit
ihre einzige Spur.

Februar 1999: In den Tageszeitungen erscheint ein Artikel, welcher vorgibt,
daß der Fall geschlossen worden sei. Natürlich wird keineswegs erwähnt, daß
die Ermittlungen der Polizei ein Reinfall gewesen sind. Sie lassen die Leute
im Glauben, die Polizei hätte die "wahren Kriminellen" ausfindig gemacht.

Die meisten Personen, gegen welche in diesem Fall ermittelt wurde, warten
immer noch auf die Rückgabe ihrer beschlagnahmten Sachen (Telefonbücher,
Briefe, Plakate usw.). Die ursprüngliche Tat war "Vergiftung" gewesen, mit
einer möglichen Verurteilung von mindestens 15 Jahren Gefängnis bis hin zu
lebenslänglich. Aber als dann keine weiteren vergifteten Kekse gefunden
wurden, wurde die Tat in "Alarm auslösend" ummodelliert, auf welche eine
saftige Geldstrafe steht.
Bei den Durchsuchungen in Bergamo waren die Adressen all jener beschlagnahmt
worden, welche Interesse an den Aktivitäten der A.L.F. gezeigt hatten. Nun
stehen deshalb über 400 Personen unter Polizeikontrolle, und etliche Briefe
oder Päckchen treffen geöffnet oder ohne Inhalt ein. Der italienische Staat
gründet derzeit gerade eine anti-ökoterroristische Einheit, genau wie
A.R.N.I. in Großbritannien, eben mit Hilf des S.I.S.D.E. (italienischer
Geheimdienst). Sie rekrutieren jetzt junge Leute, um diese in die Bewegung
einzuschleusen. Diese 400 Adressen werden ein sehr hilfreicher Start für sie
sein... Dennoch wird es sehr schwer werden die kleinen Affinitätsgruppen,
die in Italien aktiv sind, zu infiltrieren. Und doch sollten die Leute sehr
vorsichtig sein... Dies stellt ein erneutes Beispiel dar wie die Polizei
arbeitet und versucht unsere Solidarität zu brechen und unsere Bewegung zu
schwächen. Es zeigt wieder einmal, daß es äußerst wichtig ist, daß wir
wissen wie wir uns in derartigen Situationen zu verhalten haben. Außerdem
sollten die Adressen von AktivistInnen mit äußerster Vorsicht gehandhabt
werden, so daß die Polizei nicht unsere Kontakte und Verbindungen
durchblicken kann.

Artikel vefaßt von einem Anarcho-Ökologisten aus Italien. (Leider keine
Adresse erhältlich)
Übersetzt ins Deutsche von ABC Innsbruck.

Kontakt zu Anarchist Black Cross - Innsbruck:
LOM
Postlagernd
6024 Innsbruck
Austria

e-mail: abcibk@hotmail.com

(PS: Noch einmal... ABC nimmt keine Wertungen bezüglich Theorien und
Aktionen vor. Es geht uns darum gegen Repression vorzugehen und Verfolgte zu
unterstützen.)

 

10.06.1999
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