Titelseite

Links

Feedback

Die Staaten der Europäischen Union schotten sich gegenüber Flüchtlingen ab

Das vergangene Jahr (1997) wurde vom Rat der Europäischen Kommission zum "Europäischen Jahr gegen Rassismus" ausgerufen, was die Ereignisse mit vielfachen Anschlägen gegenüber Fremden und Ausländern zu einer Illusion degradieren ließ, ohne daß greifbare Lösungsansätze diskutiert wurden. Mit dem "Europäischen Jahr gegen Rassismus" sollten "konkrete Schritte im Kampf gegen den Rassismus unternommen werden".
Doch im gleichen Jahr haben Bundestag und Bundesrat fast unbemerkt von jeglicher Öffentlichkeit zwei Gesetzes-Pakete verabschiedet, die die Lebensbedingungen von Flüchtlingen und MigrantInnen in Deutschland noch einmal drastisch verschlechterten. Zum einen gilt seit Anfang Juli 1997 das sogenannte "novellierte" Asylbewerberleistungsgesetz; zum anderen sind im Ausländergesetz neue Abschiebekriterien für MigrantInnen geschaffen worden, um noch mehr Menschen noch schneller abschieben zu können.
Die Europäische Halbinsel ist im Begriffe sich im Zuge des Einigungsprozesses zu einer Festung der Reichen zu wandeln und jeglichen Zustrom von Armutsflüchtlingen, die Bürgerkriegen, Verfolgungen und Unterdrückungen entfliehen, zu unterbinden. Im sogenannten 'Schengener Staatenbund' verpflichten sich die Mitgliedsstaaten ihre Außengrenzen gegenüber den genannten Zuströmen mit allen Mitteln zu sichern, um so den Reichtum des Clubs der Reichen nicht aufs Spiel zu setzen. Die eigentliche Vision europäischer Spitzenpolitiker oder auch der sogenannten Architekten des europäischen Hauses sind dahingerichtet, daß sie im Zuge der Zerklüftung der Welt in neue Blöcke und Machtstrukturen eine europäische Festung zu errichten beabsichtigen, um so der aufstrebenden asiatischen Konkurrenz, dem sogenannten ASEAN-Staatenbund und der sich formierenden amerikanischen Machtspiele mit NAFTA, die neben den USA auch Kanada und Mexiko einschließt, eine Gegenkraft zu bilden. Daß diese Vision nicht das geistige Vermächtnis aufgeklärter europäischer Denker, sondern vielmehr das der Geschäfts- und Finanzwelt ist, wird an der beabsichtigten Einführung der Einheitswährung des EURO deutlich, dessen Realisierung mehr als undemokratische Züge annahm, da jegliche Volksentscheide aus Furcht vor einem sich formierenden Widerstand gegenüber der kapitalistischen Denkweise, die diese lang gehegten Pläne aufs Spiel setzen könnten, unterbunden werden. In diesem sogenannten Einigungsprozeß haben insbesondere Flüchtlinge keinen Platz.
Dies wird wieder einmal mit gestrandeten Schiffen mit zumeist aus den vom Bürgerkrieg verwüsteten Kurdenprovinzen vor der italienischen Südküste vor Augen geführt. So muß Italien mit seiner nahezu 8.000 Kilometer langen Küste die Verantwortung für die restlichen Schengen-Staaten übernehmen, die aus Furcht vor möglichen weiteren Flüchtlingen ihre Grenzen schließen. Während Gerüchte für Aufregung sorgen, wonach an der anatolischen Küste Tausende Kurden auf die Abreise ins vermeintlich "gelobte Land" warten sollen, wird in den Medien nicht oder kaum über die Fluchtursachen und die dreckigen Geschäftemacher berichtet.
Die anhaltende Flucht der Kurden ist auf die Einsätze der türkischen Armee in den Kurdengebieten zurückzuführen. Der 13jährige Bürgerkrieg in Türkei/Kurdistan hat nicht nur die Staatsfinanzen ruiniert, er hat auf beiden Seiten nahezu 40.000 Todesopfer gefordert. Seit Beginn des Konfliktes hat die türkische Armee offiziellen türkischen Stellen zufolge rund 3.500 Dörfer zwangsweise evakuiert und zerstört. Drei bis vier Millionen kurdische Menschen sind vertrieben, ins Ausland geflüchtet oder (über-)leben in den Slums der türkischen Großstädte.
Das angeblich auf Menschenrechte und Demokratie fixierte Europäische Haus wird nicht müde, die Minderheitenrechte in den Verfolgerländern einzufordern, und auf Mißstände aufmerksam zu machen. Doch willkommen sind die ausgehungerten und ausgezehrten Flüchtlinge, zumeist Frauen und Kinder, natürlich nicht. Während Bundesaußenminister Kinkel erklärt: "Das Kurdenproblem muß an der Wurzel gepackt werden; das Problem ist nur mit politischen Mitteln lösbar; wenn Menschen- und Minderheitenrechte respektiert würden, kommt es auch nicht zu solchen Fluchtbewegungen", unterstützt seine Regierung weiterhin den Vernichtungskrieg gegen das kurdische Volk. Seine Rhetorik ist der raffinierte Versuch, von der Verantwortung des BRD-Imperialismus abzulenken. Es sind deutsche Waffen und Militärhilfe an die Türkei, die einen Vernichtungsfeldzug gegen die Zivilbevölkerung ermöglichen.
Hierin wird einmal mehr die zynische Doppelmoral der aufgeklärten europäischen Staaten deutlich, allen voran Deutschland, die am liebsten verfolgte Menschen ihrem eigenen Schicksal überlassen will. Der Gipfel dieser Schändlichkeit wird darin deutlich, daß sich ein Großteil der Medien an dieser Meinungsbildung beteiligt und die Flüchtlingsströme lediglich als das Werk krimineller Schlepperbanden anprangern, und über mögliche Strategien diskutieren, wie derartige Ströme unterbunden werden können, den eigentlichen Fluchtursachen jedoch kaum Beachtung schenken. Seien es albanische Flüchtlinge, die dem Chaos ihrer Heimat entrinnen wollen, kurdische, irakische, iranische und tamilische Flüchtlinge, die politischen Repressionen in ihrer Heimat entrinnen, bosnische Kriegsflüchtlinge, die den ethnischen Säuberungen verbrecherischer Kriegstreiber mit einem lebenslangen Traum entkommen oder mögliche algerische Flüchtlinge, die dem grausamen islamischen und staatlichen Terror ihres Landes den Rücken kehren müssen, sie alle sind unerwünscht.
Anstatt Strategien gegen die eigentlichen Fluchtursachen zu entwickeln, um so den Menschen in den Ursprungsländern eine reale Perspektive zu bieten, wird die europäische Festung mit allen denkbaren politischen und technischen Mitteln systematisch ausgebaut, um so die Heiligkeit des Wohlstandes zu schützen.
Solange die Weltökonomie dem Selbstlauf der sog. Marktkräfte überlassen bleibt und einzig der Profitlogik gehorcht, werden weder der Welthunger und die absolute Verelendung beseitigt noch der Raubbau an der Natur gestoppt noch der ihrer Lebensgrundlagen enteigneten Elendsflüchtlinge, die Einlaß und Asyl in die kapitalistischen Metropolen begehren, aufgehalten werden können.

·GLEICHE RECHTE FÜR ALLE!
·OFFENE GRENZEN UND BLEIBERECHT FÜR ALLE!
·EIN EUROPA DER DEMOKRATIE, DER ARBEIT, DES FRIEDENS UND DER SOLIDARITÄT!


widerstand@koma.free.de