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Neue §129a-Ermittlungen in Göttingen
Nachdem die Ermittlungsbehörden bei ihren Versuchen, die Göttinger Szene zu kriminalisieren, im großangelegten Verfahren gegen die Antifa (M), gegen den Buchladen Rote Straße und im Antifa-Prozeß wegen Mackenrode immer wieder gescheitert sind, läuft seit August ein neues Ermittlungsverfahren nach §129a.
Diesmal wird einen Menschen aus der Göttinger Linken und - laut Pressemitteilung der BAW - "mindestens zwei weitere - unbekannte - Personen aus der autonomen Szene" vorgeworfen, sie hätten eine "terroristische Vereinigung" gebildet, der u.a. ein Anschlag auf das Göttinger Arbeitsamt am 7. November 1997 zugerechnet wird.
Ferner werden der mysteriösen Vereinigung die Anschläge auf das Amts- und Landgericht im Mai 1995 unter dem Namen »autonomes justice department« und auf zwei Kfz der Firma »Erdbaulabor« 1996, die am Bau der neuen Bullenwache beteiligt war zugeordnet.
Neben seinem Zimmer in einer Göttinger Wohngemeinschaft durchsuchten sie deren Keller, Dachboden und Gemeinschaftsräume. Trotz intensiver Suche auf Festplatte und Disketten mußten sich die Bullen damit abfinden daß sie dort .nichts fanden. Statt dessen beschlagnahmten sie einen Ausdruck des Bewerbungslebenslaufes, Sturmhaube, Leuchtstift und Leuchtspurpatronen u.ä. Rätselhaft bleibt die Beschlagnahme zweier Packungen Gefrierbeutel, Zündhölzer (Marken "Europa" und "Risaer") und einer Rolle braunes Klebeband.
Der Durchsuchungsbeschluß erstreckte sich auch auf die Räumlichkeiten eines Göttinger Büros für Medienbeobachtung und Presseausschnittsdienst, in dem der Betroffene angestellt ist. Da im Bekennerlnnenschreiben zum Anschlag auf das Göttinger Arbeitsamt aus einer Freitagsausgabe der Wiener Tageszeitung "Der Standard" zitiert wird und eben jenes Büro die Wochenendausgabe dieser Zeitung (neben 180. anderen Publikationen) abonniert hat, gehen die ermittelnden Behörden davon aus, daß der Beschuldigte aufgrund seiner Tätigkeit "Zugang zum gesamten redaktionellen Teil der abonnierten Wiener Tageszeitung ‘Der Standard’" hat.
Auf die Absurdität dieser Konstruktion angesprochen bekannte die Sprecherin der BAW offenherzig, irgendwo müsse man ja anfangen. Damit bestätigte sie wieder einmal, daß die Hauptfunktion des §129a darin besteht, als Ermittlungsparagraph beliebige Durchsuchungen uns Überwachungen zu ermöglichen, auch wenn es nur in ca. 5% der Verfahren überhaupt zu Verurteilungen kommt.
Offensichtlich zielen die Einschüchterungsmaßnahmen der Ermittlungsbehörden darauf, den Themenkomplex "Arbeitslosigkeit und Sozialabbau" zum "anschlagsrelevanten Thema" zu stilisieren und Aktionsformen, die sich nicht im Rahmen der monatlichen Gewerkschaftsaktionen bewegen zu kriminalisieren.



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