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Leisnig: Pressemitteilung zu verhinderter Demo in Leisnig

Pressemitteilung Nr. 2
des Pressebueros fuer die geplante antifaschistische Demonstration am
4.April in Leisnig/Sachsen

+ Martialitisches Polizeiaufgebot setzte Demonstrationsverbot durch
+ Polizei erteilt dutzende Platzverweise
+ Ehrung der Opfer des Faschismus in Doeben am dortigen Mahnmal von Polizei
aufgeloest
+ mindesetens 12 Festnahmen
+ Polizei agierte mit voellig ueberzogener Haerte
+ brutale Ausfaelle einzelner Polizisten
+ keine Neonazis in Leisnig gesichtet


Das durch das Saechsische Oberverwaltungsgericht Bautzen verfuegte
Demonstrationsverbot wurde mittels eines martialistischen Polizeiaufgebots
mit Beamten aus Thueringen, Sachsen und mit Unterstuetzung des
Bundesgrenzschutzes durchgesetzt. Beispielsweise sprengte die Polizei den
Versuch, Blumen am Doebelner Mahnmal fuer die Opfer des Faschismuses
niederzulegen.
Insgesammt erteilte die Polizei nach Informationen des Pressebueros dutzende
Platzverweise an AntifaschistInnen. Mindestens 14 Personen, darunter mehrere
Minderjaehrige, wurden willkuerlich verhaftet. Ein Grund der Festnahme wurde
den in Gewahrsamgenommenen generell nicht mitgeteilt. Nach bisherigem
Informationsstand des Pressebueros ist davon auszugehen, dass die Festnahmen
willkuerlich erfolgten.
Augenzeugen und Betroffene teilten dem Pressebuero mit, dass die Polizei mit
vollig ueberzogener Haerte vorging. So wurde eine Gruppe von 15
AntifaschistInnen auf dem Bahnhof Boebeln von Thueringer Beamten
urploetzlich angegriffen ! Sie jagten die Gruppe mehrer hundert Meter durch
Doeben. Personen, deren die Beamten habhaft werden konnten, wurden brutal zu
boden gestreckt. Einige Betroffene erlitten dabei Prellungen im Bereich des
Brustkorbes, da die Beamten sich mit ganzer Koerperkraft auf die Betroffenen
stemmten.
Am Bahnhof Doeben wurden rund einhundert Antifaschistinnen, die die Kunde
vom Demonstrationsverbot nicht mehr rechtzeitig erreichte, gemeinsam in
einen Zug nach Dresden verfrachtet. Nach nur wenigen hundert Metern wurde
der Zug vom BGS gestoppt und die AntifaschistInnen aus dem Zug gezerrt.
offensichtlich wurde hier der Versuch unternommen, polizeiliche Massnahmen
nicht im Lichte der Oeffentlichkeit durchfuehren zu muessen. Teilweise
wurden die AntifaschistInnen zu boden gezerrt und mit Handschellen auf dem
Ruecken gefesselt.
Auch von AntifaschistInnen, die mit dem Auto unverrichteter Dinge anreisen
wollten, liegen Berichte vor. So wurden mehrere Insassen von PKW's brutal
aus den Autos gezerrt und zu Boden gerissen. Ein Antifaschist erlitt dabei
Schnittverletzungen. Teilweise mussten sich Personen bis zu vier Mal
kontrollieren lassen.
Mehrmals am Tag kesselte die Polizei kleinere Gruepchen von
AntifaschistInnen ein, ohne dafuer einen Grund anzugeben.
Nach vorligenden Informationen kam es darueberhinaus zu brutalen Ausfaellen
einzelner Polizisten vor allem aus Erfurt. Mehrere Antifas berichten von
Uebergriffen seitens der Beamten, bei denen diese auf Betroffene brutal
einschlugen.
Das Pressebuero weist an dieser Stelle darauf hin, dass bei
AntifaschistInnen keinerlei Gegenstaende gefunden wurden, die nach dem
Versammlungsgesetzt als sogenannte waffenaehnliche Gegenstaende
interpretiert werden. Sollte es also seitens der Polizei zu einer inzwischen
obligatorischen Praesentation angeblich gefundener "Waffen" kommen, so
bittet das Pressebuero alle PressevertreterInnen um einen kritischen Umgang
mit dieser Praesentation.
Da weder in Leisnig noch im Landkreis erwaehnenswerte Neonazibewegungen
auszumachen waren, bestaetigt sich dadurch zum einen, dass die Neonazis
niemals beabsichtigte aufzumaschieren und zum andere, dass es
moeglicherweise bei einzelnen Neonazis tatsaechlich Waffenfunde gab. Das
Pressebuero bittet hier bei der Bericherstattung um eine differenzierte
Darstellung.
Nach vorliegenden Informationen wurden keine Neonazis festgenommen. Das
findet hier deshalb Erwaehnung, weil allzugerne in Pressemitteilungen der
Textbaustein "linke und rechte Stoerer" bzw. ein aehnlich lautender
Verwendung findet, obwohl es dann meisten martialistische Einsaetze
ausschliesslich gegen Antifaschistinnen gab.

Wie vom Vorbereitungskreis der geplanten Demonstration zu vernehmen war,
wird entschieden gegen das Vorgehen der Polizei protestiert und eine
sofortige Freilassung der Festgenommenen gefordert. Juristische Konsequenzen
bzw. Dienstaufsichtbeschwerden gegen die Polizei behaelt sich der
Vorbereitungskreis vor.

Leisnig am 4.April 1998

 

05.04.1998
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