tatblatt.net __

 

     
     
   

Burgerketten.
McDonalds würgt.

     
   

TATblatt.

     
Neuerdings würgen nicht nur geruchsbelästigte AnrainerInnen und unbelehrbare KonsumentInnen beim Anblick des McDonalds-Zeichens, sondern auch InvestorInnen. In mehreren Ländern sperrt McD zu. Das Aushängeschild des globalen normierten Kapitalismus ist in einer Existenzkrise.  

Berichte über elende Arbeitsbedingungen sind nur eines der Imageschäden, die der Konzern nicht mehr verkraften kann. Erfahrungsberichte wie jener eines Burgerbraters bei McD in Essen, Deutschland, sind ebenso austauschbar wie Legion. Angestellte haben Dienstkleidung ohne Taschen, damit nichts geklaut werden kann, müssen auf Bestellungen des Conrollers mit „Danke schön“ antworten und sich von Schmalspurfaschisten anschnauzen lassen, die besonders gerne zur Position des Controllers aufsteigen, um dann nach unten zu treten.
Gelang es McD bisher, Gewerkschaften draußen zu halten, ist es neuerdings damit vorbei. In Paris fand zur Jahreswende ein Streik bei McD statt, weil Angestellte entlassen wurden. Der Streik endete mit einem Fiasko für den Konzern, weil alle Entlassenen wieder eingestellt werden mussten. Auch in Deutschland hat sich teilweise bereits gewerkschaftliche Organisierung breit gemacht, etwa in Göttingen. Doch am stärksten ist dieser Trend in Großbritannien, wo es von unten organisierte Gruppen in fast allen Teilen Englands und Schottlands gibt, sowie in Nordirland. Außerdem existieren nun Gruppen in Sydney, Australien, in Kanada und in mehreren Bundesstaaten der USA. Diese Gruppen sind in McDonalds Workers Resistance zusammengeschlossen, die auch am alljährlich stattfindendenden weltweiten Widerstandstag gegen McD teilnehmen.
Der letzte Aktionstag im Okt. 2002 zeigte den weltweiten Widerstand. Spontane Kurzstreiks in Italien und Frankreich, Sabotage in England, kurzes Zertrümmern von Einrichtungsgegenständen in den USA, Mahnwachen in Deutschland, Neuseeland, Schweden und anderes mehr.

Profitverfall und Schließungen.

Im Jänner verlautbarte McD Gewinneinbrüche in Europa und den USA, nachdem im vorigen Jahr Japan für Negativschlagzeilen gesorgt hatte. Im 4. Quartal 2002 verlor McD 344 Mio. US$, der erste Verlust der Firmengeschichte. Außerdem wurde ein Notprogramm zur Schließung von weltweit 175 Filialen und der komplette Rückzug aus mindestens drei Ländern beschlossen, was weitere 656 Mio. US$ kosten wird. Das scheint gering, doch die Börsen reagierten empfindlich. So war die Aktie schon vorher im August 2002 durch das Auftreten eines BSE-Todesfalles in Kanada nach unten gerasselt.
Erste dramatische Krisenzeichen kamen letztes Jahr zunächst aus Japan, wo McD im Juli mit einem Anfangskurs von 4.700 Yen neu an die Börse ging, der bis zum Ende des Jahres auf 2750 Yen absackte. In nur einem Jahr sank der Umsatz in Japan um 39,4%.

In den 31.000 Abfütterungsstellen, die Hälfte davon in den USA, in 121 Ländern setzt der Verfall ein. Die Gewinnspanne fiel 2000 von 16,4% auf 14%, die Aktie steht derzeit auf 17 US$ gegenüber 30 US$ im Juni 2002.  

Japan zeigt exemplarisch, woran der Konzern leidet. Die Umsatzeinbrüche sind auf BSE-Fälle zurückzuführen. Darauf hin warb der Konzern damit, daß nur australisches Rindfleisch verwendet würde. Doch australische UmweltschützerInnen machten diese Entlastungsoffensive zunichte, indem sie in Japan eine Kampagne aufzogen, weil für diese Weiden Urwälder vernichtet werden. Australien hat die höchste Vernichtungsrate von Urwäldern von allen Industrieländern.
Zuletzt kam auch noch heraus, daß in Japan McD-Spielzeug aus China importiert wird, wo es durch Kinderarbeit hergestellt wurde. Kinder ab 12 Jahren mussten dafür 16 Stunden am Tag arbeiten. Das alles belohnten japanische KonsumentInnen mit massiver Konsumenthaltung.

Weltweit unbeliebt.

Die Unbeliebtheit von McD hat sich in ungekannte Ausmaße gesteigert. Im September 2001 explodierte eine Bombe in einem Lokal in Istanbul. Im Februar 2003 wurde wiederum in Istanbul eine Bombe rechtzeitig entschärft.
In Indonesien wurden durch einen Bombenanschlag auf der Insel Sulawesi drei Menschen getötet. Im Jahr 2002 gab es eine weitere Bombenattacke auf eine Filiale in Jouineh im Libanon, sowie in Saudi-Arabien. Dort ging ein mit einer Pistole bewaffneter Mann in die Filiale nahe einer US-Militärbasis in Riyadh hinein und zündete diese mit Benzin an. Die Filiale brannte nieder, der Täter entkam und die Regierung entschuldigte sich bei der US-Regierung. Im Okt. explodierte in Moskau vor dem McD eine Autobombe, wodurch sieben Personen verletzt wurden.
Aber auch der ganz normale Widerstand trägt überall Früchte. Im Dez. 2002 jubelten mexikanische AktivistInnen in Oaxaca, die eine neu Filiale verhinderten.
Manchmal wirkt allerdings auch höhere Gewalt. Im Dez. explodierte eine Filiale in Bombay in Indien, weil die Klimanlage defekt war. Es wurden 17 Personen verletzt.

Heimatliche Probleme.

In den USA haftet McD das Image von „dreckig, teuer und minderwertig“ an. Schon seit langem rangiert dort der Symphatiewert gegenüber der zahlreichen Konkurrenz ganz an den letzten Stellen. „die Leute sind von dem Essen gelangweilt und ein wenig fürchten sie es nun auch noch“, bringt es eine Marktforscherin der Universität in Cambridge, Massachusettes, auf den Punkt.
Suboptimal für das Image ist auch ein jüngster Vorfall in Pompona Beach, wo ein Manager eine Kundin angespuckt und mit einem Telefonhörer als Waffe verprügelt hatte. Die Kundin trug eine Risswunde am Kopf davon, der Manager wurde zu 36 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Gerichtlich bestätigter Dreck.

Kritische Dimensionen haben die Prozesse von KonsumentInnen wegen der Qualität und den Folgen des Essens erreicht. Ein Richter wies zwar die Klage eines fettsüchtigen Konsumenten ab, der nur bei McD gegessen hatte, gab aber in seiner Urteilsbegründung entscheidende Hinweise für weitere Prozesse. Laut Klage ist der Chicken McNugget „gefährlich und nachteilig“, was Richter Robert W. Sweet von Bezirksbundesgericht in Manhattan durchaus bestätigte und darüber hinaus ging. Demnach könnte eine Klage in die Richtung gehen, daß McD das Essen so manipuliert, daß für KonsumentInnen die Folgen nicht mehr vorhersehbar sind. McD würde das Essen so verändern, daß es „vollständig anders und gefährlicher sei als man erwarten könne“. Zum Beispiel sei Chicken McNuggets nicht einfach Huhn in einer Pfanne gebraten, sondern „eine Kreation McFrankenstein veschiedener Elemente, die von einem Koch im Haus nicht verwendet werden“.

Problemzone Frankreich.

Frankreich war bis vor kurzem das weltweit profitabelste Land für McD, verursacht durch die geringe Konkurrenzierung durch andere Ketten. Doch damit dürfte es endgültig vorbei sein.
Zum einen mußte der Anführer des Bauernverbandes Confederation Paysanne, Jose Bové, von Beileidskundgebungen der Medien und Ermunterung durch Präsident Chirac für die Demontage einer in Bau befindlichen Filiale in seiner Heimatregion eine Haftstrafe absitzen. Im November 2002 brannte dann eine neue Filiale in Ostfrankreich kurz vor der Eröffnung ab. Schon vorher gab es Bombenanschläge in der Bretagne.

Anschließend geht das Ganze an den "Controller" zum Einpacken. Jede/r, der/die dort arbeitet, hat Verbrennungen und Brandnarben von den Fingern bis zur Hälfte der Unterarme. Je länger Leute dort arbeiten, desto tiefer und dauerhafter die Narben.  

Außerdem sah sich McD gezwungen, in Frauenmagazinen eine Anzeigenkampagne zu schalten. Darin wurde Frauen und Kindern empfohlen nicht öfter als ein Mal pro Woche bei McD zu essen, da das Essen unausgewogen sei und fett mache. Hintergrund ist der dramatische Anstieg von Fettsucht als Folge von Fehlernährung unter Frankreichs Jugendlichen.
Zudem gewinnen Konkurrenten zunehmend an Boden. Die Brot- und Gebäckketten und Sandwichrestaurants graben in Paris McD das Wasser ab, vor allem in den Tourismuszentren der Stadt.
Was McD in Frankreich besonders beunruhigt, ist, daß Kinder von vier bis sieben Jahren sich abwenden und überhaupt nur mehr durch das zusätzliche „geschenkte“ Spielzeug zu einem McD zu bringen sind. Die Marktforschung hat ergeben, daß die Mehrheit der Kinder das „Essen“ angewidert stehen lassen und nur am Spielzeug Interesse zeigen. In der Altersgruppe von 15 bis 25 Jahre ist überhaupt Massenabstinenz bemerkbar.
Waren ursprünglich für Frankreich 2200 Filialen geplant, ist dieser Prozeß nun bei 1000 Filialen endgültig zum Stillstand gekommen.

Sonstige Probleme.

Die Steuerbehörde Guatemalas zerrte McD in das Licht der Öffentlichkeit, weil der Konzern Steuerschulden in $-Millionenhöhe angehäuft hatte.
In Großbritannien haben 36 Geschädigte, hauptsächlich Kinder, McD verklagt, weil Kaffee und Tee so heiß ausgeschenkt werde, daß dieser ungenießbar sei.
In Norwegen sorgte der Name des neuesten Produkts, „McAfrika burger“ für helle Empörung. Die Entwicklungshilfeorganisation Christian Aid und das Norwegische Rote Kreuz protestierten gegen den Namen, wenn gleichzeitig 12 Millionen Menschen im südafrikanischen Raum an Unterernährung leiden würden. Die Negativpublicity war unbezahlbar.

Nur ein Land.

Nur in einem Land wird weiter minderwertiger Dreck kritiklos gefressen, das ist Österreich. Die Konzernleitung verweist jubelnd darauf, daß in Österreich expandiert wird und keine Krisenzeichen zu bemerken sind. Österreich, der „Feinkostladen der EU“ (O-Ton EU-Propaganda der Bundesregierung 1994). Die dumpfe Masse ist allerdings nur ein Teil des Phänomens.
Geschäftsführer Christian Wimmer von McD-Österreich weist auch darauf hin, daß es in Österreich pro Kopf weniger Lokale als in anderen Ländern gibt und daß die Konkurrenz geringer ist. Dieser wichtige Grund ging aber in dem jüngsten Jubelgeheul der Journaille über die neueste Bilanz von McD-Österreich vollständig unter, denn dazu hätte es des Lesevermögens für wirtschaftliche Kennzahlen bedurft.

Schließungen fast überall.

Obwohl sich der Konzern bedeckt hält, wo geschlossen wird, ist einiges durchgesickert. Schon länger bekannt ist, daß in Serbien ein Drittel der Filialen dicht gemacht wird.
Unter den jetzt genannten 175 Schließungen in zehn Ländern sind 13 Filialen in Dänemark. Schmerzlich für das Image dürften auch die Schließungen in London, etwa in der prestigeträchtigen Oxford Street, sein, wo McD erbittert von AnrainerInnen bekämpft wird. Eine neue Filiale im Sheffield konnte dank dem Widerstand der AnrainerInnen und der lokalen Wirtschaftsvertretung erst gar nicht aufmachen.
In den USA gehen Wirtschaftanalystinnen davon aus, daß Reformmaßnahmen frühestens 2002 zu einer Trendwende führen werden. In den USA muß die Hälfte aller Filialen umgebaut werden, um dem Konzern ein neues Image zu verpassen. Bis dahin ist bestenfalls Stagnation angesagt.
Einen vollständigen Rückzug setzte McD in Bolivien. Seit dem 29 Nov. 2002 ist McD dort Vergangenheit. Gerüchte wollen allerdings nicht verstummen, daß außer in Bolivien noch weitere sieben Länder aufgegeben werden.

Infos:

www.mcspotlight.org
www.mwr.org.uk
.

aus TATblatt Nr. +197 März 2003.    

 

>>TATblatt-Homepage  

©TATblatt, 2003
Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, nur in linken alternativen Medien ohne weiteres gestattet (Quellenangabe und Belegexemplar erbeten)!

In allen anderen Fällen Nachdruck nur mit Genehmigung der Medieninhaberin (siehe Impressum).