TATblatt

Arbeitsmarktpolitik: und es geht noch radikaler!
Kürzung des Arbeitslosengeldes - Strafverschärfungen - schikanöse Kontrollbestimmungen
 

Die vom Ministerrat am 19. September 2000 beschlossenen Verschärfungen des Arbeitslosenrechts waren schon schlimm genug: Sie sahen die Kürzung der Familienzuschläge für arbeitslose Menschen und die Einführung einer allgemeinen Sperrfrist von einem Monat auch für Menschen, die ihr Dienstverhältnis einvernehmlich auflösen bzw. nach Ablauf eines befristeten Dienstvertrags arbeitslos werden, vor. Der vom zuständigen Minister Bartenstein am 28. September 2000 vorgelegte Gesetzesentwurf geht jedoch noch viel weiter.

TATblatt
 

5% weniger Arbeitslosengeld

Verbunden mit der Abschaffung der bisher bestehenden (und höchst ungerechten) Lohnklassen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes sieht der Gesetzesvorschlag eine durchschnittliche Kürzung des Arbeitslosengeldes um 5% vor. Hatten sich aus dem bisherigen Lohnklassensystem Arbeitslosengeldbezüge von durchschnittlich knapp 55,8% des Nettogehalts (des jeweils vorangegangenen Jahres) ergeben, so sieht der Gesetzesentwurf eine einheitlich Höhe von 53% vor. Sich zukünftig arbeitslos meldende Menschen werden daher um ziemlich genau 5% weniger Arbeitslosengeld erhalten als bei Anwendung der jetzigen Regelung (kleine Rechenaufgabe: 2,8% Prozent des Vorjahres-Nettoeinkommens werden von 55,8% des Vorjahres-Nettoeinkommens abgezogen). Geringfüge Verbesserungen bei Menschen mit sehr niedrigen Bezügen aus der Arbeitslosenversicherung (weniger als ATS 4000,-) sind de facto wirkungslos, da die Erhöhung des Bezugs um ATS 120,- im Monat keine Existenzsicherung dieser Menschen zur Folge haben kann.

Aus für Weiterbildungskarenz

Mit Hinweis auf das zukünftige "Kindergeld" gestrichen wurde die Möglichkeit, nach Jobverlust in Folge eines Karenzurlaubs eine sogenannte "Weiterbildungskarenz" in Anspruch zu nehmen. Frauen, die nach Ende der Karenzzeit ihren Job verlieren haben somit keinen Anspruch mehr darauf, sich mittels Weiterbildung wieder in die Lage zu versetzen, eine gleichwertige Arbeitsstelle zu finden. Die Einführung des (gesellschaftspolitisch völlig kontraproduktiven) "Kindergelds" ist frühestens für das Jahr 2003 vorgesehen. Diese Streichung trifft daher insbesondere Frauen, die in den letzten 18 Monaten ein Kind bekommen haben.

Keine Valorisierung der Notstandshilfe

Einfach "ausgelassen" hat die Regierung jene Bestimmung, die bisher eine Valorisierung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe vorsah. Diese sei angesichts einer "durchschnittliche(n) Verweildauer in der Arbeitslosigkeit von derzeit 123 Tagen" (aus den erläuternden Bemerkungen) nicht notwendig. Lanzeitarbeitslose Menschen werden daher in Zukunft auf Dauer nur jene Unterstützung erhalten, die bei Antragstellung errechnet wurde - und zwar unabhängig davon, ob sie zwei Monate Notstandshilfe erhalten oder drei Jahre. Dies ist eine de facto Kürzung der Notstandshilfe für langzeitarbeitslose Menschen.

Höhere Strafen, mehr Meldetermine

Eine deutliche Erhöhung sieht der Gesetzesentwurf lediglich bei den Strafbestimmungen vor. Die Untergrenze wird von zur Zeit ATS 500,- auf knapp ATS 2800,-, die Obergrenze von ATS 15 000,- auf knapp ATS 55 000,- (4000,- Euro) vervielfacht. Und noch eine zusätzliche Schikane haben sich die GesetzesautorInnen ausgedacht: Arbeitslose Menschen sollen sich, so der Entwurf Gesetzeskraft erhält, zukünftig einmal wöchentlich beim Arbeitsamt melden müssen. Dies ist nicht zuletzt neben schikanös auch noch praxisfremd, da es vielen AMS-Regionalstellen (etwa in Wien) bisher nicht einmal möglich war, arbeitslosen Menschen die im zur Zeit gültigen Gesetz vorgesehenen monatlichen Kontrollmeldetermine anzubieten.

TATblatt +153 S. 1, 3
 
>> TATblatt-Inhaltsverzeichnis | >> Widerstandschronologie (Wien) | >> weitere aktuelle Meldungen

(c)TATblatt
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck, auch auszugsweise, nur in linken, alternativen und ähnlichen Medien ohne weiteres gestattet (Quellenangabe undBelegexemplar erbeten)!
In allen anderen Fällen Nachdruck nur mit Genehmigung der Medieninhaberin (siehe Impressum)