Zusammenfassung:

Amed/Licê: Militär schießt auf Demonstration 1 Toter, 10 Verletzte

Trotz des Rückzugs der Guerillakräfte aus dem türkischen Staatsgebiet baut der türkische Staat seine militärischen Anlagen in der kurdischen Region massiv aus. Von der Guerilla verlassene Stellungen werden genutzt, um neue Militärbasen zu errichten. Dagegen regt sich zivilgesellschaftlicher Widerstand. Mit Demonstrationen und Sitzblockaden versucht die Bevölkerung den Ausbau der militärischen Infrastruktur zu verhindern.
Am 28.06. demonstrierten BewohnerInnen der Region Licê/Amed (Diyarbakir) gegen den Ausbau des Hezan Kayacik Militärstützpunktes. Um den Ausbau zu verhindern zerstörten sie drei Zelte. Das Militär eröffnete das Feuer auf die DemonstrantInnen und tötete den Demonstranten Medemi Yildirim, zehn weitere wurden verletzt. Neun Personen werden im Universitätskrankenhaus in Amed behandelt. Unter den Verletzten befindet sich auch die 16-jährige Ronida Pervane.
Trotz der Schüsse der Soldaten verließ die Bevölkerung das Gebiet nicht und begann sich mit Steinen gegen die Angriffe zu verteidigen. Das Militär beorderte zusätzliche Panzer aus Licê zur Unterstützung zum Stützpunkt. Spezialeinheiten werden ebenfalls in die Region verlegt. Während die Auseinandersetzungen andauern, reist eine Delegation von Menschenrechtsvereinen und der BDP in die Region.
Auch die Bevölkerung von Dêrsim ist in den letzten Tagen vermehrt zum Opfer von Angriffen von dem Staat nahestehenden Kontraeinheiten geworden – so griffen mit Kalaschnikows bewaffnete Kontras ein Dorf an, zerschossen die Fassaden der Häuser und versuchten so die Bevölkerung einzuschüchtern. Es offensichtlich, dass der Staat und Paramilitärs den durch den Rückzug der Guerilla freigewordenen Raum für Provokationen und Angriffe auf die Bevölkerung zu nutzen scheinen.
Diese Angriffe kommen zu einem krisenhaften Zeitpunkt im Friedensprozess. Während die Guerilla ihren Abzug aus türkischem Staatsgebiet weitgehend abgeschlossen hat, kündigte am Vortag Ministerpräsident Erdoğan an, das keine der Forderungen der kurdischen Seite und der eingerichteten „Kommission der Weisen“ erfüllt werde; er erklärte, es werde „keine Reformen zur Lösung der kurdischen Frage geben“. Weder die Zehnprozenthürde würde gesenkt werden, noch Unterricht in kurdischer Muttersprache eingeführt werden.

Quelle: ANF/ISKU/JW, 28.06.2013

ISKU | Informationsstelle Kurdistan