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Stellungsnahme der Anti-WTO Koordination Bern zum "Bericht über das Jahrestreffen 2001 des World Economic Forum Davos - Chancen und Risiken für die Zukunft" von Peter Arbenz und den Begleitbericht der Graubündner Regierung (siehe >>>http://www.gr.ch/parlament_ger.html). Der über 100 Seiten starke Bericht ist aber gerade auch in Hinblick auf das WEF Treffen in Salzburg von großem Interesse.

Gleichzeitig mit erscheinen des Berichtes geht auch die Mobilisierung nach Davos in ihre heiße Phase: Auch heuer findet vom 29.1. bis 05.02.02 findet das WEF in Davos statt. Das Anti-WEF-Bündnis mobilisiert im Zuge einer internationalen Kampagne zu einer Gegen-Demo am 02.02.02 um 02:02 Uhr. Und Auch dieses Jahr wird das breitgefächerte Bündnis jeglichen Dialog mit dem konsequenterweise WEF ablehnen.

Wir spielen nicht mit!

Anti-WTO Koordination Bern, 6.9.2001 (gekürzt)

Der langerwartete Arbenz Bericht zum WEF 2001 sowie die Stellungsnahme der Bündner Regierung lässt auf eine verzweifelte Überlebensstrategie des schwer angeschlagenen WEF schliessen. Neben der vielen schönen Worten und Absichten verstehen wir den Bericht als unmissverständliche Drohung gegen alle, die grundsätzliche Kritik an den selbsternannten Global Leader des WEF üben.

Diese Drohung nehmen wir ernst, lassen uns jedoch weiterhin nicht abschrecken oder abhalten nach Davos zu mobilisieren. Unsere Vorbereitungen für die Mobilisierung gegen das WEF 2002 laufen bereits auf Hochtouren. Wir sind momentan in Diskussionen mit verschiedenen Organisationen und Gruppen mit dem Ziel ein Bündnis für eine Demo in Davos aufgrund einer gemeinsamen Plattform herauszuarbeiten. Der genaue Wortlaut ist noch nicht verabschiedet; klar ist jedoch, dass keine der beteiligten Gruppen auf das Dialogangebot des WEF eingehen wird und sich dazu missbrauchen lässt das angeschlagene Image des WEF aufzupolieren. Fakt ist, falls das WEF 2002 tatsächlich in Davos stattfindet, werden sich am 2. 2. 2002 soviele WEF GegenerInnen wie noch nie auf den Weg nach Davos machen.

"Es ist klar zu unterscheiden zwischen Dialogbereiten und Gewaltorientierten", schreibt Peter Arbenz in seinem Schlussbetrachtungen. In seinem Militärkopf hat es offenbar keinen Platz für eine differenzierte Betrachtungsweise, die der Vielfalt der WEF GegenerInnen gerecht wird. Alle Organsiationen, welche aus politischen Motivationen den Dialog mit dem WEF ablehnen, werden als gewalttättig diffamiert. Mit einer solchen Betrachtungsweise wird die Kriminalisierung all jener vobereitet, die das WEF als illegitime Institution betrachten, und deren Abschaffung fordern. Bei der im Arbenz Bericht gemachten Einteilung in gute und schlechte GlobalisierungskritikerInnen, die nahtlos an den kürzlich veröffentlichten Bericht des Dienstes für Analyse und Prävention (DAP, vormals Bupo) anknüpft, ist das Entscheidende nicht die Wahl der Mittel der WEF GegnerInnen an Demonstrationen. Viel mehr geht es dabei um die Verfolgung und Verunglimpfung jener, die es wagen, von einer Welt zu träumen, die nicht die Ökonomisierung aller gesellschaftlichen Bereiche und menschlichen Bedürfnissen zum primären Ziel hat.

Die von Arbenz vorgeschlagene "Davoser Spielfeld Variante" lehnen wir klar ab. Die selbsternannten Global Leaders vom WEF mögen das Leben vielleicht als Monopoly-Spiel verstehen, mit dem Ziel die Welt unter sich aufzuteilen. Um den Spielverlauf nicht zu gefährden scheint es nun notwendig den lästigen Spielverderbern einen vom WEF finanzierten eigenen Sandkasten anzubieten, wo sie sich austoben können. Für uns ist das WEF in Davos jedoch kein Spiel. Milliarden von Menschen bekommen die Folgen des WEF-Monopoly tagtäglich zu spüren, wenn ihnen grundsätzliche Menschenrechte vorenthalten werden, wie das Recht auf Nahrung, Obdach, gesundheitliche Betreung, Bildung, etc.

Wir brauchen keinen vom WEF genehmigten Gegenkongress. Diesen gibt es bereits schon in Porto Alegre. "Eine andere Welt ist möglich" lautet das Motto und hat nichts gemeinsam mit der Monopoly Logik vom WEF und wird auch noch stattfinden, nachdem sich das WEF schon lange aus Davos verzogen hat.

Der Arbenz Bericht, sowie die Bündner Regierung rechtfertigen die Abschottung des Kantons Graubünden während dem letzten WEF und künden für nächstes Jahr ein Aufgebot in gleichem Ausmass an. Dazu wird eine vermehrte Überwachung von WEF-GegnerInnen in Aussicht gestellt: "Der Nachrichtenverbund (durch das DAP) hat sich bewährt und ist ausbaufähig. Insbesondere im Bereich der strategischen Analyse sind zusätzliche Stellen nötig, um zeitgerecht die Informationsmenge auszwerten und beurteilen zu können." (Arbenz Bericht, Seite 39).

Vier Millionen Franken soll der Bund zahlen, um diesen Privatanlass in Davos zu schützen. Als konkrete Empfehlung und Massnahme fordert Arbenz vom Kanton Graubünden u.a. "klare Kommunikation und Durchsetzung härterer Repression gegen Gewaltorientierte" (sprich Dialog VerweigerInnen). In Genua haben wir gesehen zu was die "Sicherheitskräfte" fähig sind, wenn sie auf DemonstrantInnen losgelassen werden. Nach den Erfahrungen während dem letzten WEF ist den schweizerischen Behörden durchaus ähnliches zuzutrauen.

Die WEF KritikerInnen fordern wir auf, nicht auf das fadenscheinige Dialogsangebot des WEF einzugehen. Hauptzweck des World Economic Forums ist nach wie vor die globale Vernetzung und Stärkung der 1000 grössten Transnationalen Konzerne. Die aktive Teilnahme von NGOs an Dialogen mit dem WEF, ist ein Feigenblatt, um die Zukunft des WEF nicht zu gefährden. Der Dialog zwischen Wirtschafts- und NGO-Eliten droht in diesem Rahmen zum billigen Ersatz zu werden für eine nicht geführte Auseinandersetzung mit den Betroffenen: Immer mehr Menschen erfahren die vorherrschende Form der Globalisierung als Machtkonzentration in den Händen weniger, als lebensbedrohende Gewaltprozesse und als Ökonomisierung all ihrer Lebensbereiche.

aus TATblatt Nr. +174 vom 20.September 2001

 
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