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Berlin: Newroz-Demonstration

                          

Freitag, die Nacht vom 12. auf den 13. Februar in der ostdeutschen Kleinstadt Guben: Ein algerischer Flüchtling wird von einem Mob Jungnazis in den Tod gehetzt. Die Tat ruft entsetzen in der Öffentlichkeit hervor , will man sich doch als "Tolerantes Brandenburg" der Welt präsentieren. Ministerpräsident Manfred Stolpe eilt sofort zum Tatort um sein Bedauern auszudrücken, vor allem aber um den Ruf des Wirtschafsstandort Brandenburg zu retten. Als obe es da noch etwas zu retten gäbe: So wurde jüngst in einem Artikel über Krisengebiete in Europa der US-amerikanischen "Times" vorgeschlagen, daß auch in Brandenburg UN-Truppen stationiert werden müßten, da dort für Flüchtlinge eine ständig lebensbedrohliche Situation herrscht. Für eine kurze Zeit schlugen in der Öffentlichkeit und den Medien die Wellen über den ganz alltäglichen Rassismus hoch. Mittwoch, 17. Februar, früher Morgen: In ganz Europa kommt es zu Botschaftsbesetzungen, Demonstrationen und weiteren Protestaktionen von kurdischen Menschen. Sie protestieren gegen die Entführung des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan durch den türkischen und amerikanischen Geheimdienst. Am darauffolgenden Donnerstag, den 18. Februar kommt es zu einem traurigen Höhepunkt: Vier unbewaffnete kurdische DemonstrantInnen werden bei dem Versuch die israelische Botschaft zu besetzen von israelischen Sicherheitskräften erschossen, viele weitere zum Teil schwer verletzt. Die deutsche Polizei, die ebenfalls vor Ort ist, bleibt nicht untätig: Aber anstatt für schnelle Hilfe zu sorgen, wird von hinten auf die KurdInnen, die vor der Botschaft stehen eingeschlagen, auch Menschen, die schwer verletzt und blutend am Boden liegen werden noch mit Schlägen und Tritten traktiert. Antifaschismus ist international! Doch statt einem Aufschrei der Empörung schwenkt die Stimmung in der BRD sofort um 180 Grad: war man eben noch betroffen über den Tod des Flüchtlings in Guben, so werden jetzt die bereits aus den Jahren 93/94 bekannten rassistischen Stereotypen vom "Terrorkurden", "Kurden-Krieg", etc. hervorgezogen. Sofort wird von der Bundesregierung laut überlegt, daß man nun endlich die Gesetze so ändern müßte, daß auch in Länder abgeschoben werden darf, in denen Folter oder Todesstrafe drohen (was schon längst Praxis ist). Begründet wird das dann unter anderem damit, daß es nicht zu dulden sei, daß in Deutschland Konflikte auf der Straße ausgetragen werden, mit denen die BRD angeblich nichts zu tun hat. Dabei ist die (Mit-) Verantwortung der jetzigen und der vorangegangenen Bundesregierung für die blutige Unterdrückung der KurdInnen in der Türkei nicht von der Hand zu weisen: Bilder auf denen zu sehen war, wie ein kurdischer Gefangener von türkischen Militärs an einen Panzer deutscher Herkunft angebunden und zu Tode geschleift wurde, gingen um die Welt. Seit 1983 der bewaffnete Kampf von der PKK gegen das türkische Militär aufgenommen wurde, schenkte die BRD der Türkei Waffen im Wert von Milliarden DM. Auch momentan wird wieder mit der türkischen Regierung über erneute Waffenlieferungen verhandelt. Daß die vorgeschobene Bedingung, daß die Waffen nicht gegen KurdInnen eingesetzt werden, nicht mehr als ein schlechter Witz ist, weiß auch die Bundesregierung nur zu gut. Aber auch auf eigenem Terrain beteiligt sich die BRD tatkräftig an der Unterdrückung der kurdischen Befreiungsbewegung. Im November 1993 wurde die PKK und viele weitere kurdische Vereine in der BRD verboten, seither hat es in deutschen Gefängnissen etliche hundert kurdische Gefangene gegeben. In Berlin wurde an dem Wochenende nach der Erschießung der drei KurdInnen ein Demonstrationsverbot über ganz Berlin verhängt, in Kreuzberg wurde vor dem kurdischen Kulturverein ein martialisches Polizeiaufgebot aufgefahren. Die bundesdeutsche Linke, inklusive Bündnis 90/Die Grünen und PDS schweigt ob dieser polizeistaatlichen Maßnahmen, lediglich von Autonomen, AntifaschistInnen und Linksradikalen kommt es zu vereinzelten Versuchen die KurdInnen zu unterstützen und gegen die rassistische Hetze Stellung zu beziehen. Es wird einfach übersehen, was mit Verweis auf die angeblichen "Gewalttaten" der KurdInnen durchgesetzt werden soll: Die bereits jetzt schon unerträglich schikanösen Bedingungen für alle "Nicht-Deutschen” sollen weiter verschärft werden, die oftmals tödlichen Abschiebungen noch weiter erleichtert werden und die Möglichkeiten des Widerstands gegen diese Verhältnisse für alle ohne deutschen Paß auf ein Minimum, nämlich auf den formalen, aber keinesfalls praktischen Protest beschränkt werden. Für AntifaschistInnen und Linksradikale sollte es selbstverständlich sein, sich mit allen praktisch zu solidarisieren die gegen ein reaktionäres System kämpfen, sei es nun hier oder in der Türkei., und gegen die sich die rassistische Hetze der Herrschenden und der Medien richtet. Wir beziehen uns hierbei auf die Aspekte des kurdischen Befreiungskampfes die einen emanzipatorischen Charakter haben, wie z.B. die antifeudalen Kämpfe oder die antipatriarchale Ausrichtung. Deshalb rufen wir dazu auf, sich an der diesjährigen Demonstration anlässlich des Newroz-Festes in Berlin zu beteiligen. Demonstration: 17:00 Uhr Hermannplatz, Berlin Quelle: Antifaschistische Aktion Berlin [AAB] http://www.nadir.org/nadir/initiativ/aab

 

16.03.1999
Antifaschistische Aktion Berlin [AAB]    Zurück zur Übersicht

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