CPT macht sich mitschuldig

Interview mit Murat Karayilan, KCK

Das Antifolterkomitee CPT hat immer noch nicht die Ergebnisse der gesundheitlichen Untersuchung von Abdullah Öcalan veröffentlicht und teilt mit, es liege an der Türkei, diesen zu veröffentlichen. Warum macht die Türkei das nicht?

Vor der Frage, warum die Türkei keine Erklärung abgibt, muss gefragt werden, warum das CPT den Ball der Türkei übergibt. Rein rechtlich gesehen veröffentlichen Kommissionen, Recherche- und Untersuchungsausschüsse die Ergebnisse ihrer Arbeit selbst. Wir sind der Auffassung, dass der Europarat diese Veröffentlichung vornehmen muss, weil das CPT eine an ihn gebundene Institution ist. Die Aussage, eine solche Veröffentlichung obliege der Türkei, zeigt lediglich die Schwere der Situation. Wir haben bereits früher gesagt, dass gegen unseren Vorsitzenden ein unmenschlicher, unrechtlicher und unethischer chemischer Angriff durchgeführt wird. Zu beobachten bleibt, dass versucht wird, das zu verheimlichen. Die Haltung des CPT hat unseren Verdacht nur noch verstärkt. Vor neun Monaten ist eine Abordnung nach Imrali gefahren, um diese Vorwürfe zu untersuchen, aber die Ergebnisse werden geheim gehalten. Wenn nichts vorliegen würde, hätte das CPT schon längst eine dementsprechende Erklärung abgeben können. Auf ihrer Internetseite veröffentlichen sie alle möglichen Erklärungen, nur zu unserem Vorsitzenden nicht. Das CPT versucht, sich aus der Verantwortung zu schleichen. Zuvor sind uns schon in verschiedener Form Informationen übermittelt worden, zum Beispiel dass Herrn Öcalans Gesundheitszustand ernst ist und er operiert werden müsse. Warum bringen sie dann das Thema nicht auf den Tisch? Warum drängen sie die Türkei nicht, eine solche Operation zu ermöglichen? Damit macht sich das CPT mitschuldig. Es war das CPT selbst, das mitgeteilt hatte, dass eine medikamentöse Behandlung Öcalans nicht mehr ausreicht. Wenn die Angelegenheit der Türkei überlassen wird, passiert ohnehin nichts.

Erwarten Sie im Frühjahr eine Bodenoperation der türkischen Armee in Südkurdistan?

Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, wir erwarten so etwas schon sehr lange. Aber daraus werden auch verschiedene politische Konsequenzen entstehen, denn wenn die türkische Armee im Süden einmarschiert, wird sie ihn nicht wieder verlassen. Seit dem Einmarsch im Jahr 1997 sind türkische Kräfte in Amediye, Şeladize, Batufa, Begova und Kanimasi stationiert. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sie ihre ständige Anwesenheit durch einen erneuten Einmarsch stabilisieren. Deshalb werden sie Probleme damit haben, die USA und die Kräfte im Süden davon zu überzeugen. Aber es ist alles möglich, wir müssen jede Möglichkeit bedenken. Wir befinden uns im Mittleren Osten, da ist alles möglich.

Die KCK hat in einer Erklärung Israel aufgrund der geleisteten technischen Unterstützung der türkischen Armee verwarnt. Können Sie das ein wenig erläutern?

Bekanntermaßen sind die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei nicht neu. Erstmalig wurde Ende 1996 ein militärisches Abkommen zwischen beiden Staaten unterzeichnet, als Erbakan Ministerpräsident war. Auf dieser Basis wurden Abkommen zur Schulung türkischer Piloten, dem Gebrauch von Kobra-Helikoptern, der Wartung türkischer Flugzeuge u. a. getroffen. Israel hat auch eine Rolle bei der Gefangenennahme von Abdullah Öcalan gespielt, und in Berlin sind drei Kurden vor dem israelischen Konsulat ermordet worden. Trotzdem haben wir nie ein Verhalten an den Tag gelegt, das Israel geschadet hätte.
Israel ist ein Staat, der im Mittleren Osten nicht anerkannt wird. Das hier in der Region herrschende System macht es Israel schwer und ist gleichzeitig ein System, das die Kurden nicht anerkennt. Es ist bekannt, dass Beziehungen zwischen Israel und Südkurdistan bestehen. Trotzdem hat Israel seine militärische Beziehung zu der Türkei im vergangenen Jahr aufgefrischt. Wir haben nichts dagegen, wenn Israel und die Türkei entsprechend ihrer Interessen ihr Verhältnis zueinander verbessern. Für uns ist der Punkt wichtig, dass Israel dafür sorgt, dass die Waffen, die die Türkei benutzt, noch tödlicher werden, und somit zum Partner der Türkei beim Töten von Kurden wird. Beispielsweise leistet Israel Unterstützung bei der Aufklärung. In Gabar sind viele unserer Freunde deshalb gefallen, so auch in Bestler. In Batman ist ein Spezialistenteam stationiert. Dieses Team verfügt über die Aufklärungsflugzeuge Heron. Die Türkei mietet diese Flugzeuge von Israel. Außerdem hat die Türkei eine Bestellung aufgegeben, in Kürze wird Israel zehn Stück davon an die Türkei verkaufen. Diese unbemannten Flugzeuge, die im Norden und im Süden Aufklärungsflüge machen, werden von israelischen Piloten gesteuert. Diese Piloten bilden außerdem türkische Piloten aus. Israel unterstützt die Türkei militärisch mit Taktik und Technik, mit der Verbesserung türkischer Kriegstechnologie. Im kommenden Monat wird der israelische Verteidigungsminister in der Türkei erwartet. Vermutlich drängt die Türkei auf weitere militärische Abkommen. Wenn Israel mit der Türkei ein solches Bündnis gegen das kurdische Volk eingeht, werden wir Kurden uns auch überlegen, wie wir uns dazu verhalten. Das ist kein leeres Gerede von mir, es ist uns sehr ernst.
Wir glauben an das Existenzrecht des Staates Israel im Mittleren Osten. Die Existenz des jüdischen Volkes in der Region ist ein Fakt. Aber wir sind auch davon überzeugt, dass in gleicher Form den Kurden Rechte zustehen. Davon müsste auch Israel überzeugt sein. Es ist schon interessant, auf der einen Seite gibt es das Bündnis zwischen dem Iran und der türkischen Armee, gemeinsame Angriffe auf unsere Guerilla, der Iran richtet unsere Freunde hin, auf der anderen Seite werden israelische Spezialteams zur Unterstützung der gleichen türkischen Armee stationiert, und auch sie überschlagen sich in ihrem Bemühen, unsere Guerilla zu töten. Das ist ein ziemlich großes Paradox, das die Realität im Mittleren Osten widerspiegelt. Der herrschende Pragmatismus, der einzig und allein auf den jeweils eigenen Interessen beruht, richtet ein großes Chaos an. Deshalb fordern wir Israel auf, von seinem feindlichen Vorgehen den Kurden gegenüber abzusehen.

Quelle: ÖP, 29.01.2008, ISKU

Übersetzung aus dem Türkischen
ISKU | Informationsstelle Kurdistan