AZADI infodienst nr. 101
mai 2011


 

Deutschland Spezial

 

Landesregierung NRW: Ultranationalistische „Graue Wölfe“ in öffentlichen Ämtern kein „zu sanktionierender Ausschlussgrund“

Auf eine Anfrage des nordrhein-westfälischen CDU-Landtagsabgeordneten Olaf Lehne nach den „Aktivitäten der Föderation der Demokratischen Türkischen Idealistenvereine in Deutschland, „Graue Wölfe“ (Ülkücü-Bewegung)“, teilt die Landesregierung u. a. mit, dass der Organisation ADÜTDF „bundesweit ca. 150 Vereine“ angehören, „davon rund 70 in Nordrhein-Westfalen mit etwa 2000 Mitgliedern“.
Ein Großteil der ADÜTDF-Anhänger mit „türkischem Migrationshintergrund“ sind in NRW ansässig, hauptsächlich in „Duisburg, Dortmund und Gelsenkirchen.“
Danach gefragt, wie die Landesregierung verhindern wolle, dass Mitglieder der „Grauen Wölfe“ öffentliche Ämter besetzen, lässt der SPD-Minister für Inneres und Kommunales antworten, dass auch „Mitgliedern von verfassungsfeindlichen Bestrebungen die in Art. 5 und Art. 9 GG geschützten Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit“ zustünden. Deshalb könne die Mitgliedschaft in einem Verein, „bei dem Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung“ bestünden, „in der Regel kein staatlich zu sanktionierender Ausschlussgrund für die Wahrnehmung von öffentlichen Ämtern sein.“ Aus diesem Grunde müsse sich der „Handlungsspielraum“ der Landesregierung lediglich auf „Prävention und Aufklärungsmaßnahmen gegen Extremismus“ beschränken. „Parteien, Gewerkschaften und andere Verbände“ müssten „selbst dafür sorgen, dass öffentliche Ämter nicht durch Personen, die extremistische Bestrebungen verfolgen“ besetzt würden.
Auf die Frage, ob ein Verbot der „Grauen Wölfe“ in Erwägung gezogen werde, verweist die Landesregierung auf die Zuständigkeit des Bundesinnenministers.
In seiner Vorbemerkung hatte Olaf Lehne darauf hingewiesen, dass es sich bei den „Grauen Wölfen“ um eine „weltweit organisierte ultranationalistische türkische Gruppe“ handele, die „gezielt junge Männer mit türkischem Migrationshintergrund rekrutiert“. Besonders aggressiv agiere die Organisation gegen „Juden und Kurden, aber auch Amerikaner, Europäer unbd Armenier, genauso Minderheiten wie beispielsweise Homosexuelle“. Die Ülkücü-Bewegung wolle die „Bildung eines großtürkischen Reiches auf dem Wege aggressiver Expansionspolitik.“ Politisch wie personell stehe sie der türkischen faschistischen Milliyetci Hareket Partisi (MHP) nahe.
Weil der Verfassungsschutz „schon seit Jahren mit großer Aufmerksamkeit das Wirken der Organisation“ beobachtet, war die Frage, ob an ein Verbot dieser ultranationalistischen Gruppe gedacht werde, naheliegend.

(Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 625,
Drucksache 15/1797 vom 19. 4.2011/Azadî)

 

Welche Kontakte hat NRW-Integrationsbeauftragte Zülfiye Kaykin zu Grauen Wölfen?

Nach Auffassung der Vorstände der „Türkischen Gemeinde NRW“ und der „Alevitischen Gemeinde Deutschlands“ soll die Staatssekretärin für Integration im nordrhein-westfälischen Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales, Zülfiye Kaykin, eine Nähe zu den „Grauen Wölfen“ haben.
Weiter soll sie sich geweigert haben, einen Fragebogen auszufüllen, der sich mit dem Thema „Demokratiefeindliche Tendenzen unter türkeistämmigen Jugendlichen“ befasst und im Auftrag des Bundesfamilienministeriums im März dieses Jahres von der Alevitischen Gemeinde eingereicht worden war. Begründet wurde die Haltung damit, der Fragebogen entspreche nicht methodisch seriöser Erhebungen und deren Beantwortung sei „eine Zumutung“.
Obwohl das Arbeitsministerium inzwischen Bereitschaft gezeigt hat, den Fragebogen doch zu beantworten, fordern der Vorsitzende der Alevitischen Gemeinde und andere als liberal geltende Gruppen den Rücktritt der Staatssekräterin.
Hintergrund: im April 2010 hat der Muslim-Verband DITIB in der Zentralmoschee Duisburg-Marxloh eine Totenmesse zu Ehren von Alparslan Türkes, dem Gründer der rechtsextremen Organisation Graue Wölfe, gehalten. Zu der Zeit war Zülfiye Kaykin Geschäftsführerin der mit der Zentralmoschee verbundenen DITIB-Begegnungsstätte. Augenzeugen zufolge soll sie an der Zeremonie teilgenommen haben, was von ihrem Sprecher bestritten wird – „bewusst“ habe sie „zu keiner Zeit“ Kontakt zu „rechtsextremen türkischen Organisationen, Verbänden, Gruppen oder Parteien gehabt.“
Mehrmals getroffen haben soll sie jedoch Isa Ilyasoglu, Mitglied der rechtsextremen Partei MHP, dem politischen Arm der Grauen Wölfe. Sie seien sich allerdings – so ihr Sprecher – nur „zufällig begegnet“. Das SPD-Mitglied Zülfiye Kaykin behält sich vor, Strafanzeige für den Fall zu erstatten, in dem „Behauptungen, die ihr eine politische Nähe zu rechtsextremen türkischen Gruppen unterstellen, zu ihrer Person öffentlich erhoben werden.“

(aus www.derwesten.de/Azadî, 20.5.2011)

 

 

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