Ich bin ein Teil des kurdischen Volkes
Ein Interview mit der Regisseurin Samira Makmalbaf

Auf dem 53. Filmfestival von Cannes wurden zwei kurdische Filme gezeigt und beide wurden ausgezeichnet. Die iranische Regisseurin Samira Makmalbaf wurde für ihren Film “Texte Siyax” von der Jury ausgezeichnet. Der kurdische Regisseur aus dem Iran, Bahman Ghobadi, erhielt für seinen Film “Atlarin Sarhos zamani” die Goldene Kamera. Samira Makmalbaf nahm zum zweiten Mal an dem Filmfestival von Cannes teil. Ihr Film “Texte Siyax” spielt in bombardierten kurdischen Dörfern an der iranisch-irakischen Grenze. Der Film handelt vom Überlebenskampf der kurdischen Bevölkerung, die nach den Bombardierungen ihre Häuser und Dörfer verlassen muss. Im Zentrum des Films stehen die grenzenlosen Bemühungen eines Lehrers, der inmitten des Chaos versucht, den Kindern auf einer kleinen Tafel das Lesen und Schreiben zu lehren.
Das Interview mit der Regisseurin Samira Makmalbaf führte Zübeyir Arslan für die Zeitung Özgür Politika, in der es am 18. Mai 2000 veröffentlicht wurde.

Samira, Sie sind 20 Jahre alt und in den letzten Tagen spricht die Weltpresse von Ihnen. Können wir erfahren, warum Sie Kurdistan für Ihren Film ausgesucht haben?
Kurdistan ist für mich keine besondere Region. Es ist die Region in der ich lebe und die ich viel bereist habe. Mit meinem Vater haben wir oft Aufnahmen in den kurdischen Dörfern gemacht. Bei diesen Aufnahmen habe ich diesen Lehrer kennengelernt, der versucht, seinen Schülern Lesen und Schreiben beizubringen. Das hat mich sehr beeindruckt und ich habe das auch im Film gezeigt.
Mich haben aber auch die Gesichter der kurdischen Kinder und die mächtigen Berge sehr beeindruckt. Die Berge haben regelrecht zu mir gesprochen. Mein Vater erzählte mir in meiner Kindheit viel über die Geschichte und Realität Kurdistans. Als ich begann, das mit meinen Eindrücken zu kombinieren, ergab sich für mich ein sehr interessantes Thema. Als wir die Aufnahmen in Kurdistan abgeschlossen hatten, gab mir mein Vater ein vierseitiges Szenario. Das habe ich mit meinen Notizen, die ich während meinem Aufenthalt in den kurdischen Dörfern gemacht hatte, verbunden und so entstand das Drehbuch für den Film. Eigentlich entstand das Drehbuch also erst, nachdem wir die Bilder gedreht hatten.”
Ist “Texte Siyax” Ihr erster Film?
Nein, meinen ersten Film habe ich vor zweieinhalb Jahren gedreht. 1998 hatte ich mich zum ersten Mal an diesen Filmfestspielen beteiligt. Damals war ich 17,5 Jahre alt. “Texte Siyax” ist mein zweiter Film.”
Wissen Sie, dass Sie die jüngste Regisseurin und Schauspielerin dieses Festivals sind?
Natürlich, ich habe es im Fernsehen gesehen.
Welche Botschaft wollten Sie in Ihrem Film vermitteln?
Das überlasse ich dem Film, die Zuschauer werden die Botschaft erfassen. Ich möchte nicht dass mein Film bereits interpretiert wird, bevor er überhaupt gezeigt wurde. Im “Texte Siyax” sprechen auch die Berge. Die Natur ist gut zu hören und die Landschaft Kurdistans wird den Zuschauern alles erzählen. Ich glaube, dass wir gemeinsam mit den kurdischen Dörfern eine wichtige Botschaft übermittelt haben. Die Natur ist wie ein Gedicht ....
Seit wann interessieren Sie sich für Film?
Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist mein Vater Mohsen Makmalbaf im Iran ein sehr bekannter Produzent. Daher bin ich - ob ich es wollte oder nicht - in der Filmwelt aufgewachsen. Der Film wurde ein Teil meines Lebens, dank meines Vaters.”
Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie sich Zeit für das Gespräch genommen haben.
Ich bedanke mich. Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Zum ersten Mal hat ein kurdischer Journalist mit mir in Cannes ein Interview gemacht, das ist ein Ereignis das ich nicht vergessen werden.
Möchten Sie unserer kurdischen Leserschaft vielleicht noch etwas mitteilen?
Ich wünsche mir, dass dieser Film besonders von Kurdinnen und Kurden gesehen wird. Ich glaube, dass wir in diesem Film wichtige Botschaften vermitteln konnten. Genauso wie ein Gedicht. Ich fühle mich als ein Teil des kurdischen Volkes und habe versucht, die Sprache der Berge Kurdistans, die glücklichen Gesichter der kurdischen Dorfbewohner wiederzugeben. Das kurdische Volk wird diesem Film die beste Bedeutung geben.