Zum Antifa-Aufruf der Autonomen Antifa(M)und Antifa HaQu in der Interim 328

Unsere Kritik richtet sich nicht speziell gegen diese Demo, sondern gegen eine Herangehensweise, wie sie seit Jahren zum tragen kommt und an der wir einige solidarische Kritik haben

NIE WIEDER HESS-LICHE ZEITEN!

NAZISTRUKTUREN ZERSCHLAGEN DIE FASCHISTEN AN IHREN WOHNORTEN UND ARBEITSPLÄTZEN ANGREIFEN VENCERKMOS!

Die Kampagne "gegen die faschistischen Zentren vorgehen" läuft seit Ende 1992. Dabei richteten sich die Demos gegen bekannte faschistische Zentren. Große Bündnisdemonstrationen, wie in Adelebsen 93 oder in Northeim 94 kamen zustande. Dabei konnte durch gute Medienpolitik einiges an Information über Zeitung und Fernsehen in bürgerliche Kreise getragen werden.

Das Ende dieser Zentren aber bedeutete dies nicht. Das wird unserer Meinung nach auch erst über einen breiten und vor allem sehr kontinuierlichen Widerstand erreicht. Und genau da setzt auch unsere hauptsächliche Kritik an. Uns kommt es im Nachhinein so vor, als wären die Demos der AA/BO und auch anderer Antifa-Gruppen vor allem zum Zwecke der Medieninszenierung gemacht worden, gingen aber nicht darüber hinaus. Die Zentren zumindest wurden nur an einem Tag mit angereisten DemoteilnehmerInncn bekämpft und das glauben wir ist einfach zu wenig.

Viele andere Schritte fehlen hierbei und sind soweit wir wissen auch nicht in die Praxis umgesetzt worden (sollte dies nicht zutreffen so schreibt das bitte in eine der nächsten Interims!). Der oft deklarierte Anspruch der Autonomen Antifa(M), die Basisarbeit der regionalen Gruppen durch Initiativen zu stärken ist nicht aufgegangen.

Was aber bleibt dann, außer an einem Tag in den Medien zu stehen? Manchmal ist es besser eine Art der Kampagne wie sie seit Jahren zum Tragen gekommen ist nach ihrem Gebrauchswert zu untersuchen und gegebcnfalls zu ändern. Beispiele kontinuierlichen Widerstands gibt es ja, wie z.B. die GenossInnen, die seit Jahren mit den unterschiedlichsten Initiativen (Sonntagspaziergänge, Anschläge, bundesweite Demos, Broschüren, Medienarbeit, Unterstützung der lokalen Antifagruppen ...) gegen Hetendorf 13 vorgehen.

Einen solchen Ansatz finden wir vielversprechender. Das andere, was uns an dem jetzigen Aufruf aufgefallen ist: Die starke Beleuchtung des Nazi-Kaders Steffen Hupka. Und genau das finden wir aus mehrern Gründen falsch. 1. wertet dies Hupka ungewollt in Kreisen der Fascho-Szene auf 2. finden wir es etwas verfehlt, wenn zweitausend autonome Antifas in Quedlinburg gegen vordergründig eine Person demonstrieren. Das gleiche war 94 gegen Thorsten Heise in Northeim und wir empfanden es als politischen Fehler. Was ist der Zweck einer solchen Beleuchtung? Zum einen wahrscheinlich die Aufklärung der Bevölkerung über diese Person.

Das wäre aber genauso möglich in Form einer Flugi-Aktion in die Haushalte (z.B. 10000 Stk. im Umkreis, wo er wohnt, um ihn zu isolieren). Wir wollen hier gar nicht die eine Aktionsform gegen die andere stellen. Nur steht der Aufwand der einen Aktion(Demo) in keinem Verhältnis zur anderen. Das Ergebnis dürfte bei beiden in etwa das Gleiche sein.

Um nun zum praktischen Effekt zu kommen. Wie schon anfangs erwähnt waren die Konzepte der Demos auf die Öffentlichkeit beschränkt. Es hatte in keinem Fall Konsequenzen für die Nazikader. Demnach war der Negativeffekt für sie nicht gegeben eher das Gegenteil.

Wir glauben, daß mensch mit weitaus weniger Kräften den gleichen Effekt haben könnte und darüber hinaus noch etwas direktere Aktionen laufen könnten. Es ist was anderes, wenn Hupka in der Presse steht, weil sein Auto abgefackelt worden ist, als wenn es in Form einer martialischen Demo passiert ohne größere Folgen.

Es ist unserer Meinung nach sinnvoller, daß, anstatt an einem Ort mit zweitausend Leuten was zu machen, an ganz vielen mit unterschiedlichsten Aktionen! Es spricht auch im Prinzip nichts gegen ne große Demo, in der Vergangenheit war es aber unseres Eindrucks nach zu stark darauf fixiert.

Wir wollen eine Erweiterung der Antifapolitik, wie sie bisher gelaufen ist. Dabei ist unserer Meinung nach der Aufbau von Antifagruppen auf lokaler Ebene ein sehr wichtiger Schritt.

Wir glauben, daß die bundesweite Organisation ein viel zu hoher Anspruch ist, der heute leider noch nicht eingelöst werden kann. Es ist anzustreben, in einer Stadt eine fähige Antifa aufzubauen, wie es nach Erzählungen die Antifa-Bonn-Rhein-Sieg geschafft haben soll (zumindest für die Jahre 92-95). Verschiedene Gruppen aus den Stadtteilen, aus der Jugend könnten sich zu einer Antifa zusammenschließen, die sich monatlich trifft.

Für die Rudolf-Hess-Gedenkmärsche schlagen wir vor unauffällig, aber effektiv zu arbeiten und das auf lokaler Ebene. Hauswurfsendungen in Tausenderauflage im Umkreis bekannter und unbekannter Nazigrößen, Plakatieren, Kundgebungen vor Wohnungen, militante Aktionen ...

Wie wir z.B. vor kurzem gehört haben wurde die Wohnung des Bundesvorsitzenden der JN Udo Voigt in Moosburg, Bayern zweimal mit Steinen attackiert. Auch einen Fascholaden in Landshut erlitt zweimal Glasbruch. Bei einer Demo zum 8.Mai in Landshut hat es den Laden schonmal erwischt.

Auch begrüßen wir die Ansätze der Antifaschistischen Aktion München und dem Antifaschistischen Aktionbündnis Nürnberg, die Infotische genau dort durchführen, wo hohe Faschokonzentration ist und schon lange vor den Hess-lichen Tagen begonnen haben und danach auch weiter machen. In München z.B. mit einer ganzen Palette phantasievoller Aktionen, wie Live-Graffity mit DJ's oder öffentlichem Überpinseln von Nazischmierereien. Am 17.8. gibt es dann ne Demo zur NPD-Zentralc vor die Holzstraße, wo eine Fahne der JN, wie auch auf der Demo in Quedlinburg, hier aber mit unmittelbaren Bezug, verbrannt wird.

Für die Zukunft wünschen wir uns gut überlegte lokale Kämpfe und mehr praktische Dinger, die zwar leise, aber oft weitaus effektiver sind. Zuviel Symbolik alleine macht auf Dauer keinen Sinn.

AUTONOME ANTIFAS, 29.7.97

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