Die nachfolgende Erklärung ist eine Pressemitteilung von Stefan aus Frankfurt a.M., die er anläßlich seiner Zeugenvorladung gegenüber der Bundesanwaltschaft verschickt hat.

Beugehaft - Eine neue Runde?

Am 7. Mai 1996 bin ich im Verfahren gegen Klaus Steinmetz ("Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" u.a.) als Zeuge vor die Bundesanwaltschaft (BAW) geladen.

Zum Hintergrund

Wenige Tage nach Bad Kleinen, im Juli 1993, sagte der Verfassungsschutz-Agent Klaus Steinmetz vor der Bundesanwaltschaft aus, ich sei die Person gewesen, die ihm den Kontakt zur RAF verschafft habe. Daraufhin leitet die BAW gegen mich ein Ermittlungsverfahren ein; wegen "Mitgliedschaft in der RAF".

Es klang plausibel, daß die Geschichte mit dem RAF-Kontakt an meiner Person aufgehängt wurde. War ich doch in den 80er Jahren in der RAF organisiert, saß deshalb mehrere Jahre im Gefängnis und wohnte von Sommer 1990 bis Herbst 1992 mit Klaus Steinmetz in einer Wohngemeinschaft in Wiesbaden.

Trotz dieses Vorwurfs befand ich mich während der 18 monatigen Ermittlungszeit die ganze Zeit auf freiem Fuß. Im Dezember 1994 wurde das Verfahren dann eingestellt - mit einer Begründung, die nur einen Schluß zuläßt: Selbst die BAW hält diese Steinmetz-Aussagen für unglaubwürdig.

Die Interessen der Ermittlungsbehörden BKA und BAW

Nach Bad Kleinen ermittelt die BAW gegen Steinmetz wegen Mitgliedschaft in der RAF. Steinmetz macht in diesen Tagen widersprüchliche Angaben zu seinem Wissen über die Sprengung der JVA Weiterstadt. In den anschließenden Vernehmungen bekommen die Ermittlungsbehörden von dem Agenten nur leichte Kost serviert. Kaum konkret Namen, keine konkreten Taten - fast nichts aus dem Wissen oder vermeidlichen Wissen der über neunjährigen Tätigkeit.

Nach einem Wink aus Bonn wird das Verfahren Anfang 1994 eingestellt; die Ermittlungen gehen allerdings weiter.

Sein Computer, sein Auto, sein Motorrad samt Zubehör werden beschlagnahmt.

Das Motorrad und die dazu gehörenden Taschen spielten in den folgenden Monaten die Hauptrolle. Über angebliche Sprengstoffunde in den Koffern und einem unterstellten Zusammenhang zu Weiterstadt streben die Ermittlungsbehörden BKA und BAW gezielt ein Verfahren gegen Klaus Steinmetz an. Sie wollen ihn, der sich in der Obhut des Bundesverfassungsschutzes befindet, noch einmal verhören. Sie wollen endlich das gleiche Wissen, über das der Verfassungsschutz verfügt. Die bekannten Mittel (ich erinnere nur an die Ehemaligen aus der RAF, die in der DDR lebten): eine Person so stark unter Druck setzen, damit sie die gewünschten Aussagen macht. Die Kronzeugen - Regelung.

Die BAW will Steinmetz zum Kronzeugen machen, damit die Zeit zwischen 1989 und 1993 an konkreten Personen aus dem RAF-Zusammenhang in Strafprozessen abgerechnet werden kann.

Nachdem sie im Dezember 1995 das Verfahren gegen Steinmetz eröffnen konnten und mit einem "nationalen Haftbefehl" dem Verfassungsschutz ihre Entschlossenheit signalisierten, kommt es im März 1996 zu einer erneuten Vernehmung. Steinmetz, vom Verfassungsschutz bestens instruiert, erzählt Griesbaum von der BAW und den zuständigen BKA-Beamten wieder nur die schon von 1993 bekannten Geschichten.

Den Ermittlungsbehörden müßte ab diesem Zeitpunkt allmählich klar werden, daß der Verfassungsschutz keinerlei Interesse daran hat, Steinmetz als Kronzeuge zur Verfügung zu stellen.

Beugehaft - eine neue Runde?

Eine Woche nach dem Steinmetz-Verhör verschickt das BKA an mich eine Ladung für den 20. März 1996, der ich nicht nachkomme. Jetzt lädt mich Griesbaum am 07. Mai vor die Bundesanwaltschaft. Er will mich zu drei Fragenkomplexen verhören:

1.) Mein Kontakt zu Steinmetz

2.) Die Steinmetz-Fahrzeuge samt Zubehör

3.) zu den Kontakten und persönlichen Kontakten des Steinmetz

Da ich der BAW bei der Menschenjagd nicht helfen werde, droht mir Beugehaft.

In dem Haus, in dem ich seit über einem Jahr lebe, wurden bisher insgesamt neun BAW-Ladungen ausgesprochen. Eine Mitbewohnerin hat sich im Sommer letzten Jahres der politischen Verfolgung entzogen; zwei andere Frauen saßen zwei bzw. drei Monate in Beugehaft; zwei Männer aus unserem Haus befinden sich momentan noch immer in Beugehaft.

Ich soll nun der nächste werden.

Auch in Wiesbaden droht über 20 Personen eine BAW-Vorladung; in Darmstadt sind zwei Personen vor die BAW bzw. den Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof geladen. Alle im Zusammenhang Steinmetz/Weiterstadt.

Über die Drohung mit Beugehaft sollen Aussagen erpreßt werden, um dann auf diesem Weg den Ermittlungsbehörden doch noch verwertbare Kriminalisierungsansätze zu bringen.