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Nach einer mehrtägigen Zugriffssperre auf die Homepage von Mayday 2000 durch den/die zuständigeN ProviderIn, konnten die Grazer BetreiberInnen der Seite am 15. des Monats schließlich wieder auf ihre eigene Homepage zugreifen. Aufgrund eines bis dato eher ominösen Ermittlungsverfahrens gegen die Initiative aus Graz war der/die ProviderIn von der Staatspolizei Wien angewiesen worden, die Seite zu sperren, um deren Inhalt unverändert zu belassen, was allerdings nicht verhinderte, dass die Seite weiter gelesen und heruntergeladen werden konnte.
Vor allem das online abrufbare Rechtshilfe-Flugi schien es der Stapo dabei angetan zu haben, vermutete sie doch – laut telefonischer Auskunft dem/der ProviderIn gegenüber - einen "Aufruf zur strafbaren Handlung" verorten zu können.
Dieser polizeilichen Aufforderung wurde seitens des Providers ohne weiteren Gerichtsbeschluss auch sofort nachgekommen, da selbiger "es nicht auf einen angekündigten Gerichtsbeschluß auf Sperre ankommen lassen" wollte (laut Mayday 2000 Presseaussendung).
Im Zusammenhang mit diesem Vorfall bleiben nun jedoch einige nicht uninteressante Fragen unbeantwortet:

1. Wieso kann es dazu kommen, dass einE InternetproviderIn ohne gerichtliche Anordnung – lediglich auf Wunsch der Exekutive - sich dazu bewegen lässt eine Internetseite zu sperren?

2. Ist die österreichische Staatspolizei einfach nicht technisch versiert genug Internetseiten abzuspeichern, ohne selbige Sperren zu lassen?

3. Worin liegt die "Aufruf zur strafbaren Handlung" in einem Rechtshilfeflugblatt, das so oder in ähnlicher Form bei praktisch jeder Demo der letzten 15 Jahre verteilt worden ist?

>>>home.pages.at/mayday
>>>de.indymedia.org
 

Nachdem schon im Februar dieses Jahres weltweit hunderte AktivistInnen einen Internet-Angriff auf das Netzwerk des Hauptfinanziers der Tierversuchslaboratorien von Huntingdon Life Science (HLS) gestartet hatten, traf es am 14. Mai nun eine andere Zulieferfirma von HLS: Die Animal Liberation Front (ALF) bekannte sich in einer Presseaussendung zur Sabotage der Webseite von "Primate Products", der Firma also, welche die Primaten heranzüchtet, die in HLS-Laboratorien benutzt werden.
Dabei haben die AktivistInnen den Inhalt der Seite www.primateproducts.com insoweit "verbessert", als dass die zahlreichen beschönigenden Bilder und Texte der Homepage durch realitätsnähere – nämlich Bilder und Fakten aus dem Tierversuchsalltag - ersetzt wurden.
Eine Kopie der "gehackten" Seite ist hier zu finden:
>>>http://www.stephenskills.com/www.primateproducts.com
  Am Dienstag dem 8. Mai erhielt der Verantwortliche für die Domain (Internetregistrierung) des Ohio Valley IMC, Joshua Robinson, eine Vorladung unter Strafandrohung drei Tage später vor einem Gericht in Ohio zu erscheinen und sämtliche Server Log Informationen – also alle detaillierten Aufzeichnungen über BesucherInnen der bzw. Zugriffe auf die lokale Indymedia-Seite, auszuhändigen.
 
Die Logs sollten nach Vorstellungen der zuständigen Behörden über einen – zunächst nicht näher benannten, jedoch vorgeblich strafrechtlich relevanten – Beitrag der auf dem Indymedia Center (IMC) Ohio ein Woche vorher von einem/r BesucherIn anonym gepostet worden sein soll. Wie nunmehr bekannt geworden ist, soll der Polizist Steve Roach einen Beitrag auf IMC Ohio als eine persönliche "Bedrohung" gewertet haben.
Polizist Roach war am 7. Mai durch ein Gericht in Ohio des fahrlässigen Totschlags und des Behinderns der Dienstangelegenheiten für seine Rolle bei der Erschiessung des unbewaffneten Timothy Thomas in Cincinnati am 7. April angeklagt worden. Sollte er in beiden Fällen verurteilt werden, wird Roach maximal neun Monate Haft drohen. Dieses geradezu "lächerliche" Strafausmaß sowie die Tatsache, dass Timothy Thomas nur eines von zahlreichen rassistisch motivierten Polizeimordopfern der jüngeren Vergangenheit ist, hatten in Cincinnati zu massiven Protesten und der Verhängung des Ausnahmezustands geführt.
Ach ja, übrigens: die Software vom Ohio Valley IMC speichert keine dieser Log- oder Zugangsinformationen.
>>>www.ovimc.org
 

aus TATblatt Nr. +166 vom 24. Mai 2001
 
 
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