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MAIDAY

Allerlei gegen MAI

Mit straßentheater- und flugblattaktionen wurde der erste österreichweite anti-mai-aktionstag am 19. märz begangen. Es ging dabei vor allem darum, das multilaterale investitionsabkommen, welches in bälde von den OECD-staaten, darunter österreich, unterzeichnet werden soll, einer breiteren öffentlichkeit bekannt zu machen, die bislang von den bürgerlichen massenmedien nur wenig gelegenheit geboten bekam, von dem weitreichenden abkommen (siehe TATblatt +92) überhaupt zu erfahren. Darüber hinaus sollte widerstandsbereitschaft demonstriert werden. Weltweite aktionstage sind für die tage vom 18. bis 20. mai geplant.

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Die linke umweltschutzgruppe VIRUS versteigerte am wiener stock-im-eisen-platz regierungssitze einer imaginären weltregierung unter von aktivistInnen dargestellten großkonzernen. Grüne naturwissenschaftsstudis verlasen den vertragstext vor franz-josefs-bahnhof und wiener hauptuni. Von den unüblichen kundgebungsreden verwirrte passantInnen wurden mit flugblättern näher informiert. Über weitere aktionen liegen uns noch keine informationen vor.

Die grün-alternative jugend und global 2000 solidarisierten sich in presseaussendungen. Ein österreichweiter anti-mai-kongress fand am darauf folgenden wochenende in innsbruck statt. Wir hoffen, darüber mehr im nächsten TATblatt veröffentlichen zu können.

Die de-facto mediensperre wurde am aktionstag überraschenderweise vom "kurier" durchbrochen. Unter dem titel "Alle Macht den Multis" wurde eine reihe von kritikpunkten am abkommen wiedergegeben. Von kurzen pro-mai-meldungen und polemiken in der "presse" abgesehen, war der "kurier" damit das erste bürgerliche medium in österreich, das über das MAI berichtete. Lediglich in alternativen medien von akin über südwind bis TATblatt war bislang hierzulande über das abkommen zu lesen.

Selbst die an die OECD-staaten gerichtete empfehlung des europaparlaments, das MAI nicht zu unterzeichnen, und kritik durch den ÖGB fand hierzulande über die apa hinaus keine resonanz.
 

ÖGB-protest

Der vorsitzende des ÖGB-EU-ausschusses und europaabgeordnete Harald Ettl und der ÖGB-vertreter im wirtschafts- und sozialausschuss der EU Ernst Tüchler hatten am 11. märz  den aktuellen MAI-entwurf als "nichts anderes als die einschränkung der wichtigsten  arbeitnehmerrechte durch die hintertür" kritisiert. Sie betonten dabei aber, dass sich ihre kritik nicht grundsätzlich gegen das MAI richte. Es dürfe jedoch erst nach breiter öffentlicher diskussion und befassung der parlamente von unterzeichnerstaaten und EU abgeschlossen werden.
 

EU: pro und contra

Das europaparlament forderte in einer am 11. märz mehrheitlich beschlossenen entschließung, dass vor einer unterzeichnung geklärt werden müsse, inwieweit die angestrebte liberalisierung von grenzüberschreitenden investitionen die umwelt- und sozialstandards der EU und deren wirtschaftspolitik aufweichen oder beeinflussen könne.

Der zuständige EU-kommissar Leon Brittan verteidigte das MAI hingegen und betonte, dass gerade die EU als weltweit größter investor interesse an anti-diskriminierungs-regelungen für investitionen habe.

Der österreichische verhandler hat sich unterdessen der französischen forderung nach ausnahmen im bereich der kulturförderung angeschlossen. Ein gemeinsamer vorschlag für eine ausnahmeregelung soll ausgearbeitet und auch den anderen EU-verhandlerInnen vorgelegt werden. Diese sollen bereits unterstützung für diese ausnahmebestimmung in aussicht gestellt haben, so kunst-staatssekretär Wittmann.
 

internationaler protest

Sozial- und umweltpolitische sowie antikapitalistische initiativen und befreiungsbewegungen halten freilich an der grundsätzlichen ablehnung des MAI fest.

Für die tage vom 18. bis zum 20. mai sind anlässlich einer weiteren OECD-verhandlungsrunde weltweite aktionstage gegen die welthandelsorganisation WTO und das MAI geplant (siehe artikel "The WTO kills people - Kill the WTO" in diesem TATblatt). Dies wurde bereits ende februar bei einem treffen der kampagne "peoples global action - PGA" in genf beschlossen. An dieser kampagne beteiligen sich u.a. die brasilianische landlosenbewegung MST, die philippinische bäuerInnenbewegung, die sandinistische gewerkschaft nicaraguas und die EZLN aus mexiko.
 

vorläufiger weiterer (anti-)MAI-fahrplan:

 

do. 26. märz:

diskussionsveranstaltung: "M.A.I. - die investitionsfalle - alle macht den multis?"
vortarag und diskussion mit Claudia Werlhof (uni-innsbruck), Bernhard Mark-Ungericht (uni graz)
19.00 uni-wien, hauptgebäude (wien 1, dr.-karl-lueger-ring 1), hörsaal 26

do. 2./fr. 3. april

OECD-umweltministeerInnentreffen

sa. 25. april

9.30-19 uhr: kongress gegen das MAI in bonn (audimax der pädagogischen fakultät der universität bonn, romerstr. 164, D-53111 bonn, brd)
nähere infos: komitee widerstand gegen das MAI, c/o Prof. Maria Mies, Blumenstraße 9, D-50670 köln, tel.: 0049/221-135249, fax: -1391737

mo. 27. april

ursprünglich geplanter MAI-unterzeichnungstermin (dieser termin dürfte aber vermutlich nicht eingehalten werden können - in gewöhnlich gut informierten kreisen wird eine vertragsunterzeichnung nicht vor herbst 1998 erwartet, es kann sich aber freilich auch um ein beschwichtigungsmanöver handeln!)

fr. 1. mai

internationaler kampftag der arbeiterInnenklasse und damit in mehrerer hinsicht logischer anti-mai-aktionstag (teilnahme mit entsprechenden transparenten bei diversen aufmärschen)

mo. 18. - mi. 20. mai

internationaler anti-mai-aktionstag

weitere infos:

in der blackbox:

anarchy/MAI-infos

im WWW:

http://www.mai.flora.org
http://www.nassist.com/mai/
http://www.oecd.org/daf/cmis/mai/maindex.htm
http://www2.hu-berlin.de/studis/refrat/MAI/

Aktionen gegen das MAI werden u.a. von der gruppe VIRUS geplant. Nähere infos im WUK-umweltbüro, 1090 wien, währingerstraße 59, treffen jeden dienstag ab 19 uhr, journaldienst: do. 15-18 uhr, mi. u. fr. 10-13 uhr. tel.: 01/402 69 55, fax: 01/ 403 27 37, e-mail: virus.umweltbuero@blackbox.at


aus: TATblatt Nr. +94 (6/98) vom 26. März 1998
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