Was ist eigentlich los in Syrien und welche Linie setzt sich durch?

Proteste im Zuge des Arabischen Frühlings

Mehmet Emin Orhan

Im Dezember 2010 begann mit der Revolution in Tunesien eine Serie von Protesten und Aufständen (und in deren Folge der Sturz von autoritären Herrschaftsregimes und Diktatoren), welche mehrere Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas umfasste und in der Öffentlichkeit als „Arabischer Frühling“ bekannt wurde.
Nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak am 11. Februar 2011 kam es zuletzt in Libyen zu einem Bürgerkrieg, in dem rebellische Aufständische mit Unterstützung und Intervention der NATO Staatschef Muammar al-Ghaddafi Ende Oktober 2011 stürzten und gewaltvoll seinem Leben ein Ende setzten.

In jüngster Zeit ist auch Syrien unter der Führung von Be­shar al-Assad im Zuge der Umwälzungen in der arabischen Welt immer mehr unter Druck geraten, sich und sein Land zu reformieren. Seit Ende März finden landesweit zahlreiche Demonstrationen für Demokratie und Freiheitsrechte statt, auf die der Staat mit Gewalt und Repression sowie Mord und Totschlag reagiert. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) sollen dabei bis Anfang November 2011 mindestens 3 500 Menschen getötet worden sein. Die EU hatte daher bereits am 9. und am 23. Mai 2011 Sanktionen verhängt und sich anschließend bei einem Außenminister-Treffen in Polen auf ein Öl-Embargo mit Wirkung vom 3. September verständigt. Das Bestreben der BRD, am 2. August eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats einzuberufen, scheiterte am Widerspruch Russlands und Chinas.

Die syrische Regierung hat als Reaktion auf die Proteste im Land mehrere Gesetzesvorhaben angekündigt wie ein Parteiengesetz, ein Lokalverwaltungsgesetz oder ein neues Mediengesetz. Daneben hat die Aufhebung des 1963 verhängten Ausnahmezustands vom 21. April 2011 faktisch zu keiner Verbesserung des Schutzes der Menschen- und Bürgerrechte in Syrien geführt. Vielmehr setzen die Sicherheitsapparate die staatliche Repression und die Mordserie unverändert fort. Weiterhin unterliegen die Städte einer umfassenden Kontrolle durch die syrische Armee. Es kommt weiter zu willkürlichen Verhaftungen und Verurteilungen. Auch Fälle von Folter sind verbreitet. Problematisch bleibt darüber hinaus die Lage staatenloser Kurden, auch wenn die Regierung den registrierten Kurden der nordöstlichen Provinz Hassakeh die syrische Staatsangehörigkeit zugesagt hat. In Syrien aktive lokale Menschenrechtsorganisationen arbeiten ohne staatliche Genehmigung, ihre Existenz wird zwar im Grundsatz toleriert, aber durch vielfältige Maßnahmen stark behindert. Viele Menschenrechtsverteidiger unterliegen einer Ausreisesperre oder sind inhaftiert. Meinungsfreiheit ist in Syrien nicht gegeben.

Die Lage spitzte sich erneut drastisch zu, als al-Assad trotz vorheriger Zustimmung zum Friedensplan der Arabischen Liga ein Ultimatum bezüglich einer Beobachterkommission, welche den Zugang ins Land zur Untersuchung der Menschenrechtssituation unter der Obhut von UN-Beauftragten zulassen sollte, am 25. November verstreichen ließ. Zuvor hatte die Arabische Liga am 12. November beschlossen, die Mitgliedschaft Syriens auszusetzen. Höhepunkt der Vorfälle war das Inbrandsetzen mehrerer Botschaften, unter anderem der Türkei und Saudi-Arabiens, durch al-Assad-Anhänger, was den Westen sowie die Türkei weiter aufbrachte.

Zur Situation in Syrien ein Interview mit Zuhat Kobani, Europavertretung der Partei der Demokratischen Einheit PYD:
Auf der einen Seite haben wir die Regierung unter al-Assad, auf der anderen Seite eine gespaltene Opposition, zum einen bestehend aus dem „Syrischen Nationalrat“ und zum anderen aus dem „Nationalen Koordinationskomitee für demokratischen Wandel“, dem auch die PYD angehört. Welchen Charakter haben diese Gruppierungen und welche Politik verfolgen sie, und können sie eine praktikable Lösung für Syrien bieten?
Die erste Seite ist die Regierung, welche die klassische unitäre Staatspolitik verfolgt und dabei mit Repression und Gewalt an einem zentralistischen und veralteten Hierarchie­system festhält. Wie am Beispiel von al-Assad und seinem zu den schiitischen Alawiten zählenden Clan zu sehen ist, werden die Besonderheiten und die reiche Vielfalt im Land wie Ethnien, Sprachen, Kulturen und Religionen unterdrückt und mit Gewalt niedergeschlagen. Der Staat in Syrien hat trotz seiner vielseitigen Bevölkerung sowie der Tatsache, dass sie [die herrschende Clique] als Alawiten zu einer Minderheitengruppe im Land zählt, einen nationalistischen und diktatorischen Charakter. Diese Politik und diese Staatsform sind mittlerweile nicht mehr zeitgemäß und können den Ansprüchen und Bedürfnissen der Völker nicht länger gerecht werden. Die jahrzehntelang andauernde Gewalt vermag daran nichts zu ändern.

Die zweite Seite ist der Syrische Nationalrat (SNC) aus 94 überwiegend arabischen Einzelpersonen und Parteien verschiedener Kreise, darunter auch kurdische Gruppen und die fundamentalistische Muslimbruderschaft. Diese Opposition besteht mehrheitlich aus Exil-Syrern und wird von Ländern wie der Türkei und Saudi-Arabien finanziell unterstützt, die wiederum eng mit dem Westen bzw. den USA und der EU zusammenarbeiten. Der SNC hofft auf die Beteiligung Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands. Im Oktober gegründet, unterstützt er zum einen die gewalttätig agierenden Deserteure der syrischen Armee, welche sich „Freie Syrische Armee“ nennen, und zum anderen spricht er sich für ein Ende der Gewalt in Syrien aus, schließt aber eine Militärintervention der NATO à la Libyen nicht aus. Daneben gibt es auch Forderungen nach einer Schutz- oder Flugverbotszone. Zuletzt erklärte Anas Abdah, Mitglied des Zentralkomitees des Nationalrats, gegenüber SPIEGEL ONLINE am 25.11.2011: „Wenn Syrien in einen Bürgerkrieg abrutscht, muss der Westen eingreifen.“ (Quelle des Zitats: Ulrike Putz, Beirut, 25.11.2011, Spiegel Online: Aufstand in Syrien, Assad-Gegner setzen auf Libyen-Taktik). Hauptforderung ist eine Lösung nach dem Muster des politischen Islam durch die Politik des gemäßigten Islam im Zeichen des islamischen Modellstaates Türkei, als verlängerter islamischer Arm oder Trojanisches Pferd des Westens.

Die dritte Alternative stellt das Nationale Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel dar, das innerhalb Syriens und der Bevölkerung verankert ist. Hier kommen neun arabische und vier kurdische Parteien zusammen, darunter auch viele im Zuge der Aufstände freigekommene langjährige Gefängnisinsassen. Überwiegend handelt es sich hierbei um eine Kooperation von sozialistischen demokratischen Kreisen sowie Arbeitern und Menschenrechtsaktivisten. Hauptforderung dieser Oppositionsbewegung ist, dass die Gewalt und die Morde in Syrien aufhören und dass die syrischen Volksgruppen, Glaubensrichtungen und Gruppierungen selbstbestimmt eine neue demokratische und partizipierende Verfassung und Staatsform schaffen, für ein besseres Miteinander. Ihre drei Leitsätze lauten:
– nein zum Nationalismus; ja zu einem breitgefächerten Nationenbegriff mit all ihren Farben, Individualitäten, Glaubensrichtungen, Sprachen, Kulturen, Ethnien und Stämmen;
– nein zu äußeren Mächten und Interventionen; ja zu Selbstbestimmung, regionaler Selbstverwaltung und Autonomie;
– nein zu Gewalt, Krieg, Tod und Elend; ja zu Frieden, neuer Verfassung und Demokratie.

Warum ist die Opposition gespalten, bzw. warum arbeitet sie nicht zusammen?
Grundsätzlich ist eine Zusammenarbeit oder ein Dialog möglich, allerdings gibt es hierfür Bedingungen. Wir sind gegen eine Intervention von außen, insbesondere des Westens, in die Belange der syrischen Bevölkerung und für eine farbenreichere repräsentativere Beteiligung der einzelnen Volksgruppen am Prozess des Neuaufbaus des neuen und demokratischen syrischen Staates. Der SNC stützt sich jedoch auf die westlichen Mächte, die schon beim Sturz von Libyens Ghaddafi tatkräftig mithalfen, und zum anderen geht aus seinem ersten in und mit der Türkei erarbeiteten Forderungskatalog hervor, dass den Kurden kein Platz in der neuen Verfassung eingeräumt werden soll. Im Interesse aller Syrer und der Einheit des syrischen Staates müssen alle Minderheiten und Gruppierungen, Volksgruppen und Glaubensrichtungen berücksichtigt werden. Nur mit einer Stärkung der basisdemokratischen Strukturen und Strömungen können Frieden und ein Neuanfang erreicht werden.

Hat Ihre Opposition oder die PYD selbst Kontakt zu al-Assad?
Nein. In einer Situation, in der er und seine Regierungsmannschaft weiterhin Befehl geben zum Mord an Menschen und in der das Sterben nicht aufhört, sind wir auch nicht bereit, einen Dialog einzugehen. Die Kriterien für einen Dialog könnte man so auflisten: 1. Die Gewalt und das Töten müssen sofort aufhören; 2. die syrische Armee muss aus den Städten zurückgezogen werden; 3. Kundgebungen, Proteste, Demonstrationen und zivile Aktionen müssen erlaubt und geduldet werden; 4. die oppositionelle nationale und internationale Medienberichterstattung muss zugelassen werden.
Erst dann ist ein ruhigeres Klima für Gespräche und Verhandlungen möglich.

Was sind Ziel und Lösungsvorschlag der PYD?
Das Ziel der PYD ist in erster Linie, für die kurdische Bevölkerung innerhalb der Grenzen des syrischen Staates einen Status zu erlangen. Bekanntlich werden die Kurden in Syrien, wenn sie nicht der syrischen Staatsbürgerschaft beraubt wurden, bislang als Araber definiert und behandelt. Um ihren Status zu erlangen und mit der eigenen Identität anerkannt zu werden, schlagen wir die Demokratische Autonomie vor. Hierbei soll innerhalb des syrischen Staates eine Identität als Kurden mit regionaler Selbstverwaltung und Organisierungsfreiheit gewährleistet sein, ohne die Einheit des Gesamtstaates zu gefährden. Die Demokratische Autonomie ist auch für die anderen Volksgruppen oder Minderheiten anwendbar. Sie ist für alle individuellen Färbungen und Cha­raktere innerhalb der Gesellschaft geeignet. Dies gilt es konstitutionell in der Verfassung zu verankern und rechtlich für alle syrischen Merkmale und Besonderheiten festzuhalten.

Es gibt zwei Möglichkeiten für den Staat. Entweder akzeptiert er die Demokratische Autonomie und sie wird in die neue demokratische Verfassung eingebaut, oder das Volk fängt selbst mit eigenen Mitteln und Möglichkeiten mit ihrer Umsetzung an. Dies erfordert eine starke lokale und regionale Basisorganisierung. Der Anspruch hierbei ist die Institutionalisierung eines eigenen Systems und Projekts in allen notwendigen Lebensbereichen, je nach den Bedürfnissen.
Beispielsweise haben wir, nachdem wir jahrelang unsere legitimen Rechte gefordert und nicht bekommen haben, nun selbst mit der Gründung von Sprachschulen und Bildungseinrichtungen angefangen, unsere Bevölkerung in unserer eigenen kurdischen Muttersprache und Kultur auszubilden und großzuziehen.

Um unser Leben und unser Schicksal selbst zu bestimmen und nicht fremdbestimmen zu lassen, sind die Aufklärung, Mobilisierung und Politisierung oder Stärkung der Bevölkerung notwendig. Daher haben wir unter den in Syrien lebenden Kurden mit der nicht zu unterschätzenden Beteiligung von ca. 250 000 Menschen abstimmen lassen und sind gemeinsam zur Entscheidung für die Demokratische Autonomie gekommen. Hier muss noch hinzugefügt werden, dass die Demokratische Autonomie nur die rechtliche Dimension der Kurden bzw. der Volksgruppen klärt. Es gibt jedoch weitere wichtige Dimensionen und Aufgaben, wie z. B. die Sicherheit oder die Wirtschaft usw., die definiert werden müssen.

Welches Gewicht hat dieser Lösungsvorschlag für die syrische Bevölkerung, und kann er ein Gesamtmodell für den neuen syrischen Staat sein?
Wir als PYD schlagen das von Abdullah Öcalan vorgelegte Modell des Demokratischen Konföderalismus vor, in dem die Lösung der Probleme der Volksgruppen, Ethnien, Kulturen, Sprachen, Religionen und anderen Gruppierungen des Nahen und Mittleren Ostens außerhalb der staatlichen Organisierung gesucht und entwickelt wird. Die Demokratische Autonomie beschreibt in diesem Rahmen die juristische verfassungstechnische Dimension. Die Selbstorganisierung und Selbstverwaltung der einzelnen Gesellschaftsformationen bieten die Möglichkeit zu einer gestärkten und demokratischeren Gesellschaft. Und wenn dann einzelne organisierte Volksgruppen mit anderen organisierten Volksgruppen außerhalb der eigenen Staatsgrenzen in Kontakt oder diplomatische Beziehungen treten, um sich z. B. bei wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Fragen gegenseitig zu helfen, dann gibt es eine stärkere Solidaritätsgemeinschaft in der Region, die mehr Demokratie bedeutet. Dies bezeichnen wir als Demokratischen Konföderalismus der Völker des Mittleren Ostens. Demnach ist unser Vorschlag eine ernstzunehmende dritte Lösungsalternative für Syrien, ohne es in seinen bisherigen Grenzen zu sprengen oder zu verändern. Als Formel könnte es heißen: Die zentralistische Macht und Herrschaft des Staates wird Stück für Stück auf die breitgefächerte und farbenfrohe Gesellschaft in all ihren Facetten verteilt. Staat plus Demokratie.

Warum hat die Türkei unter Erdoğan, der bis vor kurzem noch eng mit Syrien unter al-Assad diplomatisch liiert war, diesem so radikal den Rücken zugekehrt und sich der Opposition angenähert?
Hierbei müssen die Interessen dieser beiden Länder betrachtet werden. Die Türkei hat bis vor ungefähr einem Jahr eine Politik der „Null Probleme mit den Nachbarn“ betrieben, wobei sie sich Armenien, Iran, Syrien und Irak auf der Basis von Wirtschaftsbeziehungen diplomatisch annäherte. Diese Außenpolitik mit dem Anspruch Erdoğans, eine Führungsperson des Ostens zu sein, ist aus mehreren Gründen ins Leere gelaufen. In erster Linie ist es ihrer repressiven unitären und nationalistischen Staatsgesinnung geschuldet, einer überholten, visionslosen Form ohne Perspektive für den Nahen/Mittleren Osten. Die außerdem auch nur auf die Wirtschaft und nicht auf die Gesellschaft bedacht war und nationale und regionale Sicherheitsprobleme verursacht hat.

Des Weiteren ist die Annäherungsweise der Türkei mit dem Anspruch, Regionalmacht zu werden, eine überaus despotische und undemokratische. Daher fand sie in ihren Beziehungen und Partnern in der Region keinen Zuspruch und keine Akzeptanz, weshalb ihre Politik scheiterte. Heute ist sich die Türkei ihrer Rolle als Trojanisches Pferd der USA und von deren Neustrukturierungsvorhaben im Mittleren Osten sehr bewusst und sie versucht diese Karte gegen Israel und den Westen auszuspielen. Man kann nicht behaupten, dass sie eine eigenständige oder stabile Politik betreibt, doch ist sie gefährlich. Die Hauptziele der Türkei sind zum einen, die sunnitische Herrschaft in der Region zu unterstützen, und zum anderen, einen Status für die Kurden zu verhindern. Die Folgen einer solchen Motivation könnten von einem angestachelten Bürgerkrieg bis zu einem billigend in Kauf genommenen regionalen Krieg reichen. Dabei war die Unterdrückung der Kurden und die Verhinderung ihrer Anerkennung ein Schnittpunkt der syrischen und der türkischen Interessen gewesen. In der Vergangenheit gab es etliche gemeinsame Feldzüge. Die anti-kurdische Koalition ist nun jedoch auseinandergebrochen. Al-Assad, der ebenfalls einen nationalistischen Unterdrückerstaat führt, versucht jetzt, auf den Beinen zu bleiben und seine Macht zu erhalten. Aus der Machtperspektive heraus bestehen zwischen Erdoğan und al-Assad also keine großen Unterschiede der Demokratie gegenüber. Erdoğan war jahrelang mit al-Assad befreundet, und auch bei Ghaddafi hatte er zunächst von Völkerbrüderschaft gesprochen und einen NATO-Einsatz abgelehnt, um später selbst dessen Absetzung öffentlich zu provozieren und die Opposition zu unterstützen. Obwohl sie auf zwei verschiedenen Seiten der Front stehen, versuchen sie insgeheim das kurdische Problem gegeneinander auszuspielen. Diese kolonialistische Politik der beiden Staaten wurde und wird von der kurdischen Freiheitsbewegung nicht akzeptiert und ihr wird mit starkem Widerstand begegnet. Die kurdische Bewegung hat ihre eigene Politik und Vorgehensweise gegenüber der Politik und den Interessen der beiden Kolonialstaaten zum einen und der Westallianz zum anderen. Ihre Politik beruht auf der politischen und demokratischen Lösung, die statt gegenseitiger Aufstachelung der Völker deren gemeinsames Zusammenleben auf dem Wege konföderaler Beziehungen vertritt. Insofern besteht für die Kurden kein Druck, sich für eine Alternative zu entscheiden, da sie als eine dritte Linie ihre eigene Strategie haben. Trotzdem sind sie im Rahmen von Prinzipien zu Beziehungen mit den jeweiligen Staaten bereit.

Wie ist die geostrategische und geopolitische Situation Syriens im Vergleich mit derjenigen Libyens und dem Fall Ghaddafis zu beurteilen? Ist eine NATO-Intervention wahrscheinlich?
Syrien ist in keiner Weise mit Libyen vergleichbar. Libyen hatte eine zentrale Oppositionsgruppe, Syrien jedoch ist wie ein Mosaik, mit in kultureller, sozialer, ethnischer, sprachlicher und religiöser Hinsicht zahlreichen Brüchen und großer Vielfalt. Darüber hinaus hat Syrien im Vergleich zu Libyen historisch immer eine politisch und strategisch bedeutende Rolle gespielt, es hatte die Mission als Diplomatiestätte des Nahen Ostens. Außerdem sind sein gutes Verhältnis zum Iran und zum Libanon und seine Beziehungen zu Russland und China bekannt und die große geostrategische und geopolitische Bedeutung seiner Gegenposition zum Westen mit den USA und der EU sowie der NATO und den UN. Wie Martin Winter in der Süddeutschen Zeitung vom 26.11.2011 ausführt, könnte eine Intervention zu einem Flächenbrand führen, der die gesamte Region in ein weltkriegartiges Chaos versetzen kann. Deshalb scheint die NATO eine Intervention nicht zu befürworten.