Wir wollen Jutta!

Im Rahmen der radikal-Verfahren werden Jutta, Mattes, Uli und Frank gesucht. Unsere Freundin Jutta ist eine lesbische Feministin, die sich in Bremen im autonomen Frauen und Lesbenplenum und in einem Migrantinnenprojekt engagiert hat. Seit fast einem Jahr entzieht sie sich der Repression. Sie ist weg und wir vermissen sie sehr: als Genossin, als Freundin, persönlich wie politisch. Sie wird per Haftbefehl gesucht. Die Begründungen sind die gleichen, wie die der Haftbefehle gegen Ralf, Werner, Rainer und Andreas, die bereits sechs Monate in U-Haft saßen. Anfang Dezember 1995 kamen sie gegen Kaution und andere Auflagen raus. Die Verfahren gegen diese vier sowie gegen die vier Gesuchten laufen weiter. Wann die Prozesse eröffnet werden, steht in den Sternen.

Jutta wie den anderen wird vorgeworfen, in der Redaktion der radikal mitgearbeitet zu haben. Widerständige und verdeckte Zeitungsproduktion wird in der BRD schon lange kriminalisiert. Neu ist jetzt der Versuch der Bundesanwaltschaft (BAW), eine Zeitungsredaktion als kriminelle Vereinigung zu definieren, um damit juristische Grundlagen zur Behinderung journalistischer und politischer Arbeit zu haben. Dies stellt einen noch nicht dagewesenen Eingriff in die Pressefreiheit der BRD dar.

Insgesamt sollen politische Auseinandersetzungen und Aktionen in autonomen linken feministischen Zusammenhängen verhindert und eine gezielte Organisierung kriminalisiert werden. Durch die Verfahren im Zusammenhang mit dem 13.6.95 und andere 129/129a- Verfahren, die die Linke in der BRD zur Zeit überziehen, soll Verunsicherung geschaffen und Einblick in Strukturen gewonnen werden. Unsere Energie wird somit in Antirepressionsarbeit gebunden, was auch auf Kosten anderer inhaltlicher Arbeit geht.

Auch in der BRD gibt es politisch Verfolgte, die abhauen müssen

Für einige, gegen die ein Haftbefehl vorliegt, gibt es manchmal die 'Wahl', zwischen Knast und der Flucht vor Repression.

Bei 129/129a bedeutet Knast immer Sonderhaftbedingungen: z.B. Isolation, Postzensur, Besuchsverbote und Trennscheibe. Aus diesem Grund entscheiden einige, sich auf die Suche nach einem Exilort zu machen. Das heißt auch, ähnlich wie im Knast, von FreundInnen, von politischen GenossInnen getrennt und von vielen politischen Auseinandersetzungen abgeschnitten zu sein. Für Frauen/Lesben bedeutet das darüber hinaus, sich weniger gegen sexistische Übergriffe wehren zu können, da sie illegal leben und nicht auffallen dürfen. Zudem heißt es für Lesben, aus einer lesbisch-feministischen community herausgerissen zu sein, die emotionale Sicherheit und politischen Zusammenhalt bietet. Ungewiß ist, im Gegensatz zum Knast, das Ende des Exils.

Wir wollen, daß Jutta und die anderen zurückkommen können, um mit uns zu leben und politisch zu arbeiten.

Dafür ist es notwendig, daß die radikal-Verfahren eingestellt werden. Wir wollen uns nicht daran gewöhnen, und es nicht hinnehmen, daß Menschen aus der BRD aus ihren Zusammenhängen weggehen müssen. Solange Jutta und die anderen nicht wieder da sind, werden wir für die Einstellung der Verfahren kämpfen!

Und unser Ziel bleibt weiterhin: Weg mit dem Zensur- und Gesinnungsparagraphen 129/129a!

Liebevolle und feministische Grüße an Jutta!

F.L.O.P. (Frauen/Lesben ohne Pardon)