Eine kurze Chronologie zu Saalfeld

Keine Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstandes - Fight back! Das Demonstrationsverbot in Saalfeld und die Massenfestnahmen in ganz Thüringen am Wochenende des 10./11. und 12. Oktober lassen eine neue Qualität der Repression gegen antifaschistischen Widerstand erkennen! Trotz der Vorbereitung der Demonstration durch ein breites Bündnis mit Partei- und Gewerkschaftsmitgliedern und der Anmeldung durch den Vize-Landesvorstand der HBV-Thürigen Angelo Lucifero wurde die Demo nach erfolglosen Klagen am Freitag den 10.10. endgültig verwaltungsgerichtlich verboten. Die Verbotsverfügung reichte vom "links = rechts = gewaltbereite Extremisten-Schema" bis zu haar-sträubenden Begründungen. Demnach hätten sich in einem Saalfelder Army-Shop Linke wie Rechte mit paramilitärischer Ausrüstung versorgt. Dem Verbot vorangegangen war eine beispiellose Hetze gegen AntifaschistInnen in der Saalfelder und Thüringer Presse. Nach Bekanntwerden des Verbotes wurden mehrere Protestdemonstrationen in thüringischen Städten angemeldet; z.B. Erfurt, Jena, Gera und als Ausweichmöglichkeit in Leipzig. Dies war auch der Kenntnisstand bei der Entscheidung der Berliner und Nürnberger Busse, vom Rasthof Osterfelde aus weiter nach Thüringen zu fahren, um die Weiterfahrt zu einer angemeldeten Demonstration durchzusetzen. Trotz des schließlich landesweit verkündeten Demonstrationsverbotes in Thüringen fanden mehrere antifaschistische Aktionen statt:

in Erfurt demonstrierten gegen i6 Uhr ca. 200 AntifaschistInnen gegen das Verbot von Saalfeld und gegen Staatsterrorismus, in Jena und Dessau waren es jeweils ca. 200 DemoteilnehmerInnen! In Leipzig demonstrierten am 11.10. ca. 200 AntifaschistInnen zwischen 16 und 19 Uhr gegen das Verbot und die Massenfestnahmen! In Halle griffen ca. 30 militante AntifaschistInnen bereits am Freitag abend ein Treffen von Neonazis in einem Gasthaus an!

Außer der Tatsache, daß mehrere Tausend AntifaschistInnen im Zusammenhang mit der verbotenen Demonstration mobilisiert waren, hat sich gezeigt: sobald eine antifaschistische Initiative größere gesellschaftliche Relevanz erreicht und somit politisch eingreift, tritt der Polizeistaat auf den Plan: in Saalfeld wurden bereits am Freitag Abend 17 AntifaschistInnen bei der Anreise festgenommen.

Am Samstag morgen wurde ein von Antifas bewohntes Haus von SEKs gestürmt und 14 Menschen mit an den Kopf gehaltener Knarre festgenommen. Bei einer Flugblattverteilaktion von DGB und PDS wurden 55 Menschen in Polizeigewahrsam genommen. Auf dem Umsteigebahnhof Gera wurden 67 Antifas festgenommen und last but not least mehr als 200 Antifas v.a. aus Berlin und Nürnberg mehrere Stunden in einer Bullensperre auf der A9 festgesetzt und unter dem Tatvorwurf der Nötigung verhaftet. Die Umstände in der Gefangenensammelstelle Unterwellenborn bei Saalfeld waren katastrophal. Es fehlten Matratzen, Decken, Toiletten, Nahrungsmittel, die Heizung in dem baupolizeilich gesperrten und seit Jahren stillgelegten Gefängnis war außer Betrieb. Telefonieren, das Verständigen von Anwälten, Angehörigen wurde selbst Minderjährigen verweigert. (s. dazu die "Chronologie") Insgesamt waren in Thüringen 7000 Polizisten im Einsatz, um das Verbot antifaschistischer Demonstrationen durchzusetzen. Dies stellt den größten Polizeieinsatz seit 1989 in den neuen Bundesländern dar.

Auszüge aus einigen Gedächtnisprotokollen:

Anne V.: Während ich noch alleine in der Zelle war, betraten mehrere Beamte den Raum und begutachteten diesen. Sie forderten mich auf, aufzuräumen, was ich verweigert habe. Darauf folgten eine Menge beleidigende Sprüche über "linke dreckschlampen, kann man ja nichts anderes erwarten, alle unter die Dusche stecken, müßten mal nen richtigen Mann kriegen, hier stinkts wie im Saustall - so müßte man die eh behandeln...

Anette S: Um ca. 18.30 fuhr der Transporter zurück zum Knast und hielt davor an. Insgesamt standen wir dort eineinhalb Stunden, ohne zu wissen, warum. Die Belüftung wurde ausgeschaltet und unsere Forderung nach Wiedereinschalten beantwortet mit "dann atmet halt weniger". Namen wurden im Gang des Transporters im Appellstil aufgerufen, melden mußten wir uns durch Klopfen an die Tür.

Michael K: Als ich auf dem Weg zur Toilette die Zelle gerade verlassen hatte, bat ich die Wachbeamten, sie mögen den Leuten endlich etwas zu Essen und zu Trinken geben, da auch einige schon Kreislaufprobleme hätten. Darauf rief mir ein Beamter mit Brille, Schnauzbart und blonden kurzen Haaren zu: "Du bist hier nicht, um Dir den Wanst vollzuschlagen. Hättest Du doch Deinen fetten Arsch zuhause gelassen, du dreckiger Bimbo." Ich forderte den Mann auf seinen Namen oder seine Dienstnummer zu geben, weil er mich beleidigt hätte. Zwei Polizisten schubsten mich an die Wand und dann in Richtung Toilette und riefen mir zu: "Wieso willst Du die Namen, unser Name ist Polizei.

Um gegen den Polizeiterror gemeinsam vorgehen zu können, benötigen wir noch Eure Gedächtnisprotokolle. Am Besten Ihr schickt diese uns oder dem EA Berlin die nächsten Tage zu!

Kontakt; AAB * Engeldamm 68 * 10179 Berlin / EA Berlin * Gneisenaustraße 2a * 10961 Berlin

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