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Opernballdemo 2003.
Bericht aus der "Liesl".

     
   

von einem Demoteilnehmer.

     
Ich wurde wie viele andere auch zum Getreidemarkt gejagt und dort eingekesselt. Nachdem wir die Robocops davon überzeugen konnten, dass sie nun langsam das Einprügeln auf uns einstellen können, warteten wir eine halbe Stunde, bis wir langsam abgeführt wurden (ein paar Mal gabs noch kurz Schilde zu küssen). Nun dann gings ab in die Roßauerlände (in das Polizeigefangenenhaus), to se famous "Liesl".  

Zuerst war ich mit 6 anderen in der "Ausnüchterungszelle", wo wir eine halbe Ewigkeit warteten, bis wir zur Personalienaufnahme drankamen (hier sei nebenbei noch bemerkt, dass weibliche Festgenommene erst sehr spät hier eintrafen). Mir wurden dabei meine Rechte nicht erklärt. Außerdem versuchte mir einer der Beamten den Anruf bei der Rechtshilfe mit Kommentaren wie "Vergiss es, da hebt keiner ab, haben schon Leute vor dir probiert, des is der einzige Anruf denst hast, also wähl gut" auszureden. Ich rief die Rechtshilfe an, und siehe da, sofort kam jemand an den Apparat. Danach verweigerte ich meine Aussage und Unterschriften, worauf dann einer der Beamten mit "Guat schleich di du Oaschloch, i scheiß auf di!!" reagierte. Naja, ich ließ mich nicht auf sein Niveau herab und marschierte mit einem Beamten rauf in den 4.Stock.

Die Zelle.

Wir kamen zu einer Zelle auf der in großen Buchstaben geschrieben stand "WC+WASSER DEFEKT". Der Herr Polizist öffnete mir die Türe und ich trat ein. Es war eine kleine Einzelzelle. Es gab da ein Klo, dessen Deckel fehlte, und welches beinahe bis zum Rand voll war, teilweise schien diese dunkelbraune Brühe schon zu Erde zu werden. Die Wand über und neben dem Klo war mit braunen undefinierbaren Flecken und Spritzern überzogen. Es gab kein Waschbecken, geschweige denn Wasser (außer der Brühe im Klo eben). Ein kleines zerfurchtes Brett ragte aus der Wand und schien mir der Tisch zu sein. Zu meiner Linken gabs ein kleines Metall-Rost-Bett mit einer dünnen Matratze, die nach Urin stank, drauf, sonst nichts. Dann gabs noch ein kleines Fenster, welches einen Spalt von 1cm offen war und sich weder schließen noch weiter öffnen ließ. Eine Dreckschicht überzog das Milchglasfenster sodass man froh sein konnte, wenn man durch dieses Fenster zumindest Tag von Nacht unterscheiden konnte. Nun ich legte mich aufs Bett, benutzte meine Jacke als Polster. Dann traten zwei Wärter vor meine Türe, starrten durch das 5x5cm große Fenster in der Türe zu mir hinein, machten abfällige Scherze über meine Haare(Dreads)... Ich ignorierte sie und betrachtete meine Zelle. Die bekritzelten Wände waren wahrlich noch das Schönste im ganzen Zimmer. Ich stand auf und rief durch die Tür, dass ich Wasser haben will, worauf nach einiger Zeit ein Wärter mit einem Plastik-Party-Becher kam und mir diesen überreichte. Ich fragte ihn ob es nicht möglich wäre, mich in eine andere Zelle zu verlegen, was dieser verneinte. Ich legte mich wieder hin, versuchte etwas zu schlafen. Ich versuchte überhaupt die ganze Zeit meinen Verstand in Träume oder Gedanken zu verstricken, um nicht der Realität dieser Psychozelle zu verfallen. Am Anfang funktionierte das noch halbwegs... Dann, so im Abstand von ca. einer halben bis ganzen Stunde wurde ich immer wieder nach unten in die Büroräume beordert, zwecks x-facher Personalienaufnahme und x-fachen "ich verweigere meine Aussage und Unterschriften"... Dann war das vorbei, ich legte mich in der Zelle schlafen. Es ist wirklich ein grausiges Gefühl, in dieser Zelle aufzuwachen. Durch das kleine Fenster schimmerte etwas Licht herein und ich konnte so erkennen, dass es wohl Tag ist, doch ich konnte nicht sagen ob es jetzt 8 am Morgen oder 5 am Nachmittag ist ... Ich hatte am Vorabend zuviel Flüssigkeit zu mir genommen, und diese musste wieder raus. Konfrontiert mit diesem WC stellte ich mich hin, biss die Zähne zusammen und entleerte meine Blase.
Dies schien das Ganze im WC irgendwie aufzuwühlen, jedenfalls explodierte richtiggehend ein beißender, widerwertigster Geruch im ganzen Zimmer, der mich fast zum Kotzen brachte. Ich legte mich aufs Bett, und wickelte die Jacke um den Kopf um den Gestank nicht mehr mitbekommen zu müssen. Es half nichts. Dann wurde die Tür aufgesperrt, ein "neuer" Wärter überreichte mir ein Stück trockenes Brot und einen kleinen Würfel Butter. Ich legte das auf den "Tisch" und legte mich wieder hin, versuchte mithilfe des Schlafes dieser Zelle zu entrinnen.... Als ich dann wieder munter war, wollte ich das Brot essen. Ich hob es hoch und bemerkte die Dreckschicht am Tisch. Angeekelt versuchte ich die untere Seite des Brotes abzukratzen, naja, ich hatte einen Wahnsinns-Hunger. Doch als ich die Butter darüber verschmieren wollte, zerbrach es in tausend Einzelteile und ich ließ es liegen. Die Zeit verging, und es kam mir vor, als ob schon zwei Tage vergangen sind, Paranoia bahnte sich den Weg in mein Hirn. Ab und zu wurde ich für irgendwas aus der Zelle geführt und in irgendein Büro um irgendwelche Daten aufzunehmen (verweiger, verweiger). Das waren die Momente auf die ich mich schon richtig gefreut habe, wenn ich auch nur für kurz diese Zelle verlassen konnte und etwas anderes sehen... Nun, es gab noch ein Mittagessen irgendwann, welches aus einem teils blutigem Stück Fleisch, ein bisschen Reis und einem Salat der nach Erbrochenem schmeckt. Der Teller war insgesamt nicht größer als meine Hand. Ich hab nach je einem Bissen dieses "Essen" weggestellt.

Nunja.

Ich will diesen Bericht nicht allzusehr in die Länge ziehen, also komm ich zum Schluss: Ich wurde so gegen 2 Uhr entlassen (Als ich da aus meiner Zelle marschierte, erzählte mir der Wärter, ich werde jetzt in U-Haft überstellt). Ich bekam meine Sachen, und wenn mich nicht alles täuscht dann fehlten da 10 Euro von meinem Geld ... aber was will man machen? Nun, am Tag danach redete ich mit einem ebenfalls verhafteten Freund von mir. Er war in einer "Massenzelle" mit sechs weiteren Personen, es waren noch zwei Betten frei dort. Sie hatten ein Waschbecken, fließendes Wasser, ein halbwegs sauberes WC, sie bekamen Zahnputzzeugs und auch Pölster und Decken für jeden. Außerdem hatten sie ein Fenster, dass sie nach Belieben öffnen und schließen konnten. Es soll auch ein Wärter gekommen sein und sie nach Bibliothekswünschen gefragt haben... Und da frag ich mich, wieso ich die Arschkarte gezogen hab? Weil ich ein "Verweigerer" war oder wegen meinen Dreads?? Tja,...Liesl, i love you......

aus TATblatt Nr. +197 März 2003.    

 

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