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Philosemitismus durch Geschichtsfälschung historisch abgesichert

Mitte Jänner hat das Landesgericht Salzburg gegen den Künstler Wolfram Kastner ein Strafverfahren wegen "schwerer Sachbeschädigung" eingeleitet. Grund dafür ist die Vervollständigung eines sinnentstellten Zitates Theodor Herzls an einer Gedenktafel in der Stadt Salzburg.

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Der Begründer des Zionismus Theodor Herzl, der im Zuge sein Rechtsreferendariat am Salzburger Landesgericht ableistete, schrieb einst in sein Tagebuch: "In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu. Ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden." Nun ja, da bekanntlicherweise nur wenig gutes über einen "architektonisch-erzbischöflich-stumpfsinnig-nationalsozialistisch-katholischen Todesboden" (Thomas Bernhard) wie Salzburg gesagt werden kann, haben sich also die "schwachsinnigen Bewohner mit ihren gemeinen Gesetzen" (T.B.) daran gemacht konsequenterweise Geschichte nach ihren eigene Vorstellungen schönzuschreiben. Und folgerichtig wurde letztes Jahr also eine Marmortafel mit dem verkürzten Herzel Zitat angebracht: "In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu."

Am 29. August 2001 nahmen die beiden Künstler Wolfram P. Kastner und Martin Krenn mit ihren StudentInnen in aller Öffentlichkeit eine handschriftliche Vervollständigung des Zitats - eine "Rückgabe der unterschlagenen Worte" - vor, in der Hoffnung, dass dies die Stadt dazu bewegen könnte, über das eigene Geschichtsbild nachzudenken. Statt den Hinweis aufzugreifen und ohne Aufsehen eine Tafel mit dem vollständigen Zitat anzubringen, wurde die handschriftliche Ergänzung jedoch nach drei Tagen fein säuberlich mit weißer Farbe übertüncht und den Rest dem üblichen Amtsweg in Form der österreichischen Justiz überlassen, ein Strafverfahren wegen "schwerer Sachbeschädigung" eingeleitet.

Auch als Kommentar dazu kann eigentlich nur Thomas Bernhard herhalten: "Alles in dieser Stadt ist gegen das Schöpferische, und wird auch das Gegenteil immer mehr und mit immer größerer Vehemenz behauptet, die Heuchelei ist ihr Fundament, und ihre größte Leidenschaft ist die Geistlosigkeit, und wo sich in ihr Phantasie auch nur zeigt, wird sie ausgerottet."

 

aus TATblatt Nr. +181 vom 2.Februar 2002

 
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