Zeyneb Celaliyan, Kurdin aus dem Iran, zum Tode verurteilt

„Ich habe keine Angst vor dem Tod, ich opfere mich für die Freiheit“

Dieser Text wurde nach den Darstellungen einer ehemaligen Mitgefangenen von Zeyneb erstellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Übersetzung aus dem Persischen: Adel Feyzi

Wenn Zeyneb Celaliyan mit ihrem süßen Akzent Kurdisch spricht, hört man ihr gern stundenlang zu. Sie erzählt von all dem, was ihr angetan worden ist. Wenn sie von ihrer Folter spricht, tut es einem in der Seele weh, vor allem von ihrer Auspeitschung. Wie sie ihre männlichen Folterer hin und her gerissen haben, wie einen Ball auf dem Fußballfeld. Sie drohten ihr mit Vergewaltigung. Es tut einem in der Seele weh, wenn sie davon berichtet, wie plötzlich eine Eisenstange auf ihrem Kopf landete. Die Wunden dieser Gräueltaten sind alle noch frisch. Trotz all dieser Grausamkeiten hat Zeyneb kein Geständnis abgelegt. Sie ist ihren Freunden treu geblieben, genauso selbstlos, wie man es aus Romanen und Erzählungen kennt. Die Folterer wollten sie dazu bringen, ein falsches, nicht wahrheitsgemäßes Geständnis abzulegen. Sie hat sich vehement dagegen gewehrt. Sie hat nie bestritten, dass sie mit der PJAK zusammengearbeitet hatte, betonte aber stets, dass sich diese Zusammenarbeit nur auf schriftstellerische Tätigkeiten beschränkt hatte. Militärisch war sie nie für die Partei aktiv.
Zeyneb stammt aus einer armen Familie. Schon als Kind ist sie der Diskriminierung der Kurden durch das islamische Regime ausgesetzt. Im Alter von 16 Jahren kommt sie in den Bergen Kurdistans zum ersten Mal mit der Partei für ein Freies Leben in Kurdistan (PJAK) in Berührung. Da lernt sie zum ersten Mal eine Gruppe PJAK-Kämpfer kennen. Sie erzählt: „Meine Freunde haben mich mehrfach gewarnt, nicht in den Iran zurückzukehren. Da ich bereits bei den Sicherheitsbehörden registriert sei und dementsprechend sofort verhaftet werden würde. Ich dachte jedoch, ich habe nichts getan, warum sollte ich Angst davor haben, zurückzukehren? Ich hatte große Sehnsucht nach Kurdistan und meiner Familie. Deshalb habe ich es gewagt und bin zurückgekehrt. Man hat mich sofort verhaftet.“
Sie beschreibt ihre Verhaftung: „Man hatte mir bereits gesagt, dass ich bei den Sicherheitsbehörden registriert sei und der Geheimdienst bereits auf meine Spur gekommen wäre. Jedes Mal, wenn ich mich mit meinen Freunden getroffen habe, waren unzählige Sicherheitsleute vor Ort. Ich konnte aber immer wieder, wie durch ein Wunder, entkommen. Ich befand mich außerhalb der Stadt Kermanschah. Meine Freunde hatten mich davor gewarnt, in die Stadt zu gehen. Ich vermisste meine Familie unglaublich. Ich wollte sie besuchen. Also bin ich in einen Bus nach Kermanschah eingestiegen. Unterwegs wurde der Bus von Sicherheitskräften angehalten. Sehr viele von ihnen stiegen ein. Sie haben mich gefesselt und verhaftet. Als Erstes nahmen sie mir meine Handtasche weg. Sie hatten den Verdacht, dass ich eine Bombe oder einen Revolver mit mir rumschleppe. Aber ich habe nie eine Waffe gehabt.“

Verhaftung und Gerichtsurteil
Zeyneb Celaliyan wurde im Azar 1388 (Nov./Dez. 2009) verhaftet und vom Gericht zum Tode verurteilt. Urteilsbegründung: „Kooperation mit der PJAK und staatsfeindliche Aktivitäten.“
Sie ist seit genau zwei Jahren im Gefängnis. Sie bezeichnet die Vorwürfe als unwahr und das Gerichtsurteil als falsch und weist alle Anschuldigungen und Vorwürfe strikt zurück. Sie räumt die zivile Kooperation mit der PJAK ein, bestreitet aber nach wie vor eine bewaffnete Zusammenarbeit.
Die 26-Jährige verbrachte direkt nach ihrer Festnahme vier Monate in der Einzelhaft des Geheimdienstes WAWAK. Während dieser Zeit wurde sie derart gefoltert, dass die Gefängniswärter sie mehrmals ins Krankenhaus von Kermanschah bringen mussten. Auf dem Weg zum Krankenhaus, aber auch während ihres dortigen Aufenthalts, versuchte sie durch Hilfeschreie, Menschen auf ihr Schicksal und das, was ihr angetan wurde, aufmerksam zu machen. Aus diesem Grund wurde sie von anderen Patienten separiert und in einem streng überwachten Raum behandelt.

Während ihres Aufenthalts im Gefängnis war sie ununterbrochen den repressiven Maßnahmen des islamischen Regimes ausgesetzt. Man hat sie mit einem Stromkabel ausgepeitscht. Ihre Hände und Füße wurden gefesselt. Weil sie sich gegen die Vergewaltigungsdrohungen ihrer Folterer gewehrt hatte, schlug man ihr mit einer Eisenstange auf den Kopf. Infolge der Hirnblutung verlor sie das Bewusstsein. Man hat ihre Füße mit Kabeln ausgepeitscht. Sie bluteten, erzählt sie, und dennoch hat man sie gezwungen zu laufen. Trotz aller Drohungen und Folter verneinte sie jegliche nicht zivile Zusammenarbeit mit der PJAK. Dennoch wurde sie vom Gericht zum Tode verurteilt.
Zeyneb wurde das Gerichtsurteil offiziell mitgeteilt. Sie hat beim Obersten Gerichtshof Berufung eingelegt. Während der Wahlen im Jahre 1388 (2009) musste sie für drei Monate in Einzelhaft bleiben. Daraufhin begann sie einen Hungerstreik. Infolgedessen verschlechterte sich ihr Allgemeinzustand so drastisch, dass die Zuständigen entschieden, sie aus der Zelle zu holen. Während der Zeit ihrer Einzelhaft dachten viele, sie sei bereits exekutiert worden. Nach dem Ende der Einzelhaft und ihrer Rückkehr ins Gefängnis von Kermanscha berichtete Zeyneb, dass selbst sie den Grund für ihre Einzelhaft nicht wüsste. Während ihrer Einzelhaft wurde sie mehrmals gewaltsam gedrängt, vor laufender Fernsehkamera ein Geständnis abzulegen. Als Gegenleistung versprach man ihr, der Berufung des bereits gefällten Todesurteils stattzugeben.
Der Druck auf sie nahm eine noch ganz andere Dimension an, nachdem Farzad Kamangar und die anderen vier kurdischen Gefangenen hingerichtet worden waren. Dennoch hat Zeyneb immer wieder betont, dass sie keine Angst vor der Hinrichtung habe und dass sie für den Tod bereit sei.
Nach fünfmonatigem Aufenthalt in der Abteilung 209 des Ewin-Gefängnisses in Teheran und nach einem Treffen mit dem Staatsanwalt kehrte sie in das Gefängnis von Kermanschah zurück. Die Staatsanwaltschaft ließ sie darüber informieren, dass ihr Todesurteil vom Obersten Gerichtshof nochmals bestätigt worden war. Ihr Anwalt Dr. Mohammad Scharifi sagte, er habe davon keine Kenntnis: „Mir wurde kein Urteil mitgeteilt.“ Während ihres Aufenthalts im Krankenhaus von Kermanschah erfuhr Zeyneb von einer Krankenschwester, dass das Todesurteil vorerst hinfällig sei. Es hieß damals, der Oberste Gerichtshof spreche sich dagegen aus. Dies wurde jedoch relativ zeitnah wieder offiziell dementiert. Dr. Mohammad Scharifi sagte, er habe bezüglich der Berufung gegen das Todesurteil nichts Offizielles gehört. All seine Bemühungen, irgendetwas von den Behörden zu erfahren, seien ins Leere gelaufen. Währenddessen gehen die Hinrichtungen politischer Gefangener unaufhaltsam weiter und der Druck auf Zeyneb nimmt zu.
Shirin Alam Houi, eine andere Kurdin, hatte zwei Jahre im Gefängnis von Ewin verbracht, bis ihr Todesurteil vollstreckt wurde. Während ihres Aufenthaltes im Gefängnis gingen die Bemühungen um ihre Freilassung weiter. Unter anderem war man in Berufung gegangen. Im Verhör war ihr zugesichert worden, dass ihre Todesstrafe nicht vollzogen werden würde. Zwei Jahre lang hat sie auf die Vollstreckung gewartet.
Zeyneb Celaliyan war von Kindheit an mit Shirin befreundet. Sie beschreibt die Zeit nach deren Hinrichtung als mühsame und grausame Tage. Während Shirins Hinrichtung befand sie sich in der Abteilung 209 des Ewin-Gefängnisses. Ihre Familie setzte sie über die Exekution in Kenntnis. Wenn Zeyneb von Shirin spricht, treten ihr Tränen in die Augen: „Ich habe sehr viele Erinnerungen an Shirin.“ Jetzt ist sie mehr denn je auf den Tod vorbereitet. Mit beispiellosem Mut sagt sie: „Ich habe keine Angst vor dem Tod, ich opfere mich für die Freiheit.“