Reibungsloser Ablauf dank Polizei
Resümee Antifaschistischer Gruppen aus Halle zum Naziaufmarsch in Halle-Neustadt am 07.11.

An einem Aufmarsch der Jungen Nationaldemokraten (JN), der Jugendorganisation der NPD, nahmen heute in Halle-Neustadt etwa 300 Nazis vor allem aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen teil.

Trotz massivem Mobilisierungsaufwand erreichten die Nazis damit nicht annähernd die von ihnen im Vorfeld vollmundig angekündigten Teilnehmerzahlen, viele Kameraden zogen wohl den Sangerhäuser Bierkrug dem Kampf auf der Straße vor. Somit blieben die Nazis bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr hinter ihren eigenen Möglichkeiten zurück, nachdem sie bereits am 17. Juni mit ca. 170 Leuten vergeblich versucht hatten eine Demonstration in Halle durchzuführen. Damals konnten sie aufgrund massiver Proteste nicht 100 Meter ihrer geplanten Route laufen und diskutierten noch Monate später auf ihrem Internetportal über die Anzahl demolierter PKWs.

Sammelpunkt der Nazis war heute der S-Bahnhof Halle-Neustadt, der bereits ab 10 Uhr von der Polizei weiträumig abgesperrt wurde. Die Verlegung des Demonstrationsortes nach Neustadt war Folge der massiven Proteste im Juni. Trotzdem verzögerte sich die Anreise der Nazis auch heute um 30-40 Minuten, da "am frühen Morgen Unbekannte brennende Gegenstände auf die Gleise einer S-Bahn-Strecke geworfen" hatten (mdr-aktuell).

Die GegendemonstrantInnen trafen sich in der Nähe des S-Bahnhofes. Die Bereitschaftspolizei zeigte sich von Anfang an sehr aggressiv, es wurden Platzverweise erteilt und die Anreisenden massiv kontrolliert. Die Kundgebung, die im Laufe der Zeit auf 500-600 Personen anwuchs, wurde von der Polizei eingekesselt. Es gab stundenlang keine Möglichkeit heraus- oder hereinzukommen. Dadurch bewegten sich nur wenige Gruppen, insgesamt etwa hundert Personen, im weiteren Umfeld der Demonstration. Diese hatten meist keine Chance, diese zu behindern, es kam nur zu einzelnen Störungsversuchen durch GegendemonstrantInnen.

Kritikwürdig ist auch das Verhalten einiger Teile des bürgerlichen Bündnisses, die sich mit großen SPD-Transparenten und dem Innenminister des Landes Holger Hövelmann im Polizeikessel verlustierten. Die Intentionen und die Ideologie einiger "bürgerlicher" GegendemonstrantInnen schien ein Redner zusammenzufassen, der proklamierte: "Und wir wollen keine Nazis in unserer Stadt die nicht mal von hier kommen (!) aber das Bild unserer Stadt beschmutzen." So viel Lokalpatriotismus, der einen echten halleschen Neonazi lieber sieht, als einen sächsischen, ist bezeichnend. Er zeigt, dass hier nicht Antifaschismus auf die Straße getragen wurde, sondern Standortpolitik bürgerlicher Saubermänner, die "ihr 89" und ihre ostdeutsche Stadt - die wie jede andere deutsche oder ostzonale Stadt auch ohne JN voller Rassisten und Antisemiten ist - nicht von "den Neonazis" "beschmutzt" sehen wollen.

Doch zurück zu den Knallos im Polizeikordon: Die Nazis zogen insgesamt etwa drei Stunden durch die Plattenbauviertel Halle-Neustadts, gedachten ihrem verstorbenen Guru Rieger und hielten lahme Reden. Nach Abschluss ihrer Demonstration kehrten sie mit S-Bahnen zum Hauptbahnhof zurück und reisten getrennt ab. Mit Sicherheit werden in den nächsten Tagen Berichte über die "siegreiche" Demonstration durch das hallesche "Zentrum" auftauchen, und der eigene "Erfolg" wird ebenso sicher in bekannter wahnhafter Realitätsverzerrung als Folge des eigenen "offensiven" und national-revolutionären Auftretens dargestellt, und nicht als Folge der Anwesenheit von über tausend PolizeibeamtInnen, die doch im Auftrag der - bei den parteienfinanzierten "nationalsocialist black block"-Revoluzzern so verhassten - "Plutokratie" handelten.

Es ist offensichtlich, dass die Polizeieinsatzleitung in Halle - im Gegensatz zu der in Leipzig vor einigen Wochen - den Nazis durch massive Polizeiunterstützung bei gleichzeitiger Einschränkung des Demonstrationsrechts der GegendemonstrantInnen den "Aufmarscherfolg" durch die Plattenbauten auf dem Silbertablett serviert hat. Ohne die ungewöhnlich hohe Polizeipräsenz an allen Ecken und Plätzen in Neustadt und in der halleschen Innenstadt und die parteiliche Polizeitaktik wären die Nazis wohl wieder keine hundert Meter weit gekommen.

Anbei noch einige Bilder (www.halleforum.de):

Ohne Worte
Ohne Worte

Kessel
Kessel

Kessel
Kessel

 

Hintergrund

Für den 07.11. mobilisieren nicht nur die Locals der JN, sondern ebenfalls die Bundes-JN und einige "freie" oder "halbfreie" Strukturen. Es soll der zentrale Aufmarsch zum Thema Wendejubiläum werden, das Motto: "Wir sind das Volk". Es ist davon auszugehen, dass eine relativ hohe Teilnehmerzahl erreicht wird, zumindest im Vergleich zu den letzten Aufläufen in Halle, auch wenn die Diskussionen über die Anzahl demolierter Naziautos bei vergangenen Aufmarschversuchen und die Mitwirkung gepiercter Aktivisten im Mobilisierungsvideo, die in Nachbereitungsthreads rechter Onlineforen geführt werden, für sich sprechen.

 

Infos zum Nazitreffpunkt und zur Route

Startpunkt der Nazis, so der jetzige Stand, ist der S-Bahnhof Halle-Neustadt. Die geplante Route der Nazidemo steht hingegen noch nicht genau fest. Es ist zu vermuten, dass sie versuchen werden, eine Runde zu laufen, wahrscheinlich beginnend auf der Magistrale in westlicher Richtung. Startzeit ist 11 Uhr.

Genauere Informationen zur Route werden veröffentlicht, sobald sie bekannt sind.

 

Infos zu Gegenaktivitäten / Informationsmöglichkeiten am 07.11.

Nachdem der Kundgebungsplatz der "Zivilgesellschaft" am S-Bahnhof Halle-Neustadt durch die Versammlungsbehörden verboten wurde, gab es eine geänderte Anmeldung. Als Ergebnis des Gesprächs mit der Polizei steht jetzt der sogenannte "alte Wochenmarkt" in Halle-Neustadt (Platz zwischen Albert-Einstein-Straße und Ernst-Heckelstraße) als Ort für eine Auftaktkundgebung, Startpunkt und Endpunkt für eine anschließende Gegen-Demonstration auch als Zielort der Gegen-Demo vom Salzgrafenplatz fest. Laut diversen Informationen soll es durch die Polizei ein starkes Raumtrennungskonzept geben.

Anreisenden wie auch den Leuten aus Halle sei empfohlen, sich im Raum Halle über Radio zu informieren. Die Erfahrung sagt, dass die (Vor-Ort)-Liveberichterstattung des lokalen Radiosenders Corax (UKW 95,9) bei solchen Anlässen sehr aktuell und informativ ist.

Am Tag des Naziaufmarschs wird es ein Infotelefon geben, außerdem einen Ticker, mit dessen Hilfe Ihr die aktuellen Infos per Handy abrufen könnt, wenn dieses die WAP/Internet-Funktion unterstützt. Telefonnummer und Adresse des Tickers werden am späten Abend des 06.11. hier veröffentlicht und auch auf der Karte zu finden sein, die wir dann ebenfalls hier zum Download bereitstellen und auf der die geplante Route und Anlaufpunkte eingezeichnet sein werden. Anreise ist mit dem Fahrrad über die Peißnitz oder mit den Straßenbahnen 2 und 9 einfach und schnell möglich.

 

Stadtplan von Halle-Neustadt und der halleschen Innenstadt

Hier ein paar Orientierungshilfen für den Bereich der Neustadt/Innenstadt:

zur interaktiven Karte auf zur interaktiven Karte auf map24.com

[Stadtplan Halle-Neustadt - JPG-Format]
[Stadtplan Innenstadt - JPG-Format]
[Stadplan Innenstadt - PDF-Version]

 

Versorgung, Abendprogramm und Übernachtung

Eine Versorgung zumindest mit heißem Tee an der (Protest-)Strecke ist nach unseren Informationen von einer Initiative geplant :-). Wenn Leute einen Platz zum Übernachten brauchen, weil sie das kulturelle Abendprogramm im Warmen nach dem Aufmarsch genießen möchten oder einen weiten Anreiseweg haben - kein Problem! Meldet Euch einfach vorher per Mail.

 

Infos zu lokalen Nazis

Hier einige Bilder von hallischen Nazis, die am Samstag in und um die Demo zu erwarten sind! Denkt dran: Die Zeiten, in denen man Nazis an der Kleidung schon von weitem erkennen konnte, sind vorbei. Jeder vermeintliche Gegendemonstrant mit Basecap und schwarzer Windjacke kann auch ein sogenannter Autonomer Nationalist sein. Achtet auf Kennzeichen an der Kleidung (z.B. Buttons).

Die örtlichen NPD/JN-Knallos:

Torsten Görke (Student MLU), Erik Schulze (Student MLU), Matthias Bady (hauptberuflich Idiot), Michael Schäfer (Bundes-JN-Oberknallo) und andere:

Braune Jacke: Erik Schulze; mit ClubCola: Torsten Görke [Bild 1] [Bild 2]

Zieht Fresse: Hackfresse Matthias Bady [Bild]

Blaues Hemd: Michael Schäfer [Bild]

Ein paar bekloppte Leipziger, rechts der Anmelder des letzten glorreichen Aufmarschversuches in Leipzig, Tommy Naumann, beim letzten glorreichen Aufmarschversuch in Halle: [Bild]

Die HAL/SK Konkurrenz - "Autonome Nationale Sozialisten": [Bild 1] [Bild 2]

Patrick Kettner ("Anti-Antifa", der mit dem Sony-Halsband) [Bild]

Tommy Neumann (Leipzig, links) und David Dschietzig (Halle, rechts) [Bild]

Matthias Heyder (verschränkte Arme) [Bild]

Ein ganz passabler Bericht zum letzten kläglichen Versuch der Nazis von der "Infothek Dessau" unter: [http://infothek.wordpress.com/2009/06/26/17-juni-2009-halle-jn-aufmarsch/].

 

Spiel's Noch Einmal, Sam!

Den Naziaufmarsch am 7. November 2009 in Halle stoppen!

Wer hätte das gedacht: Nicht einmal fünf Monate, nachdem die Witzfiguren der halleschen Jungen Nationaldemokraten (JN) und ihr dumpfbackiger Anhang am 17.Juni mit einer Klatsche nach Hause geschickt wurden, wollen sie sich am 7.November erneut vor Provinzfotografen, entnervten Polizeibeamten und den Kameras des MDR-Fernsehens lächerlich machen.

Warum die Nazis diesmal demonstrieren ist dabei so egal wie beliebig. Ob sie gegen so genannte "Kinderschänder" agitieren, sich über "linke Gewalt" ereifern, sich für die Rettung von Pelztieren nackt ausziehen, von der Volksrevolution 1989 halluzinieren oder sich mit dem Kampf der Hamas gegen Israel solidarisieren: Es spielt keine Rolle. Das Denken eines Nazis ist Wahn; auf Motivsuche zu gehen ist so überflüssig wie der Tritt in einen Hundehaufen.

Und doch macht es Sinn, gegen die berufsdeutschen Hampelmänner aktiv zu werden. Aus einem einfachen Grund: Noch der lächerlichste Nazi ist schlicht und einfach eine Gefahr für jeden, der sich zur falschen Zeit am falschen Ort befindet und aus welchen Gründen auch immer in sein ausgeprägtes Feindbild passt. Und auch wenn Halle sicherlich nicht als Hochburg organisierten Nazitums gelten kann, es ist einfach richtig, ihnen ihre öffentlichen Darbietungen - seien sie noch so peinlich - zu vermiesen. Was zwar deren Größenwahn nicht heilen wird, uns aber zumindest etwas bessere Laune verschafft.

Es kann bei genauerer Betrachtung der Naziaufmärsche der letzten Jahre in Halle nur eine Begründung für den neuerlichen Auflauf geben: Sie glauben, sie hätten nichts mehr zu verlieren. Es gilt, ihnen diesen Zahn möglichst schmerzhaft zu ziehen. Oder, wie wir es beim letzten Mal formuliert haben: Man muss den Trotteln ihre Auftritte versauen, um sich danach wieder ungestört der Kritik der Verhältnisse widmen oder einfach nur in Ruhe ein Bier trinken zu können. Also: Spiel's noch einmal, Sam!

Antifaschistische Gruppen Halle (10/2009)

 

Mobilisierungsbanner

Zum Verlinken, Downloaden und Weitergeben.

Aufruf als PDF-Datei (Flyerrückseite)

Spiel's Noch Einmal, Sam! Den Naziaufmarsch am 7. November 2009 in Halle stoppen!

 

Sieger sehen anders aus - Eine erste Einschätzung des Naziaufmarschs am 17. Juni 2009 in Halle

Rund 170 Nazis und 800 bis 1.000 GegendemonstrantInnen. Die Nazis wurden mehrfach umgeleitet und konnten insgesamt nur etwa einen Kilometer laufen, dann mussten sie aufgrund von Blockaden etc. umdrehen.

Nazis besitzen die seltene Eigenschaft, auch den größten Misserfolg in einen Erfolg umlügen zu können: Laufen sie mit 50 Leuten unbeachtet durch eines der vielen brachliegenden Gewerbegebiete Ostdeutschlands, hat der "politische Gegner" vor ihnen kapituliert. Werden sie hingegen mit Steinen beworfen, ausgebuht und mit Sitzblockaden konfrontiert, sind sie ebenfalls euphorisch: Es gibt jemanden, der sie beachtet!

Ganz in diesem Sinn werden die NPD und die JN Sachsen-Anhalt auch ihren Aufmarsch vom 17. Juni in Halle als Erfolg werten. Anders als auf Antifa-Internetseiten im Vorfeld angekündigt, konnte ihnen zwar kein "kleines Stalingrad" bereitet werden. (Wie auch immer das hätte aussehen sollen.) Sieger sehen trotzdem anders aus.

Während NPD und JN mit 170 Leuten ihr derzeitiges Standardpotential in Sachsen-Anhalt mobilisieren konnten, dürften 800 bis 1.000 GegendemonstrantInnen - von der Antifa über die Alternativszene bis hin zu den Jusos - unterwegs gewesen sein. Der Großteil der Nazis war mit dem Zug aus Magdeburg, Leipzig, Merseburg etc. angereist. Die rechte Szene Halles war dagegen deutlich unterrepräsentiert und wohl auch infrastrukturell überfordert: Selbst der Lautsprecherwagen musste aus der Landeshauptstadt angekarrt werden. Darüber hinaus hat sich der Riss zwischen der NPD bzw. JN auf der einen und den sog. "Freien Kräften", der in Halle seit längerer Zeit zu erkennen ist, manifestiert: Die Demonstration wurde von Seiten der "Freien" boykottiert.

Angesicht der Masse und der Mobilität der GegendemonstrantInnen konnten die Nazis ihre ursprünglich vorgesehene Route, die vom Ordnungsamt bis zum Schluss geheimgehalten worden war, nicht einhalten. Die Polizei zeigte sich klar überfordert, Halle befand sich zeitweise im Ausnahmezustand. Aufgrund zahlreicher Blockaden, etlicher Kleingruppen, die regelmäßig versuchten, bis an die Nazidemonstration heranzukommen, und Menschenansammlungen von teilweise mehr als 400 Leuten war die Polizei immer wieder gezwungen, die Route der Demonstration zu verändern. Am Ende konnten die Nazis an ihrem Infotelefon nur noch die Botschaft ausgeben, dass sie gerade selbst nicht so richtig wüssten, wohin sie laufen. Nach mehreren Umleitungen musste der Aufmarsch schließlich noch vor dem Lutherplatz, der von der Polizei zeitweise als erstes größeres Zwischenziel vorgesehen war, umdrehen und zum Hauptbahnhof, dem Ausgangspunkt der Demonstration, zurückkehren. Der Grund: Der Platz wurde von GegendemonstrantInnen blockiert, es wurde langsam dunkel und in den Seitenstraßen hatten sich erneut größere Gruppen von AntifaschistInnen zusammengefunden, die auf die Nazidemo warteten. Gegen 23 Uhr war das Ganze schließlich vorbei; die Mehrheit der Nazis saß bereits wieder im Zug nach hause. Während sich ein Teil der Gegendemonstranten daraufhin auf dem Riebeckplatz, einem der zentralen Verkehrsknotenpunkte Halles, zu einer Party zusammenfand, nutzten andere die Gelegenheit und statteten einem Thor-Steinar-Laden, der kürzlich in der Nähe eröffnet wurde, einen Besuch ab: Er wurde mit Farbeiern, Müllkübeln und Gerätschaften aus einer nahegelegenen Baustelle beworfen.

Fazit: Aufgrund des großen Polizeiaufgebots und der ständig wechselnden Route war es zwar nur schwer möglich, direkt an den Naziaufmarsch heranzukommen. Der Aufmarsch konnte dennoch gut behindert werden. Von Zeit zu Zeit flogen Steine und Eier, die Anreise einzelner Nazis, die versuchten, aus Richtung Innenstadt zur Demonstration zu gelangen, konnte beeinträchtigt werden, und auch die Feuerwehr scheint aufgrund brennender Mülltonnen etc. immer wieder ausgerückt zu sein. Mit ein bisschen mehr Entschlossenheit wäre sicher trotzdem noch mehr möglich gewesen. (Dafür gab es insgesamt auch nur vier Festgenommene, die inzwischen alle wieder auf freiem Fuß sind.) Die Nazis schafften es in den drei Stunden, die ihr Aufzug letztlich dauerte, hingegen nur, knapp zwei Kilometer zu laufen: das sind etwa 700 Meter pro Stunde. Um so etwas als Erfolg zu werten, muss man entweder dumm sein oder Nazi - oder beides.

 

 

 
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