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Österreichs Holocaust-Industrie: VÖEST, Steyr, Lenzing, ...

Am 9. Februar präsentierte Norman Finkelstein sein Buch "Die Holocaust-Industrie" in Wien vor überwiegend rechtsextremem Publikum. AntifaschistInnen protestierten dagegen ...

 

von Spok


Während das Buch des US-Politikwissenschafters Norman Finkelstein im englischen Original nur in einem kleinen US-Verlag erschienen ist und dort kaum Beachtung fand, stürzte sich unter den Nachkommen der NS-TäterInnen gleich einer der größten Buchverlage, der als eher "links" geltende Piper-Verlag aus München auf das Machwerk Finkelsteins. Mit dem Erscheinen der deutschsprachigen Großauflage trat Finkelstein eine Vortragsreihe im Gebiet des ehemaligen "Deutschen Reiches" an, die ihn am Freitag, den 9. Februar auch nach Wien führte, wo er im Amadeus im Kaufhaus Steffl einen Vortrag hielt.

Vor einem Publikum, das zu zumindest 2/3 aus deutschnationalen Burschenschaftern, FPÖ-Aktivisten, darunter Peter Sichrovsky, und völkischen BasisaktivistInnen bestand, gab Finkelstein seine holocaustrelativierenden Thesen und Fantasien einer "Holocaust-Industry" zum Besten. Finkelstein wärmte dabei wieder eines der klassischen Ressentiments des Antisemitismus auf, das des geldgierigen Juden, der selbst aus seinen toten Verwandten noch Geld mache. In einem Interview mit dem "Standard" hatte Finkelstein bereits im Vorfeld von einer "Bande von Krämern und Schwindlern, die das Gedenken der jüdischen Bevölkerung ausbeuten" gesprochen, die "bloßgestellt, zurückgewiesen und aus dem Verkehr gezogen" gehörten, denn so Finkelstein, diese seien "der Hauptgrund für den heutigen Antisemitismus." (der Standard 7.2.2001)

Kein Wunder, dass diese Thesen vor allem auf große Begeisterung bei jenen stoßen, die schon lange darauf warten, dass endlich auch einmal ein Jude sagt, was sie sich schon lange denken. Und wenn eben sogar ein Jude so etwas sagt, dann müsse ja was dran sein, denken sich jene, die einmal mehr einen Freispruch für die eigene Geschichte erwarten. Die Fans Finkelsteins applaudierten auch dankbar bei jeder Stelle, wo dieser den Holocaust mit anderen "Verbrechen der Menschheit" gleichsetzte oder gegen Israel hetzte. Die im Publikum versammelten "ordentlichen Deutschen" sollte es dann auch sehr erregen, als das Baby eines jungen Vaters mitten im Vortrag zu schreien begann. Vater und Kind wurden von der Menge zum Verlassen des Saales aufgefordert und der Vater beschimpft, er habe sein Kind schlecht erzogen. Die Antwort des Vaters: "Mein Kind mag eben keine Antisemiten!"

Zu einer weiteren Störung des Finkelstein-Vortrags kam es wenig später, als verschiedene AktivistInnen, die gegen den Antisemitismus und die Holocaustverharmlosung Finkelsteins auftreten wollten, vor der Bühne ein Transparent enthüllten, auf dem zu lesen stand: "Österreichs Holocaust-Industry: VOEST, Steyr, Lenzing, Kaprun e.t.c.", und Parolen wie "Gegen Antisemitismus und jede Verharmlosung des Antisemitismus" riefen. Das Publikum antwortete mit "Schimpfwörtern" wie "Donerstagsdemonstranten", "Widerstandskämpfer" oder "Das könnt's nur noch machen, solange der Haider noch net Bundeskanzler ist!" Sofort schritt die Polizei ein. Einer an der Aktion nicht beteiligten Person, die einen Beamten nach seiner Dienstnummer fragte, wurde der Ausweis von einem der amtshandelnden Beamten weggenommen. Desweiteren wurde er aufgefordert, die Veranstaltung sofort zu verlassen. Er weigerte sich jedoch erfolgreich, den Polizisten Folge zu leisten und erhielt seinen Ausweis zurück. Um etwaigen physischen Attacken aus dem Publikum zu entgehen, entschlossen sich die AktionistInnen, den Steffl schleunigst zu verlassen.

Auch vor dem Steffl zeigte sich die Zusammensetzung der Finkelstein-Fans, da ein Teil der Personen, die an der Veranstaltung teilnehmen wollten, wegen Überfüllung nicht eingelassen wurde. AktivistInnen, die Flugzettel gegen Finkelstein verteilten, wurden nicht nur von faschistischen Fans Finkelsteins beschimpft, sondern auch von vermeintlichen "Linken" von der Antiimperialistischen Koordination (AIK) und aus dem Umfeld der RKL. Ein palästinensischer Aktivist der AIK zu einem Flugblattverteiler: "Endlich spricht einmal wer diese wichtigen Fragen an. Das was die Israelis machen, ist viel schlimmer als das, was die Nazis gemacht haben." Eher amüsant war hingegen die Antwort einer Frau auf die Aufforderung, endlich ihre antisemitischen Sprüche einzustellen: "Es kann ja nicht jeder Semit sein!"

siehe auch: >> das ausgeteilte Flugblatt: Norman Finkelstein und die Logik des Antisemitismus

NEU: siehe auch: >> Stellungnahme der Antiimperialistischen Koordination zu den erhobenen Vorwürfen

>> TATblatt-Inhaltsverzeichnis | >> WiderstandsChronologie (Wien)

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