Her mit dem ganzen Reichtum - Sekt für Alle

oder etwas differenzierter ausgedrückt

Die wirtschaft muß der gesamten Gesellschaft ein lebenswertes Leben ermöglichen und nicht die Gesellschaft der Wirtschaft einen rentablen Profit

Auf eine Gelegenheit, dies und anderes den Reichen in diesem Land direkt ins Gesicht sagen zu können, .. haben wir lange gewartet. Am Mittwoch, den 27. August, um 11.00 Uhr, scheint sich nun die Gelegenheit mitten in Berlin zu bieten. Zur Grundsteinlegung der neuen, gemeinsamen Lobbyzentrale der drei deutschen Wirtschaftsverbände BDI, BDA und DIHT an der Ecke Breite Straße zur (verlängerten) Leipziger Straße werden nahezu alle erwartet, die in der Wirtschaft Rang und Namen haben. Aus der "politische Klasse" werden Helmut Kohl und Eberhard Diepgen mit dabei sein. Dort wollen sie große Reden schwingen, ihren eigenen Wohlstand und Erfolge der letzten Jahre abfeiern und weitere Einsparungen bei den Sozialleistungen und Lohnverzicht von den abhängig Beschäftigten fordern. Die in den letzten Jahren von ihnen durchgezogene Politik der Umverteilung von unten nach oben soll weiter fortgesetzt werden.

Wer sind BDI, DDA, DIHT?

Der BDI, Bundesverband der Industrie e.V., ist die bundesweite Dachorganisation von 35 Wirtschafts-verbänden wie der Verband der Automobilindustrie e.V. oder der Verband der Chemischen Industrie e.V., die ca. 80.000 Betriebe repräsentiert. Präsident ist seit Januar 1995 der aus dem Stall von IBM Deutschland kommende Hans-Olaf Henkel. 1989 setzte er als erster im IBM-Werk Böblingen die Sonntagsarbeit durch. Auch sonst versuchte er bei IBM, eine Flexibilisierung und Verlängerung der Arbeitszeit sowie eine "leistungsorientierte Bezahlung" durchzusetzen. Zu den Sozialleistungen in Deutschland äußerte er sich "kritisch" (laut Munzinger-Archiv).

Der BDA, der Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände, sieht sich als "Arbeitsgemeinschaft der sozialpolitischen Organisationen der Arbeitgeber zur Wahrung ihrer gemeinschaftlichen sozialpoliti-schen Belange". Präsident ist seit März 1996 der Besitzer eines Autoindustriezulieferbetriebs Dieter Hundt Wiederholt hat er sich gegen "Wildwuchs bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall" geäußert, gilt aber für das Munzinger-Archiv immer noch als einer der "Gemäßigten im Arbeitgeberlager". "Eine Stunde mehr Arbeit pro Tag" findet er ohne weiteres zumutbar und auch für Azubis sollte "die Arbeitszeit verlängert und die Vergütung gekürzt werden" (FAZ vom 27.7.96).

Der DIHT, der Deutsche Industrie und Handelstag, sieht sich als "Spitzenorganisation der regionalen Industrie- und Handelskammern zur Vertretung der Gesamtinteressen der gewerblichen Wirtschaft gegenüber allen Bundesinstanzen und zur Förderung der Zusammenarbeit der Kammern". Vorsitzender ist der Moatorsägenfabrikant Hans-Peter Stihl, der wiederholt die hohen Lohnkosten geißelte und selbst von burgerlichen Kreisen als "scharfzüngiger und konsequenter Lobbyist der Industrie" bezeichnet wird.

Zwischen den drei Organisationen gibt es ab und zu auch Auseinandersetzungen über das taktische Vorgehen. Diese brachen zum Beispiel auf, als die Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall selbst in den großen Kernbetrieben der Industrie von den ArbeiterInnen mit unkontrollierten Streiks beantwortet wurde. Dabei geht es vor allem darum, bis zu welchem Grad die Einbindung und Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften aufgekündigt werden kann und sollte.

An diesem Tag werden sich die widersprüchlichen Interessen dieser Gesellschaft endlich einmal direkt gegenüber stehen können. Alle, die schon immer mal wissen wollten, wer die Millionäre sind, die sich ihren privaten Reichtum mit öffentlicher Armut und einer Verarmung der Lohnabhängigen bezahlen lassen, sind herzlich eingeladen, sich die "Herrschaften" mal aus der Nähe anzuschauen. Die vielen TellerwäscherInnen könnten direkt auf die wenigen Millionäre treffen.

Konkret werden sich die Antworten finden auf die Fragen:

Wir aber werden ihnen die Gegenrechnung für die Umverteilung der letzten Jahre aufmachen, und hoffentlich laut genug, daß sie es nicht überhören können, entgegenhalten:

Für eine an alle ohne Gegenleistung auszuzahlende Grundsicherung von mindestens 1.500.-DM plus Miete. Sie muß mindestens ein Drittel des höchsten Einkommens betragen." Für eine Steuerrevolution! 5.000.-DM Einkommen pro Monat mehr als genug! Sofortige Enteignung des ganzen, aus niedrigen Beweggründen (d.h. nicht zur gewöhnlichen Bedarfsdeckung) angehäuften Reichtums und Umverteilung an Flüchtlinge, Arbeitslose, SozialhilfeempfängerInnen und das ganze "untere Drittel"

Wir laden euch alle ein, gemeinsam mit uns euren Protest und Widerstand gegen diese Versammlung auszudrücken. Der Vorschlag für einen Treffpunkt ist ab 10.30 Uhr vor dem gegenüberliegenden "Ahomblatt", einen leerstehenden ehemaligen Jugendclub (U-Bahnhof "Märkisches Museum"). Wie wäre es, wenn die Reichen als erste kleine Spende die sofortige Instandsetzung des "Ahomblattes" bezahlen würden? FelS 8; B 259 werden in Form einer kleinen Kundgebung vor dem "Ahornblatt" Elemente aus ihrer Bonzenparade von den Innenstadttagen wiederholen.

Menschen aus, in, bei und am Rande von autonomen Zusammenhängen Berlin, Mitte August 1997

'Umgedreht haben die Herrschenden kein Problem damit, in einen neuen Gesetz, einen Mindestabstand der Sozialhilfe zum niedrigsten Einkommen festschreiben zu wollen, das sogenannte "Lohnabstandsgebot".

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