Wuppertal: Prozessauftakt wegen Nazi-Ueberfall am Mahnmal Kemna

In Wuppertal hat heute der Prozeß gegen sieben Neonazis begonnen, die am
9.7.2000 am Ueberfall auf eine antifaschistische Gedenkveranstaltung am
KZ-Mahnmal Kemna beteiligt waren.

Wie erwartet sass neben Thorsten Craemer aus Schwelm, der zum Zeitpunkt
des Ueberfalls Landesvorsitzender der "Jungen Nationaldemokraten" (JN) in NRW
war, auch der JN-Kader Nico Wedding aus Duisburg auf der Anklagebank. Die
anderen Angeklagten sind weitgehend als NPD- bzw. JN-Mitglieder bekannt, bzw.
haben sich in der Vergangenheit regelmaessig an NPD-Veranstaltungen
beteiligt. Die Verteidiger der Angeklagten sind weitgehend einschlaegig bekannt, so
der Koelner Neonazi Markus Beisicht.

So begann das Theater mit einem Befangenheitsantrag mehrerer Angeklagter
gegen einen Schoeffen. Begruendung: Der Schoeffe habe seinen Wohnsitz in
Wuppertal und koenne "durch die staendige Medienhetze gegen die Angeklagten"
nicht unvoreingenommen sein. Dieser Antrag blieb vorerst die einzige
Unverschaemtheit der Nazi-Anwaelte und wurde abgelehnt.

Anschliessend stand die Vernehmung von Ronny Plexnies aus Wuppertal an,
der unmittelbar am Mahnmal Kemna von Antifas festgehalten und der Polizei
uebergeben worden war. Nach dem ueblichen Gewaesch von der schweren Jugend mit
Schulwechseln, abgebrochener Lehre, gescheiterter Beziehung und Streit mit
den Eltern erklaerte Plexnies eindrucksvoll, wie er in die rechte Szene
geraten sei: "Ja, mit den Onkelz, das war ja so meine Musik, und in der
Stammkneipe war das Bier billig".

Anschliessend sagte Plexnies umfassend zur Sache aus: Er benannte Thorsten
Craemer eindeutig als Raedelsfuehrer des Ueberfalls. Er bestaetigte, dass
alle Mitangeklagten an dem Ueberfall beteiligt waren. Er fasste zusammen,
dass sich der Nazitrupp aus Grueppchen aus Dortmund, Duisburg und dem Raum
Wuppertal zusammensetzte.

Erfreulicherweise schienen die Richter und vor allem der Staatsanwalt
durchaus gewillt, die politischen Hintergruende des Verfahrens ausfuehrlich
aufzurollen.

Im weiteren gestand Plexnies nebenher eine Reihe von Schmierereien am
Mahnmal Kemna. Ein Teil der bei dem Ueberfall benutzten Holzknueppel stammt aus
einem Einbruch bei "einer anderen Person der rechten Szene", die als Spitzel
galt. Auch die Beteiligung an diesem Einbruch gab Plexnies zu. Eine
Mitgliedschaft in einer Partei wies Plexnies von sich.

Plexnies' umfassende Aussagen sorgten fuer einigen Unmut im Zuschauerraum.
Dort waren ca. 25 Neonazis, vor allem aus der Wuppertaler Region bzw.
Dortmund/Unna/Recklinghausen aufgelaufen, dazu einige "Alte Damen und Herren".

Die antifaschistische Beteiligung am Prozess wie auch an einer Kundgebung
vor dem Gerichtsgebaeude war dagegen eher duerftig. Entsprechend
selbstbewusst traten vor allem die Altnazis auf und gaben auf den Gerichtsfluren
fleissig Presseinterviews.

Da auch bei den folgenden Prozessterminen mit Nazi-Aufmaerschen im
Wuppertaler Landgericht zu rechnen ist, rufen wir zu staerkerer Praesenz
antifaschistischer Gruppen auf.

Informationen:
mailto: infoladenwuppertal@gmx.de

infocafé aachen, 23.11.2000