IHD: 2.082 Verletzungen von Kinderechten in Kurdistan im Jahr 2014

Das Amed-Büro der Menschenrechtsorganisation İnsan Hakları Derneği (IHD) hat ihren „Jahresbericht 2014 über Verletzungen von Kinderrechten in Ost- und Südost Anatolien“ auf einer Pressekonferenz in Amed (Diyabakir) vorgestellt.

Nach Angaben des Jahresberichts wurden im letzten Jahr 2.082 Verletzungen von Kinderrechten registriert, wobei als Folge von Gewaltausübungen durch Sicherheitskräfte 4 Kinderstarben und 7 verletzt wurden. 444 Kinder wurden in Gewahrsam und von diesen 106 in Untersuchungshaft genommen. 518 Kinder wurden angeklagt und mit Strafen belegt, 872 wurden auf schwarze Listen gesetzt.
Der Vorsitzende des Amed-Büros und IHD-Vizevorsitzender, Raci Bilici, eröffnete die Pressekonferenz mit einer scharfen und ausdrücklichen Verurteilung des brutalen Mordes an Özgecan Aslan im Tarsus Bezirk von Mersin und schwor, den Kampf gegen Gewalt an Frauen fortzusetzen.

„Die Regierung will eine Generation aufziehen, die ihren Vorstellungen entspricht“
Bilici erklärte, dass die Regierung einen geplanten, systemischen Weg gegenüber Kindern verfolgt, mit dem Ziel eine wunschgemäße Generation großzuziehen. Er sagte weiter, dass die Regierung ein hartes und repressives Vorgehen gegen die Kreise an den Tag legt, die sich diesen Maßnahmen entziehen, beispielsweise durch alternative Bildungsangebote.

„Rechtsverletzungen nehmen kontinuierlich zu“
Bei der Verlesung der Presseerklärung vor Veröffentlichung des Jahresberichts erklärte der Anwalt Mahsum Kaya, Mitglied der Kinderkommission des IHD-Amed-Büros, das Kinderrechtsverletzungen auch 2014 kontinuierlich zunahmen.
Die Zahlen, die der IHD seit langer Zeit zusammenstellt, zitierend erklärte Kaya, dass in den letzten 27 Jahren 585 Kinder ihr Leben als Folge von Gewalt durch Sicherheitskräfte, Minen und Explosionen von Kriegsaltlasten verloren haben. Kaya führte aus, dass derzeit etwa 8.5 Millionen Kinder als ‚Arbeiter‘ unter ungesicherten Bedingungen ihr Leben verbringen. Er verlas die Liste ungelöster Kategorien von Kinderrechtsverletzungen, die ein tragisches Bild der Zustände in der Türkei unter demokratischen und Menschenrechtlichen Maßgaben zeichneten: Verweigerung von Unterricht Muttersprache, Verweigerung von Religionsunterricht, Opfer des TMK (Anti-Terror-Gesetzgebung), Kinderbräute und Kinder-Zwangsverheiratung, Straßenkinder, Opfer von Zwangsmigration und Opfer von Gewalt.

„Zielt nicht mit Euren Gewehren auf unsere Kinder“
Kaya erklärte, dass ein Großteil der Verletzungen der kindlichen Rechte auf Sicherheit und Freiheit 2014 im Rahmen unerzählbarer Gewalt als Folge von Massendemonstrationen und Verhaftungen stattfand.
Er führte aus, dass Sicherheitskräfte gezielt mit scharfer Munition, Tränengasgranaten aus gepanzerten Fahrzeugen auf Kinder zielen. Dabei sterben Kinder und es werden dauerhafte, schwere Verletzungen beigefügt. Letztes Jahr wurden 444 Kinder in Gewahrsam genommen und davon 106 in Untersuchungshaft gesperrt. Viele wurden dabei misshandelt oder gefoltert.
Kaya rief Staats- und Regierungsbeamte auf: „Hört auf mit Euren Waffen auf unsere Kinder zu zielen“.

„Gewalt durch Sicherheitskräfte ist ein Verfassungsbruch“
Laut Kaya wird das neue „interne Sicherheitspaket“ die Grundlage zur Legalisierung der gewaltsamen Übergriffe durch Sicherheitskräfte schaffen. Er sagte, es falle nicht schwer abzusehen, wie sehr das Level von Menschenrechtsverletzungen noch ansteigen werde, wenn der jetzige Entwurf das Parlament passiere. Kinder würden davon in besonderem Maße betroffen sein.

„Schwarze Listen sind skandalös“
Kaya erklärte, die Aufnahme von 872 Kindern in Amed auf die „Schwarzen Listen“ ist eine Verletzung der Rechte der Kinder und ihrer Familien auf Privatsphäre. Außerdem sei die Entlassung einiger Mitarbeiter des Erziehungsministeriums nicht der Aufklärung sondern der Vertuschung der wahren Gründe für diesen Vorfall diente.

Der Jahresbericht listet folgende Fälle für das Jahr 2014 und die Region Nordkurdistan auf:
4 getötet, 7 verwundet durch Polizei und Gendarmerie
1 getötet, 2 verwundet durch Dorfschützer
3 getötet als Resultat offizieller Fehler oder Vernachlässigung
3 getötet durch Angriffe Unbekannter auf Massendemonstrationen
3 getötet, 7 verwundet an der Grenze
1 getötet, 9 verwundet als Resultat von Minen- und Kriegsaltlasten-Explosionen
5 getötet unter verdächtigen Umständen
12 Suizide, 8 Suizidversuche
5 verletzt / Opfer von Gewalt, 1 vergewaltigt, 1 sexueller Übergriff als Resultat häuslicher Gewalt
3 getötet, 2 verletzt / Opfer von Gewalt, 12 vergewaltigt, 3 sexuelle Übergriffe als Resultat von Gewalt an öffentlichen Orten
444 verhaftet
106 in Untersuchungshaft
6 Opfer von Folter und Misshandlungen in Gewahrsam
6 Opfer von Folter und Misshandlungen direkt vor Gefangenenlagern
36 geschlagen und verletzt bei Demonstrationen
2 Opfer von Gewalt an Schulen
518 angeklagt und mit Strafbefehlen versehen
872 auf „Schwarze Listen“ gesetzt
2.082 Kinderrechtsverletzungen insgesamt

ANF, 17.02.2015, ISKU

ISKU | Informationsstelle Kurdistan