[ zurück zum ihnaltsverzeichnis ]


Wrocklage und die Brandstifter
Am Montag, den 23. März hat der in unmittelbarer Nachbarschaft befindliche "Fixstern" vorläufig schließen müssen. Die einzige niedrigschwellige Drogenhilfeeinrichtung im Schanzenviertel mit einem Druckraum mußte wegen völliger Überlastung schließen. Die MitarbeiterInnen konnten einen verantwortbaren Betrieb nicht mehr gewährleisten. Verantwortlich für den Kollaps des "Fixstern" ist ein völlig verfehltes drogenpolitisches Konzept in Hamburg, vor allem aber die sinnlose und menschenverachtende Vertreibungspolitik der Hamburger Polizei. Ihre Einsatzszenarien einer "sauberen City" haben systematisch die Drogenszene aus dem Innenstadtbereich zunächst an den Sternschanzenbahnhof und mit mehreren Zwischenetappen zur Roten Flora bzw. des Bereichs um den "Fixstern" getrieben. Das führte zu einer vermehrten Nutzung der Angebote, der der "Fixstern" nicht mehr gewachsen war. Nach eigenen Angaben hat die Einrichtung zuletzt das Arbeitsvolumen dreier Einrichtungen bewältigt. Die unter anderem völlige Überlastung des Druckraums führte dazu, daß DrogenkonsumentInnen gezwungen waren, zum Drücken in in unmittelbare Umgebung auszuweichen. Nicht zuletzt deswegen wurde im Dezember unmittelbar hinter der Roten Flora für DrogenkonsumentInnen durch das Projekt eine zumindest provisorische und notdürftige Möglichkeit zum Fixen geschaffen. Dort hat die Polizei seit dem 26. März wie auch in weiteren Straßenzügen des Schanzenviertels mit Platzverweisen begonnen, wobei dieses Vorgehen mit einer ganzen Hundertschaft Bereitschaftspolizei abgesichert wird. Damit leitet sie eine weitere Runde der Vertreibung nach "Nirgendwo" ein. Die Vertreibungsaktion der Polizei beginnt zu einem Zeitpunkt, wo durch die vorläufige Schließung des "Fixsterns" ohnehin die Situation für DrogenkonsumentInnen schwierig ist. Nachdem sich in den letzten Monaten polizeiliche Aktivitäten vor allem gegen die schwarzafrikanischen Dealer richteten, sorgt die neuerliche Polizeiaktion für ein völliges Aufmischen der Drogenszene. Vorläufig darf sich die Polizei dabei der Zustimmung einer Mehrheit (?) der BewohnerInnen im Stadtteil sicher sein. Obwohl eigentlich jedeR seit zwei Jahren im Stadtteil mitansehen konnte, daß die polizeiliche Auflösung einer Drogenszene nicht möglich ist, halten zu viele das immer noch für die einzig vorstellbare Politik. Die Einfalt geht dabei so weit, daß manchmal der "Fixstern", aber neuerdings immer das Projekt Rote Flora mit seiner Haltung für die Situation im Stadtteil verantwortlich gemacht wird. Auf einem Treffen am 24. März im "Fixstern" äußerten daher folgerichtig schon einzelne NachbarInnen der Flora, man müsse die Flora wegen ihres Eintretens für Dealer und Junkies öffentlich angehen. Das stellt natürlich die Fakten auf den Kopf, denn ironischerweise hat die Flora neben der professionellen Arbeit des "Fixsterns" nicht nur unbezahlte Sozialarbeit geleistet, sondern durch die ausdrückliche Billigung des Fixens und Dealens unmittelbar ums Projekt herum einen Großteil der negativen Begleiterscheinungen einer offenen Drogenszene im Viertel abgefedert. Der systemstabilisierende Reformismus ging zuletzt soweit, daß FloristInnen einen Erste-Hilfe-Kurs für Drogennotfälle absolvierten und seit der Schließung des "Fixsterns" mobile Klos auf Kosten der Flora aufgestellt haben. Und mutmaßlich wird das von sovielen herbeigesehnte Durchgreifen der Polizei die Situation im Stadtteil verschlechtern. Und während die Polizei auf den verschiedensten Kanälen, vom Revierleiter der Wache 16 bis hin zum Innensenator bemüht war, der Flora zu signalisieren, daß die aktuell laufende Polizeiaktion nicht gegen die Flora gerichtet sei, ist die Politik vollständig auf Tauchstation gegangen. Zwar ließ der Drogenbeauftragte Bossong Ende März durchblicken, entgegen bisheriger Ausagen sei ein zweiter Druckraum für das Schanzenviertel doch noch in diesem Jahr realisierbar: de facto wird damit aber lediglich die bisherige Überlastung des Fixstern aufgefangen werden können, so daß es eine echte Entspannung der Situation für die DrogenkonsumentInnen nicht geben wird. Und da die scheinheilige Trennung von Konsum und Erwerb illegalisierter Drogen außer von den Drogenhilfeeinrichtungen und neuerdings in Ansätzen von der "Ersten Hilfe Sternschanze" (und der Flora, die ja deswegen Dealer schützt) durch niemanden öffentlich thematisiert wird, wird sich auch an der Hetze gegenüber den schwarzafrikanischen Dealern vorläufig nichts ändern. Was bleibt, sind NachbarInnen, die scheißliberal Fixerräume selbstverständlich gut finden, aber wenig dazu im Kopf haben, wo denn der dort zu konsumierende Stoff herkommen soll, wenn nicht von Dealern, deren konsequente Vertreibung durch die Polizei gleichzeitig gefordert wird. Natürlich wissen alle im Schanzenviertel, daß letztlich nur die Legalisierung die Lösung der Drogenproblematik bringt, aber "es muß doch jetzt etwas passieren". Und dann stehen die freundlichen NachbarInnen mit offenem Mund ("Das haben wir ja nicht gewollt..") dabei, wenn die DrogenkonsumentInnen, denen mensch doch schonmal die eine oder andere Mark zusteckt, durch die Polizei - nicht faul -gleich mit abräumt. Käme jemandE auf die Idee, einen Brandstifter mit dem Löschen des von ihm gelegten Feuers zu beauftragen, würde sie/er nicht ohne Grund für bescheuert erklärt. In Hamburg jedoch ist soetwas "offizielle Politik" und die macht bekanntlich im Schanzenviertel ohnehin die Polizei.

der Kontaktbereichsautonome



[ zurück zum ihnaltsverzeichnis ]