Gemeinsame Erklärung der in Italien verhafteten AnarchistInnen

GenossInnen,
mit diesem Brief möchten wir einige Dinge klären, die uns am Herzen liegen.
Als erstes möchten wir uns bei all denen bedanken, die uns ihre Solidarität ausgesprochen haben und bei denen, die es noch tun werden in der gemeinsamen Praxis des Kampfes.
Wir sind anarchistische Menschen, die durch ihren gemeinsamen Sinn für Freiheit motiviert werden. Unseren persönlichen Geldbedarf hätten wir nie decken wollen, indem wir andere Menschen oder uns selbst ausbeuten. Daher haben wir uns entschlossen, unsere Aufmerksamkeit einer Bank zu schenken, einer Institution, deren Verantwortlichkeiten wir alle kennen. Die Aktion, die wir durchgeführt haben, ist folgendermaßen zu betrachten: Wir wollten, durch persönlichen Geldmangel motiviert, das wieder holen, was uns zuvor geraubt worden ist.
Wir haben es versucht, und es hat halt nicht geklappt.
Nachdem wir am 19. September in den Bergen von Chizzola in der Umgebung von Trient festgenommen worden waren, begann die lokale Presse den Boden für eine Verleumdungskampagne zu bereiten: In fetten Lettern stellte man uns als eine Bande von AnarchistInnen dar, deren Spaß darin liegt, über Leute herzufallen. Um diese These zu untermauern, versuchen sie, uns noch die zwei Banküberfälle anzuhängen, die in diesem Dorf - Ravina di Trento - verübt worden sind.
Fotos von uns sind in allen lokalen Zeitungen erschienen, und das regionale Fernsehen hat sie wiederholt ausgestrahlt. Die Presse hat den Ehemann von Jean - Alfredo Bonnano, seit vielen Jahren bekannter Anarchist - als "Ex-Mitglied der Roten Brigaden" dargestellt. Unserer Ansicht nach sollte damit die Grundlage für eine Anklage wegen Mitgliedschaft in einer "terroristischen Vereinigung" geschaffen werden. Der Banküberfall soll als politische Tat dargestellt werden.
Am 24. September ist den drei Männern unter uns mitgeteilt worden, daß sie anläßlich der Überfälle in Ravina (Trient) in U-Haft sitzen.
Am 30. September, 10 Minuten vor dem Verhandlungsbeginn, wurde dreien von uns - namentlich Antonio, Carlos und Christos - mitgeteilt, daß ihre Waffen beschlagnahmt worden seien mit der Begründung, "es müsse überprüft werden, ob diese Waffen auch in anderen kriminellen Aktionen eingesetzt worden sind". Weiter wurde uns mitgeteilt, daß unsere Wohnungen durchsucht worden seien nach Flugblättern, Zeitungen und sonstigem Propagandamaterial, das auf Zugehörigkeit zu einer subversiven Vereinigung - hauptsächlich des Antonio Budini - deuten könnte, beschlagnahmt worden seien.
Es ist leicht zu erkennen, daß hier versucht wird, einen Berg von Anklagen zu konstruieren, um uns alle ihre ungeklärten Fälle anzuhängen. Sie werden auch in unserem Freundeskreis herumschnüffeln und versuchen, weitere MitstreiterInnen in ihre Schlußfolgerungen und Anklagen mit einzuschließen.
Wir sind davon überzeugt, daß es nötig ist, diesem Versuch der Inkriminierung eine Kraft entgegenzusetzen, die sich nicht nur auf diesen spezifischen Fall bezieht, sondern sich auch anderen Bereichen zuwendet.

Gute Arbeit, MitstreiterInnen

Jean Weir
Antonio Budini
Christos Stratigopulos
Carlos Tesseri

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