Frauenministerin
Umer: Wohnungen zum Schutz der Frauen bereitgestellt
Rechtsanwältin Emína
Umar übernahm nach der Revolution im Rahmen der Selbstverwaltung den Posten
der Frauenministerin des Kantons Cizîre. Sie hat zwei Stellvertreterinnen,
eine Assyrerin und einen Kurdin.
Das Dienstgebäude, das auch andere Ministerien und Angestellte beherbergt,
wird von weiblichen Sicherheitskräften bewacht, mit Identitäts- und Taschenkontrolle.
Uns fällt dabei deren Verlegenheit auf, sie entschuldigen sich dafür sogar
bei uns.
Zum Ministerium gehören fünf Ressorts: Finanzen, Kinderrechte, Projektabteilung,
Gesetzgebung und Außendienste. Das Budget wird vom Kanton bestimmt.
In der Öffentlichkeitsarbeit wird zur erleichterten Kommunikation meist
die arabische Sprache benutzt, daneben auch Kurdisch und andere.
Zum Schutz der Frauen vor Gewalt
wurden Schutzhäuser gegründet
Das Frauenministerium hat unsere Fragen beantwortet. Ministerin Umer zufolge
sind diese Schutzhäuser vor einem Monat gegründet worden. „Frauen, die
Gewalt ausgesetzt sind, werden zunächst in Frauenhäusern untergebracht
und danach in die Schutzhäuser gebracht. Falls sich die Probleme in den
Frauenhäusern nicht lösen lassen, gehen sie ans Gericht. Führt auch das
zu keiner Lösung, wird bei einer Beratung darüber entschieden, ob die
Frauen in den Schutzhäusern untergebracht werden“, so Umer.
Dort haben die Frauen mit ihren Kindern dann eine Bleibe, die Kinder bekommen
Bildung und die Frauen die eingeschränkte Möglichkeit zu einer Berufsausbildung.
Die Schutzhäuser haben jeweils eine Kapazität von 12 Personen, diese können
sich 6–8 Monate dort aufhalten. In dieser Zeit sollen die Frauen lernen,
auf eigenen Füßen zu stehen; klappt das nicht, wird der Aufenthalt verlängert.
Solche Frauenzufluchtsorte konnten erst vor kurzem geschaffen werden.
Auf die Frage, warum so lange gewartet worden wäre, antwortet Umer, die
Bedingungen seien noch nicht gegeben gewesen. Die Selbstverwaltung und
damit die Aufgabenverteilung hätten erst entwickelt werden müssen. „Unser
Ziel ist es, die Frauen in den Arm zu nehmen und zu beschützen. Nach Gründung
der Selbstverwaltung wurde dieser Bereich dem Frauenressort zugewiesen.
Die Adressen der Frauenzufluchthäuser werden nicht bekannt gegeben, da
die Frauen oft noch bedroht werden. Wir werden auch kritisiert, das sei
keine Lösung, doch wir müssen die Frauen schützen“, erläutert sie.
Sie betont, dass diese Einrichtungen keine endgültige Lösung der Probleme
böten. Hauptziel sei eine soziale und psychische Transformation. „Als
unser Frauenhilfsprojekt der Regierung vorgestellt wurde, gab es keine
Einwände. Trotz der Revolution werden weiterhin zahlreiche Frauen unterdrückt
und verfolgt. Daher wurde unser Antrag sofort genehmigt“, berichtet Umer.
Das Frauenministerium habe bereits einen Gesetzentwurf zur Prävention
von Gewalt gegen Frauen vorbereitet und der Legislative vorgestellt, jetzt
warteten sie auf das Inkrafttreten des Gesetzes. Außerdem betont Umer,
sie würden auch mit anderen Frauenorganisationen zusammenarbeiten: „Als
das Frauenministerium gegründet wurde, haben wir alle Frauenorganisationen
besucht und uns vorgestellt und sie ebenfalls kennengelernt. Wichtig war
es zunächst, Anforderungen und Bedürfnisse zu erfahren. Wir haben regelmäßig
Treffen mit ihnen.“
Nach der Revolution von Rojava sind nun zwei Jahre vergangen, wie haben
sich die gesellschaftlichen Rollen verändert, kurz: Inwieweit ist die
Revolution in die Küche vorgedrungen? Die Antwort ist auf den Straßen,
in den politischen Institutionen und an vorderster Front zu finden. Überall
sind Jugendliche und Ältere zu sehen.
Von der Frau, die
alles schluckt, zur kritischen Frau
Laut Emina Umer haben die Frauen auf politischer und kultureller Ebene
eine gewisse Entwicklung durchgemacht: „Sie haben ihre Rechte kennengelernt,
nehmen Gewalt und Unterdrückung nicht mehr hin. Doch lässt sich noch nicht
behaupten, dass alle Frauen frei sind. Die gesellschaftlichen Probleme
sind immer noch aktuell. Die Männer wehren sich an vielen Punkten. Dabei
hat sich das Bewusstsein der Frauen geändert.“
Umer hat unsere Fragen mit ihrer warmherzigen Art und ihrer Ehrlichkeit
beantwortet und dabei oft betont, dass die Frauen Rojavas ihren Kampf
um Freiheit Abdullah Öcalan zu verdanken hätten: „Sein fester Glaube an
die Rechte der Frau und seine Ausdauer haben die Frauen motiviert, nicht
aufzugeben. So beteiligen sie sich bereits auf politischer und militärischer
Ebene. Wir wollen, dass auch türkische Frauen von unserem Freiheitsstreben
überzeugt sind. Rojava war nur ein kleiner Landesteil, niemand hätte sich
Widerstand in einem solchen Ausmaß vorstellen können. Die Frauen haben
zu einer großen Revolution in Rojava geführt. Unser Kampf wird weitergehen,
bis keine einzige Frau mehr unterdrückt wird.“
ANF, 24.08.2014 |