nadir start
 
initiativ periodika Archiv adressbuch kampagnen suche aktuell
Online seit:
Sat Oct  7 02:43:58 1995
 


[Prev][Next][Index]

Redebeitrag vor der BAW am 20.7.95


  • Subject: Redebeitrag vor der BAW am 20.7.95
  • From: ID-SCHLESWIGHOLSTEIN@BIONIC.zerberus.de (ID-Schleswig-Holstein)
  • Date: 29 Jul 1995 13:55:00 +0000

  • 
    
    
    Keine Aussagen vor BAW und BGH
    
    
    Wir stehen heute hier vor BGH und BAW, weil vier unserer Mitbewohnerlnnen  
    von Beugehaft
    bedroht sind.
    Zeuglnnenvorladungen und bei Aussageverweigerung Beugehaft, scheint in der  
    Bekämpfung von Widerstand heutzutage Allzweckwerkzeug zu sein.  So müssen  
    wir davon ausgehen, daß noch mehr aus unserem Wohnprojekt vorgeladen  
    werden.
    
    Während der dritten Hausdurchsuchung unseres teilbesetzten Hausese in  
    Frankfurt, am 27,06.95 wurden von Bundesanwalt Griesbaum vier  
    Zeuglnnenvorladungen direkt ausgesprochen. Diese Termine wurden nicht  
    wahrgenommen, so daß wir zwei Wochen später Vorladungen vor die BAW für  
    den 20.07.95 zugeschickt bekamen.
    Diese Ladungen richten sich gegen sechs Leute.
    
    Hintergrund der Durchsuchung ist ein Verfahren gegen 'Unbekannt, wegen  
    Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Herbeiführung  
    eines Sprengstoffanschlags'. Wir sind in diesem Verfahren Zeuglnnen und  
    nicht Beschuldigte, daß sie das nach Belieben umdrehen können zeigen  
    Erfahrungen der Vergangenheit. Unser Wohnprojekt setzt sich aus  
    unterschiedlicher politischer Arbeit zusammen (wie z.B. antirassistische/ 
    antifaschistische Stadtteilgruppe, Antifa, freie Radioinitiative), auch  
    deswegen werden wir jetzt angegriffen.
    
    Wir wissen, daß die Androhung von Beugehaft dazu benutzt werden soll um  
    Aussagen zu erpressen, wie sie auch ein Mittel ist um Leute zu  
    kriminalisieren und terrorisieren.  Diese Vorgehensweise scheint das  
    Repressionsmittel der 90er Jahre zu sein.
    Das jüngste Beispiel ist ein Bremer, der bei einer Zeugenvorladung wegen  
    'Radikal' die Aussage verweigert hat.  Er sitzt nun für fünf Monate in  
    Beugehaft, welche vom BGH-Richter Beyer ausgesprochen ist.  Unter seiner  
    Regie laufen die meisten politischen Verfahren gegen linke Zusamrnenhänge,  
    wie z.B. 'Radikal/AIZ/Komitee', Weimar ( Anschlag gg.  'Junge Freiheit')  
    wie auch gegen uns.
    Wir finden die Haltung keine Aussagen zu machen die einzig richtige  
    Entscheidung.  Auch wenn die gestellten Fragen manchmal unwichtig  
    erscheinen, soll durch sie eine Kooperation mit dem Staatsapperat erreicht  
    werden.  Die Ermittlungsbehörden sind bernüht jegliche Informationen zu  
    erzwingen.  Ein beliebtes Instrumentarium hierbei ist das Negativraster,  
    an dessen Ende für die Behörden immer Menschen übrig bleiben, die dann 'in  
    Frage' kommen.  Diese Form von Kriminalisierung soll zur individuellen  
    Gefahr umfunktioniert werden. Das eigene und das kollektive  
    Selbsverständnis nicht mit dem Staatsschutz zu reden, soll gebrochen  
    werden.
    
    Leider war es in der Vergangenheit nicht immer für alle Betroffenen  
    selbsverständlich diese politische Grundhaltung einzunehmen.
    
    Das ist auch nicht verwunderlich, weil für viele der persönliche Rahmen  
    fehlt, in dem das Vertrauen und die Sicherheit da ist, um gemeinsam solche  
    Entscheidungen zu tragen, wie auch in vielen politischen Zusammenhängen  
    Aussageverweigerung nicht diskutiert wird.
     Aussageverweigerung ist keine Selbsverständlichkeit, sondern muß immer  
    wieder neu erarbeitet und überprüft werden.
    
    Für uns ist es keine individuelle Entscheidung, wie mensch sich bei  
    Zeuglnnenvorladungen verhält.  Aussageverweigerung ist eine  
    Widerstandshaltung und die politische Verantwortung dafür muß von allen  
    übernommen werden.
    
    
    
    Wenn alle die Aussage verweigern, heißt das, daß das Mittel der Beugehaft  
    ins Leere läuft.
    
    
    
    Bewohnerinnen und Bewohner der Fritzlarer Str, 18, Ffrn
    
    
    
    
    
    
    
    
                      Was wahr ist wird auch in Zukunft
                geschrieben, gesetzt, gedruckt und vertrieben
    
                                  -------
                                  projekt
                                   idsh
    
    

  • Prev: DP: Razzien und Durchsuchungen am 13.6.95 (Muenster)
  • Next: Tekram DC-620 and TsengLabs W32I
  • Index: Mail Index