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Volks(-ver)zählung
...und die amtliche Neugier geht weiter

gedächtnisprotokoll vom 5.7.01, betrifft volxbefrager-nacherhebung:
am 5.7.01, um ca. 10.35uhr, riß mich ein gebimmel an der tür aus dem schlaf. ich drehte mich um und wollte weiterschlafen...

nach ca. dreiminütigem dauerläuten stand ich schließlich auf und ging zur tür. an der sprechanlage meldete sich ein typ, der fragte, ob ich der herr xxx wäre. als ich fragte, wer er sei, sagte er, er wäre vom magistrat, und er wäre dazu beauftragt, noch fehlende daten zur volxbefragung von mir einzuholen. seine nächste frage war in etwa in diesen worten: "sie haben das erste mal die volxbefragung verweigert, stimmt das?" ich verneinte sofort, und sagte, er solle erst einmal heraufkommen (ist doch immer lustig, mit den volxbefragern). vor der tür stand dann ein typ, höflich grinsend, und mensch merkte, der will etwas....

er meinte, wir müssen nur schnell die paar daten ausfüllen, das dauere fünf minuten, und ich hätte dann auch schon wieder meine ruhe. ich antwortete ihm, er soll mir die zettel dalassen, ich würde sie ausfüllen, und dann könne er sie ja wieder holen, oder ich schicke sie selbst an den magistrat. wir waren übrigens die ganze zeit per sie. sein höfliches grinsen verflüchtigte sich genau so schnell, wie es sich wahrscheinlich im stiegenhaus aufgebaut hat, und er meinte, das ginge nicht, denn er müsse die zetteln sofort wieder mitnehmen. ich wiederholte noch einmal, dass ich sie jetzt sicher nicht ausfüllen werde. daraufhin wurde er sehr verärgert, suchte die zetteln heraus, und murmelte sachen in einem aggressiven ton daher wie: "das dauert nur zwei minuten (jetzt waren es schon nur mehr zwei minuten!), und du tust hier blöd herum. ich fülle die bögen eh für dich aus, aber mir ist es ja wurscht, du mußt ja die konsequenzen tragen, und die strafe zahlen.... was soll das eigentlich - du bist aggressiv..." usw. ich gab ihm zur antwort, daß ich sicher nicht von irgendwem meine persönlichen daten ausfüllen lassen, schon gar nicht unter druck, und außerdem wären wir nicht per du. außerdem wies ich ihn darauf hin, daß ich keineswegs aggressiv sei, sondern eigentlich er der ist, der hier durch aggression versuche, mich unter druck zu setzen. daraufhin meinte er: "wieso ich, ich will doch nur, daß du jetzt die zetteln ausfüllst, du bist es, der aggressiv ist, ich meine, du stehst da und grinst und weigerst dich, die paar daten schnell auszufüllen" (jetzt habe ich wieder etwas dazugelernt: aggression = grinsen und sein recht einfordern) auf meinen neuerlichen verweis hin, daß wir nicht per du seien, meinte er: "was heißt hier nicht per du? - ich meine wir sind im selben alter" meine antwort: "deswegen sind wir beide trotzdem nicht per du" (ich schätzte ihn auf 29, 30, und ich selbst bin ein paar jahre jünger - nur als anmerkung). schließlich reichte er mir einen dicken (sehr dicken) stoß an zetteln in die hand, entfernte sich von meiner haustüre im rückwärtsgang, und meinte sehr aggressiv "du bist so einer ... so eine richtige zecke!" ich sagte ihm, daß ich mir das merken werde, was er jetzt gerade von sich gegeben hat, und er jetzt allfällige konsequenzen zu tragen hätte. worauf er nochmal zurückkam und verständnis suchend meinte, daß es eben streß für ihn sei, und wann er denn die zetteln wieder holen dürfte. ich sagte ihm, ich sei beruflich ein paar tage weg, und er könne sie nächsten donnerstag abholen (anm. ich freu mich schon). sein höflicher grinser funktionierte übrigens wieder perfekt. er fragte noch: "ist das auch sicher, daß sie (geht doch) da zu hause sind?" ich schaute ihn nur verwundert an und erwiderte ihm "ich sagte, sie können am donnerstag die zetteln abholen", dann meinte er noch charmant (ja, er ließ jetzt sogar seinen charm spielen) "ich meine nur, nicht daß sie wieder schlafen oder so", nett, er war darum bemüht, mich in zukunft nicht mehr aus dem schlaf zu wecken.

er verabschiedete sich und ich machte die türe zu. doch zwei minuten darauf läutete es schon wieder, und (mensch möchte es nicht glauben), er meldete sich nochmals an der sprechanlage mit folgenden worten " ich habe ihnen weiße zetteln gegeben, die nicht für sie bestimmt sind, die brauche ich wieder", ich habe zwar keine weißen zetteln bemerkt, aber jetzt fiel mir wieder der besonders dicke stoß ein.... ich sagte ihm, ich habe sicher keine weißen zetteln bekommen. er meinte, es sei sicher so, denn er hat sie auf seiner mappe liegen gehabt, und sie sind sehr wichtig. dann habe ich mir gedacht, wenn sie so wichtig sind, wollen wir doch einmal nachschauen, und ich sagte: "warten sie, ich schaue einmal" obwohl ich mindestens zwei minuten schaute, konnte ich keine weißen zetteln entdecken (vielleicht lag es daran, daß ich gerade aufgestanden war, und noch nicht so den richtigen durchblick hatte, aber auf alle fälle sah ich keine weißen zetteln. also ging ich wieder zur sprechanlage, und teilte ihm mein erfolgloses nachschauen mit. er meinte nocheinmal, daß es gar nicht anders sein könne, und glaubte nochmals betonen zu müssen, wie wichtig diese zetteln für ihn seien. ich verneinte noch mehrmals, bis er schließlich sagte: "naja, ich glaube es ihnen jetzt einmal, auf wiedersehen". ich wünschte ihm noch einen schönen tag und legte den hörer auf die sprechanlage... endlich konnte ich mich wieder ins bett legen und weiterschlafen.

ps: jetzt sieht mensch wieder einmal wie mit persönlich daten umgegangen wird, denn es könnte ja sein, daß auf diesen zetteln sachen stehen, wie z.b. daß sich herr xxx laut frau yyy schon seit drei monaten im krankenhaus aufhält, daß frau xxx laut herrn yyy schon seit zwei jahren nicht mehr da wohnt, und überhaupt könnten daten hervorgehen wie: geburtsdatum, meldedatum, wohngsnummer usw...

außerdem könnte es sein, daß solche zetteln nach dem parfum des volxbefragers riechen, und das wäre doch unzumutbar.

totalabsturz, linz, am 5.juli 2001, 12.15uhr
 

aus TATblatt Nr. +170 vom 19. Juli 2001 (22.Jahrestag der Revolution in Nicaragua)
 
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