Benjamin Ramos Vega wurde am 28.1.95 vom LKA Berlin in Zusammenanrbeit mit den spanischen Bullen in Berlin auf offener Straße verhaftet.

Er sitzt seitdem in Berlin-Moabit in Auslieferungshaft. Das Auslieferungsbegehren des spanischen Staates stützt sich ausschließlich auf unter Folter erpressten Aussagen zweier angeblicher ETA-Mitglieder vom April 94 bzw. Februar 95. Benjamin soll unter anderem zwei Wohnungen in Barcelona gemietet haben, die das Comando Barcelona der ETA zur Lagerung von Sprengstoff und Waffen genutzt haben soll. Benjamin ist HIV-positiv; er war bis zum 13.11., also mehr als zehn Monate, im Knast vollständig isoliert. Inzwischen hat er aus gesundheitlichen Gründen Gemeinschaftshofgang mit "ausgewählten Gefangenen" bekommen.

Zum Kernpunkt der juristischen Auseinandersetzung hat sich die Frage entwickelt, ob die spanischen Bullen und die Guardia Civil festgenommene Linke systematisch foltern, um Aussagen zu erpressen. Seit Jahren versuchen die baskische Gefangenenhilfsorganisationen Gestoras Pro Amnistia und andere Menschenrechtsorganisationen darüber eine Öffentlichkeit herzustellen. Das spanische Antiterror-Gesetz erlaubt es der Polizei, aus politischen Gründen festgenommene Personen ohne irgendeinen Kontakt nach draußen und ohne richterlichen Beschluß fünf Tage lang auf Polizeiwachen oder in Guardia Civil-Kasernen festzuhalten. Laut Berichten von amnesty international und der UNO-Menschenrechtskommission werden die Gefangenen in diesen fünf Tagen systematisch gefoltert. Gerade in den letzten Monaten sind außerdem immer mehr Details aus der Zusammenarbeit von Regierungsfunktionären (bis hin zu Ministerpräsident und EU-Ratspräsident Gonzales), Polizei und Geheimdiensten mit der Todesschwadrone GAL offen geworden. Die GAL ist für mindestens 28 Morde und hunderter Anschläge in den 80er Jahren verantwortlich.

Spanien ist Mitglied der NATO, der EU und des Schengener Vertrages; von daher besteht eine enge Kooperation mit der BRD auf der Ebene von Polizeien und Geheimdiensten in der "Terrorismusbekämpfung". Eine wesentliche Grundlage dieser Zusammenarbeit ist die Durchsetzung der Doktrin, daß es in den Schengener Vertragsstaaten offiziell keine Folter gibt und auch nicht geben darf. Deshalb ist es klar, daß sich ein deutsches Gericht mit Händen und Füßen dagegen wehrt, Folter als Auslieferungshindernis in einem Auslieferungsverfahren innerhalb des Schengener Vertragsgebiets juristisch anzuerkennen.

Die Ausgangsbedingungen dafür, die Auslieferung von Benjamin real zu verhindern, waren also denkbar schlecht. Es ist aber durch den öffentlichen Druck und die Strategie der verteidigung gelungen, das gericht in eine situation zu bringen, in der es die vorgelegten Berichte der internationalen Menschenrechtsorganisationen und persönlichen Zeugnisse über die Folter nicht mehr länger ignorieren konnte. Beigetragen dazu hat auch ein wahrhaft dummes Gutachten des deutschen Außenministeriums, das die Folter in Spanien einfach leugnet und als Propanganda "links-extremer Organisationen" darstellt. Das Kammergericht konnte schlecht die UNO-Menschenrechtskommission und amnesty international dem "Umfeld der ETA" zuordnen. Das gericht beschloß so am 13.10, die Auslieferung von einer Garantie der spanischen Behörden abhängig zu machen, daß Benjamin nicht in Isolationshaft kommt, keine unter Folter erpressten Aussagen in seinem Verfahren verwendet werden und er eine angemessene medizinische Versorgung erhält. Es wurde anerkannt, daß benjamin bei einer Auslieferung Folter droht. Der Beschluß führte zu einer großen Menge Hetzartikeln in der spanischen Presse, offiziellem Protest beim deutschen Botschafter und der Ankündigung der spanischen Justiz, keinen Auslieferungen mehr nach Deutschland zuzustimmen.

Ob die spanischen Behörden nachgeben und die geforderte Garantie abgeben, ist unklar. Wenn nicht, muß das Kammergericht Benjamin (eigentlich) freilassen. Turnusmäßig findet die nächste Haftprüfung in der ersten Dezemberwoche statt.

Seit seiner Verhaftung sitzt Benjamin in Isolationshaft. Die Sonderhaftbedingungen wurden vom gleichen Richter angeordnet, der fordert, daß Benjamin in Spanien nicht in Isohaft kommen darf. Genausowenig wird Benjamin in Moabit eine - ebenfalls von Spanien eingeforderte - angemessene medizinische Versorgung gewährt: der Knast händigt ihm nicht einmal die Medikamente aus, die er in Freiheit gegen seine HIV-Infektion eingenommen hat !

Lange Zeit ist es uns nicht gelungen, eine Verbesserung der Haftbedingungen durchzusetzen. Werner und Benjamin wollten beide gerne gemeinsamen Hofgang oder Umschluß haben, was immer wieder abgelehnt wurde. Durch einen Fehler der Bullen konnten sie sich einmal kurz begegnen und miteinander reden. Danach wurden ihre Einzelhofgänge so gelegt, daß eine weitere Begegnung ausgeschlossen ist.

Inzwischen wurde Benjamin Gemeinschaftshofgang zugestanden; im Moment sind es ausländische Gefangene, die ebenso schlecht Deutsch sprechen wie er. Wir denken, daß der zunehmende öffentliche Druck zusammen mit einem Gutachten des leitenden Knastarztes diese Veränderung bewirkt hat. Das Gutachten besagt, daß sich Benjamin Gesundheitszustand in Bezug auf seine HIV-Infektion in Haft wesentlich verschlechtert hat und daß dafür die Haftbedingungen allgemein und besonders die Isolationshaft verantwortlich ist.

So sehr wir uns über diese Hafterleichterung freuen - es ist klar, daß Benjamin damit nichts geschenkt wurde, sondern der Knast seine Gesundheit kaputtgemacht hat und jeden Tag weiter kaputtmacht.

Wir wollen alles dafür tun, daß Benjamin bei der Haftprüfung Anfang Dezember rauskommt und hoffen, daß sich andere einklinken !

Solidaritätskomitee Benjamin Ramos Vega, Wilhelmstr. 9, 10963 Berlin, Fax 030 - 2518539