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    Ölinvestitionen unerwünscht.

In vielen Ländern kämpfen Betroffenen verzweifelt gegen Konzerne, die ihr Leben und ihre Umwelt zerstören. Ein relativ neuer Brennpunkt ist Ecuador, wo große unerschlossenen Lagerstätten schlummern. Widerstand gibt es gegen neue Erschließungsversuche, aber auch eine Kampagne für die Sanierung von Altlasten.
Eine neue interne Studie der Weltbank stellt fest, daß diese Institution ihre Investitionen in den Öl- und Kohlesektor bis 2008 beenden sollte.

TATblatt.

Bis 1992 betrieb ChevronTexaco gemeinsam mit der staatlichen Petroecuador ein riesiges Ölfeld in den Provinzen Sucumbios und Orellana an der Grenze zu Kolumbien. Bis heute gibt es auf den ehemaligen Bohrfeldern große Ölpfützen. ChevronTexaco behauptet zwar, daß infolge eines Abkommens mit der Regierung von Ecuador 40 Mio. US$ in die Sanierung investiert wurden und alles gereinigt sei, doch die Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Deshalb ist vor einem US-Gericht ein Prozeß von 30.000 Indigenen gegen ChevronTexaco anhängig, der entscheidende Auswirkungen auf die Zukunft der Ölbranche haben wird. Bis jetzt ist die Ölindustrie unbeeindruckt; erst voriges Jahr stellten Ölkonzerne eine neue Pipeline mit einer Investitionssumme von 1,4 Mrd. US$ fertig. Doch wenn das US-Gericht tatsächlich den Indigenen annähernd realistische Schadensersatzforderungen zugesteht, könnte das nachdrückliche Auswirkungen auf das Investitionsklima in Ecuador haben. Ecuador wird politisch als eines der wenig stabilen Länder Südamerikas eingestuft.

Indigene Gegenwehr.

Im Süden Ecuadors gibt es seit drei Jahren heftige Gegenwehr gegen neue Ölbohrungen. Dort haben die argentinische Ölgesellschaft CGC und U.S. Burlington Resources Inc. eine Konzession, ohne auch nur eine Ölquelle anzubohren. Die Achuar-Indios verteidigen den Wald gegen die Konzerne, bisher erfolgreich. Es gibt häufige Demonstrationen und als Nachdruck wurden auch Arbeiter der Konzerne gekidnappt. "Wir haben die Tatsachen gesehen, wir möchten nicht, daß uns das geschieht was in Sucumbios und Orellana passiert ist", so Milton Callera von den Achuar. Auch von den Sarayacu in Nachbarschaft zu den Achuar kommen wenig versöhnliche Töne: "Wir lehnen jedes Ölentwicklungsprojekt ab".
Ecuadors Energieminister Carlos Arboledo versucht die Situation zu retten, indem er versichert: "Wenn die Firmen ihre Aktivitäten beginnen, werden wir Vorsichtsmaßnahmen treffen und zivile Behörden und die Polizei anweisen sie zu unterstützen". Andererseits klagt die CGC darüber, daß sie schon seit 1996 bohren könnte, wenn sie nicht daran gehindert würde.

Ölökonomie.

Die Regierung will unter allen Umständen den Ölsektor ausweiten, der schon jetzt 20% der Wirtschaft ausmacht. Dazu sollen in den nächsten acht Jahren 6,4 Mrd. US$ an Investitionen ins Land geholt werden.
Von der Ölindustrie wird bemängelt, daß es die Regierung nicht geschafft hat die Öleinnahmen auch nur ansatzweise in die Regionen fließen zu lassen, sondern daß alles durch die Zentralregierung verbraucht wird. Außerdem gibt es formal noch immer ein von den Indigenen durchgesetztes gesetzliches Moratorium für Neuexplorationen, das offiziell bisher nicht beendet wurde. Und außerdem meinen die Ölinvestoren, daß es genügend Konkurrenzländer gibt, etwa den Nachkriegs-Irak, wo die Bedingungen einfacher wären.
Letztlich wird es für die Regierung wahrscheinlich sogar sehr schwierig werden, einen Rückzug von Ölfirmen zu verhindern. Als schönes Beispiel könnte hierzu die OMV dienen, die in Ecuador aktiv ist, aber dafür heftig kritisiert wird (siehe dazu auch TATblatt +205).

Weltbankstudie gegen Öl- und Kohleabbauinvestitionen.

Eine neue Front gegen den Ölsektor hat sich bei einem der Kerninvestoren aufgetan. Die Weltbank gab 2001 als Antwort auf vehemente Kritik an der Finanzierung einer Ölpipeline im Tschad bzw. Kamerun und der kaspischen Ölpipeline eine Studie in Auftrag. Das Ergebnis liegt nun vor und bereitet den Weltbankern ziemliche Probleme. Darin empfiehlt das Untersuchungsteam nämlich, alle Investitionen der Weltbank in Öl- und Kohlebergbau bis 2008 zu auslaufen zu lassen und damit zu beenden. Die Gruppe für den Bericht "Extractive Industry Review" war von Weltbank-Präsident James Wolfensohn persönlich beauftragt worden. Vorsitzender der Gruppe ist Emil Salim, ehemaliger Umweltminister von Indonesien, wo es (neben Indien) mehrere der brutalsten Projekte der Weltbank auf diesem Gebiet gibt.
Gemäß der Studie verstärken die Weltbank-Projekte im Öl- und Kohlesektor die Armut, verursachen Menschenrechtsverletzungen und verschlechtern die Umweltbedingungen, sowohl lokal als auch global.
Rashad Kaldany, Direktor der Abteilung Bergbau-Öl-Gas-Chemie in der Weltbank, windet sich entsprechend auf die Frage, was die Folgen der Studie sein werden: "Es ist eine jener, die wir genau studieren und die wir mit verschiedenen Aktionären weiter besprechen werden".  Nach der Besprechung mit den 184 Ländern, die in der Weltbank Mitglied sind, wird es eine Antwort Anfang dieses Jahres geben.
Die Untersuchungsgruppe hat als Folgerung ihrer Untersuchungen präsentiert, daß die Weltbank "ihre knappen Mittel" in Zukunft in erneuerbare Energien, Umwelttechnologie, Energieeffizienz und Reduzierung von Emissionen investieren soll.

Unterstützung.

Unterstützung ist immer und überall möglich. Schließlich leben wir in einer ziemlich vernetzten Welt. Ein Anfang kann durch die Beteiligung an Aktionen von diversen Umwelt- und Solidaritätsgruppen gemacht werden, die Aktionsaufrufe veröffentlichen. Dann braucht es nicht mehr viel mehr als entweder einen Internetanschluß (anonym im Internet Cafe) oder eine Telefonleitung und etwas Ausdauer. Mit einer vorausbezahlten Telefonwertkarte (die der Telekom Austria ist eindeutig die teuerste, lieber eine einer privaten Gesellschaft, die es in den Handyshops gibt) kostet die Minute in die USA oder sonst wo auf der Welt nur etwa 5 Cent. Wichtig ist dabei lästig zu sein, es nicht bei einem kurzen Anruf bewenden zu lassen oder ein Mail zu schreiben und das war's dann.  Allerdings hat auch der gute alte Protestbrief sein gutes und wird registriert, was beispielsweise amnesty international durchaus schätzt. ai kann sogar beweisen, daß nur aufgrund von Briefen oder Postkarten politische Gefangene besser behandelt oder sogar freigelassen wurden.
Das alles ist zwar nur ein Teil der Möglichkeiten, aber ein leicht zu realisierender. Weitere Informationen über Aktionsmöglichkeiten, wie revolutionärer Tourismus in Krisengebiete,  direkte Aktionen, Infiltrierung von Unternehmen usw. bieten die Zeitschriften und Homepages verschiedener Aktionsgruppen.

Einige Tips:
Erstklassige Informationsquellen und Aktionsaufrufe sind auf folgenden Seiten zu finden:
http://www.ran.org, http://www.bankwatch.org, http://www.amazonwatch.org, http://www.corporatewatch.org und zu Indonesien speziell http://www.gn.apc.org/dte

Für Aktionen diverser Art sind besonders die britischen und US-Radikalen eine unerschöpfliche Fundgrube. Einstiege mit zahllosen Querverweisen bieten http://www.earthfirstjournal.org, http://www.schnews.org.uk und die Tierrechtsszene, z.B. http://www.shac.net, http://www.nocompromise.org oder http://www.veggies.org.uk.
Ganz besonders aufschlußreich ist das Kapitel "Supporting the Rebellion beyond the Core" in der letzten Ausgabe von Do or Die von Earth First! UK; siehe http://www.eco-action.org/dod

Letztlich hier noch zwei "radical booksellers": http://www.akpress.org und http://www.loompanics.com. Übrigens, wer bei Loompanics Bücher auf eigenen Namen kauft, braucht sich nicht zu wundern, wenn es bei einer eventuellen Einreise in die USA Schwierigkeiten gibt. Außerdem beschafft sich das FBI über die Kreditkartenabrechnungen Zugang zu KundInnendaten, auch darüber was gekauft wurde.
     

aus TATblatt Nr. +206, Jänner 2004.

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